Fabio Quartararo: «Ein Champion darf egoistisch sein»
Fabio Quartararo vor MotoGP-Champion Marc Márquez und seinem zukünftigen Teamkollegen Maverick Viñales
Mit sechs Pole-Positons, sieben Podestplätzen und WM-Rang 5 avancierte Fabio Quartararo 2019 zum Shootingstar der Königsklasse. Dabei sorgte Petronas Yamaha im Sommer 2018 noch für Stirnrunzeln, als der junge Franzose den zweiten Platz neben Franco Morbidelli erhielt.
Als zweifacher CEV-Sieger wurde Quartararo zwar früh als «der neue Márquez» gehandelt, als er 2015 in die WM kam, schien er aber am Druck zu zerbrechen. Erst 2018 fand «El Diablo» bei Speed Up den Weg zurück auf die Erfolgsspur: Er sicherte sich in Barcelona die Pole-Position und seinen ersten GP-Sieg, darauf folgte Rang 2 in Assen – hinter dem späteren Moto2-Weltmeister Francesco Bagnaia. Ein zweiter Sieg in Motegi wurde ihm wieder aberkannt, weil sein Hinterreifen nach dem Rennen nicht 1,5 bar Luftdruck hatte, sondern 0,05 bar zu wenig.
In seinem herausragenden Rookie-Jahr in der Königsklasse blieb Quartararo nur ein Sieg verwehrt, in Misano und Buriram forderte er Weltmeister Marc Márquez aber bis auf die letzten Meter – und nicht nur Yamaha traut dem nun 21-Jährigen ganz offenbar zu, den Repsol-Honda-Star zukünftig im Kampf um den WM-Titel herauszufordern.
Fabio, was ist schwieriger: Mit dem Druck umzugehen, wenn man die Ergebnisse nicht bringt, wie es dir in der Moto3 und Moto2 passiert ist? Oder doch dem Druck standzuhalten, plötzlich einer der Hauptdarsteller zu sein, wie es bei dir im Vorjahr der Fall war?
Beides ist nervig, aber einmal ist es Druck auf eine positive Art und der andere Druck ist schlecht. Eins ist, «Ich muss ein Ergebnis bringen»; das andere ist, «Okay, ich bin vorne, ich bin gut dabei, aber ich muss mich jetzt beruhigen.» Ich muss aber auch sagen, dass wir bisher diesen Druck nicht hatten. Viele Leute fragen mich das, aber nichts hat sich wirklich verändert: Ich versuche einfach weiterhin, mein Bestes zu geben und auf diesem Weg weiterzugehen.
Hast du Angst davor, zu berühmt zu werden?
Nein.
Aber du bist eine bekannte und beliebte Persönlichkeit…
Wir werden sehen, aber wenn das passiert, dann bedeutet es, dass wir etwas sehr gut machen, also ist es okay.
Wie ist dein Verhältnis zu deinem Landsmann Johann Zarco?
Er ist kein Freund, den ich auch abseits der Rennen treffe, aber wenn wir uns an der Rennstrecke sehen, dann reden wir ein bisschen, nichts Besonderes, aber auch nichts Schlechtes. «Hallo, wie geht’s dir» und solche Dinge.
Hat er dir zu deiner ausgezeichneten Saison gratuliert?
Ja, wir haben sehr viel Respekt voreinander.
Im Vorjahr bist du fast schon zufällig in die MotoGP gekommen, ein Motorrad war frei und du warst der Glückliche. Jetzt ist deine Position eine andere. Du hast einen Vertrag mit dem Yamaha-Werksteam für die kommenden zwei Jahre in der Tasche. Wonach hast du gefragt? Ich kann mir vorstellen, dass du nach deiner brillanten Rookie-Saison reihenweise Angebote hattest. Was forderst du jetzt, wenn du in der Position dafür bist?
Das bestmögliche Motorrad.
Exklusiv? Also ich meine, das bestmögliche Bike nur für dich?
Falls möglich, dann ja… Aber ich werde das nicht einfordern, weil wir noch nicht das Level von Marc erreicht haben. Wie auch immer, ich glaube, dass die vier Yamaha-Fahrer alle dasselbe wollen für den Moment: Mehr Top-Speed. Für mich ist es das: Ein Motorrad, das sehr gut funktioniert und über genug Top-Speed verfügt.
Darf ein Champion egoistisch sein? Anders gesagt, darf er nur an sich selbst denken und «sein eigenes» Motorrad wollen?
Ich glaube, dann hat man das Recht dazu. Wenn er der ist, der gewinnt, und nicht will, dass etwas verändert wird… Im Fall von Marc, wenn jeder fordert, dass die Honda verändert wird, und er meint «Nein, ich mag das Motorrad so», dann glaube ich auch nicht, dass Honda etwas ändern wird.