Aki Ajo (KTM) zur MotoGP-WM: «Bin für alles offen»
Als der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer am 31. Juli 2014 im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com für 2017 den Einstieg des österreichischen Herstellers in die MotoGP-WM verkündete, war noch ein Semi-Werksteam geplant wie mit Aki Ajo in der Moto3-WM. Aber je länger sich das KTM-Management danach unter den Privatteams nach einem Partner für die Saison 2017 umsah, desto klarer wurde: KTM ist gut beraten, ein eigenes Werksteam zu gründen.
Denn LCR war zu dicht mit Honda verknüpft, Tech3 war zu eng an Yamaha gebunden, Gresini war langfristig mit Aprilia Racing liiert, Pramac mit Ducati, und die anderen privaten MotoGP-Teams wie Jorge Martinez, Forward, Avintia und Marc VDS standen finanziell auf wackligen Beinen oder waren für ein Werk einfach nicht seriös genug.
Dazu kam: KTM galt damals als Offroad-Spezialist, kein Top-Team traute den Österreichern kurzfristig die Herstellung eines konkurrenzfähigen MotoGP-Bikes zu.
Nach einigen Monaten stellte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer im Herbst 2014 nach Rücksprache mit Stefan Pierer klar: «KTM war in allen Motorrad-Disziplinen wie bei der Dakar-Rallye und der US-Supercross-Meisterschaft erfolgreich, sobald wir mit unserem eigenen Konzept und unserer eigenen Werksmannschaft eingestiegen sind und alle Fäden selbst in der Hand gehalten haben.»
Deshalb wurde Dani Pedrosas langjähriger Crew-Chief Mike Leitner bereits Ende 2014 von Repsol-Honda weggelockt und mit der Mitwirklung bei der Zusammenstellung eines Testteams für 2015 und 2016 und eines Factory-Teams für 2017 beauftragt.
Als erfolgreicher Red Bull-KTM-Moto3-Teambesitzer machte sich Aki Ajo damals Hoffnungen, dank seiner Expertise Teil dieses neuen MotoGP-Rennstalls zu werden.
Aber KTM plante für 2017 nebenbei den Moto2-Einstieg mit Ajo und wollte dem Finnen keine dritte Rennserie zumuten.
Deshalb treten Teams wie Gresini, Martinez oder Tech3 mittlerweile in drei oder gar vier Serien an, wenn man die MotoE dazurechnet, aber Ajo schaffte den Sprung in die «premier class» trotz der ausgezeichneten Erfolgsbilanz nie. Etliche schwächere Teams wie Forward, AB Motoracing oder Avintia schafften irgendwann den Aufstieg in die Königsklasse, Ajo nicht.
Doch Aki Ajo, Weltmeister mit Mike di Meglio, Marc Márquez, Sandro Cortese und Brad Binder, hadert nicht mit seinem Schicksal. Denn sein Rennstall hat 96 GP-Siege errungen und mehr als 50 Prozent der 110 KTM-Siege eingefahren, dazu hat er total 196 Podestplätze vorzuweisen.
Dem Red Bull-KTM-Ajo-Team gelangen auch in der Coronasaison 2020 mit Raúl Fernandez (Moto3/zwei Siege), Tetsuta Nagashima (Moto2/ein Sieg) und Jorge Martin (Moto2/zwei Siege) fünf GP-Erfolge, dazu acht weitere Podestplätze. Und mit dem dreifachen Moto3-GP-Sieger Jaume Masia (20) und dem 16-jährigen Supertalent Pedro Acosta (Red Bull-Rookies-Cup-Gesamtsieger 2020) hat der finnische Teambesitzer Aki Ajo für 2021 wieder eine schlagkräftige Moto3-Fahrerpaarung unter Vertrag. In der Moto2 wird er Portugal-Sieger Remy Gardner und Rookie Raúl Fernandez einsetzen.
«Sicher habe ich in der Vergangenheit oft an die MotoGP-WM gedacht», räumt Ajo im Interview mit SPEEDWEEK.com ein. «Anderseits bin ich glücklich mit der Arbeit, die uns mit den jungen Piloten in den zwei kleinen Klasse gelungen ist. Ich bin happy mit der Position, die wir uns innerhalb der KTM-Red-Bull-Struktur erarbeitet haben. Unsere Verantwortung ist es, Talente zu scouten und sie für höhere Aufgaben und Klassen aufzubauen. Sie machen dann nacheinander die Schritte von der Moto3 in die Moto2 und von dort hoffentlich in die MotoGP. Mit Miguel Oliveira und Brad Binder ist uns das bereits gelungen. Wichtig ist, dass wir die jungen Piloten auf diese Schritte gewissenhaft vorbereiten. Das ist für mich ein interessante Aufgabe und eine große Herausforderung, die mir eine Menge Spaß macht. Wir sind dankbar, dass uns unsere Partner KTM und Red Bull über eine so lange Zeit ermöglichen, mit diesen jungen Talenten zu arbeiten. Aber wenn unsere Partner irgendwann den Wunsch haben, unsere Position zu ändern und uns eine neue Aufgabe anbieten, bin ich immer für alles offen. Aber momentan bin ich froh, dass wir ein so vielversprechendes Nachwuchs-Projekt für die Moto3 und Moto2 betreuen.»
Vorläufig konzentriert sich das Unternehmen Ajo Motorsport mit rund 40 Mitarbeitern auf die zwei kleinen WM-Klassen. «Wir führen die Arbeit fort, die wir 2012 begonnen haben. Wir betreiben die Red Bull-KTM-Teams. Aber man weiß nie, was in Zukunft passiert.»
Doch für die fünf Jahre von 2022 bis 2026 sind alle MotoGP-Plätze- und Verträge für die zwölf Teams mit 24 Piloten vergeben. «Ja. Deshalb beschäftige ich mich momentan nicht mit der Königsklasse. Aber in diesem Paddock kann jederzeit ein unvorhergesehenes Ereignis passieren. Das geht manchmal sehr schnell. Und ich betone: Ich bin happy mit dem, was ich mache.»