MotoGP: Stefan Bradl fährt sein letztes Rennen

KTM: Eine Erfolgsgeschichte «Made in Mattighofen»

Von Günther Wiesinger
2003 bestritt KTM erstmals die 125-ccm-Weltmeisterschaft; 2004 gelang Casey Stoner der erste Sieg für KTM. 2020 schrieben sie mit ihrem 100. Jubiläumssieg sowie dem ersten Triumph in der Königsklasse erneut Geschichte.

«Es gehört mehr Orange ins MotoGP-Fahrerlager», bemerkte KTM-Firmenchef Stefan Pierer 2002 bei einem Besuch des Jerez-GP, als der einstige Offraod-Spezialist den Einstieg von KTM in die 125-ccm-Zweitakt-Straßen-Weltmeisterschaft 2003 plante und besiegelte. Am 6. April 2003 begann das Engagement von KTM in der «FIM Road Racing GP World Championship» mit den Piloten Arnaud Vincent und Roberto Locatelli; der Franzose wurde im August durch Mika Kallio ersetzt.

Für 2004 wurde Casey Stoner verpflichtet. Er hatte schon beim zweiten Rennen in Jerez am 2. Mai den Sieg vor Augen, stürzte aber im Regen trotz 10 sec Vorsprung kurz vor dem Ziel. Der Australier sorgte dann in Sepang am 10. Oktober 2004 für den ersten 125-ccm-GP-Sieg der Oberösterreicher, danach stieg er bei LCR in die 250-ccm-Klasse auf.

In der Zweitakt-Ära gelangen Red Bull KTM insgesamt 22 GP-Siege, aber der Hersteller aus Mattighofen machte in der Ära Harald Bartol auch regelmäßig mit gebrochenen Fahrerverträgen von sich reden. Fahrer wie Arnaud Vincent, Stefan Bradl, Michi Ranseder, Robin Lässer, Anthony West, Gabor Talmacsi und so weiter wurden frühzeitig entlassen.

Es herrschte zum Teil Konzeptlosigkeit, es existierte in Mattighofen keine hauseigene Rennabteilung. Für 2005 wollte KTM auch ein MotoGP-Werksteam bilden, die Pläne wurden aber wegen zu hoher Kosten im Juli 2004 ad acta gelegt.

Danach erhielt das Team Roberts die V4-990-ccm-Motoren für die Fahrer Jeremy McWilliams und Shane Byrne. Es fehlten jedoch die Sponsoren für 2005, allein für die Michelin-Reifen mussten 50.000 Euro pro Grand Prix bezahlt werden.

Es existierte kein Vertrag zwischen KTM und dem Team Roberts, und als der Amerikaner immer mehr Kosten auf die Österreicher abwälzte, kassierte KTM die Motoren am Donnerstag beim Brünn-GP wieder ein.

Nach der Wirtschaftskrise 2008 zog sich Red Bull KTM aus der 125er- und 250er-WM zurück. Bis dahin waren 38 Millionen Euro investiert, aber nur einmal die Marken-WM 125 ccm (im Jahr 2005) gewonnen worden.

Ein Tiefpunkt passierte 2005 beim Katar-GP, als Gabor Talmacsi die Stallorder zugunsten von Kallio missachtete, dort den Sieg holte – und Tom Lüthi und Honda den Weg zum Titelgewinn ebnete. Der Ungar lag mit der Teamführung wegen der Gage für 2006 im Clinch, ging dann weg – und gewann die WM beim Martinez-Team für Aprilia.

Auch andere Fahrer wurden erst nach dem Weggang von KTM Weltmeister: Stoner, Bradl, Simón, Aoyoma, Krummenacher und Marc Márquez.

Als die 125er-Klasse nach 2011 und die 250er nach 2009 durch Viertakter und durch die Kategorien Moto3 und Moto2 abgelöst wurden, zeigte KTM-Firmenchef Stefan Pierer zuerst wenig Begeisterung für eine GP-Rückkehr. «Durch die Viertakter steigen die Motorenkosten im Vergleich zu den Zweitaktern um den Faktor 4», stellte er fest. «Das wissen wir aus der Motocross-WM.»

Doch 2012 stieg KTM in die Moto3-WM ein und gewann mit Sandro Cortese auf Anhieb die Weltmeisterschaft. Maverick Viñales gewann die Moto3-WM 2013 auf KTM, Brad Binder 2016, dann Albert Arenas 2020.

Zwischendurch gab es von 2012 bis 2014 eine Phase mit 27 KTM-Siegen hintereinander.

Die Moto2-WM beschickte KTM von 2017 bis 2019 drei Jahre mit einem Werksteam. 2017 folgte auch der werkseitige Einstieg in die MotoGP-WM.

Eine einmalige Moto3-Siegesserie legte KTM von Motegi 2012 (Sieger Danny Kent) bis inklusive Mugello 2014 hin, als Romano Fenati auf KTM gewann: 27 Moto3-GP-Siege in Serie bis zum Catalunya 2014, als Alex Márquez auf Honda siegte.

In der Saison 2013 triumphierte KTM bei allen 17 Moto3-Grand-Prix.

Das Jahr 2020 markierte für die Truppe aus Mattighofen einen weiteren Meilenstein: Bereits zum Saisonauftakt in Katar feierten sie mit dem späteren Weltmeister Albert Arenas in der Moto3-Klasse ihren 100. GP-Sieg über alle Klassen.

In Brünn wurde Geschichte geschrieben, als MotoGP-Rookie Brad Binder am 9. August 2020 sensationell zum ersten Triumph der Österreicher in der Königsklasse fuhr. Gerade einmal dreieinhalb Jahre nach dem MotoGP-Einstieg ließ KTM also auch in dieser Klasse alle Konkurrenten hinter sich. 

Es folgten zwei weitere MotoGP-Siege durch Red Bull-KTM-Tech3-Pilot Miguel Oliviera in Spielberg und Portimão. Inzwischen hat der österreichische Hersteller somit klassenübergreifend 110 GP-Siege verbucht.

Alle Road Racing GP-Sieger von KTM
2004 125 ccm Stoner Casey, Sepang
2005 125 ccm Kallio Mika, Estoril
Talmacsi Gabor, Mugello
Talmacsi Gabor, Assen
Simón Julián, Donington
Kallio Mika, Sachsenring
Kallio Mika, Motegi
Talmacsi Gabor, Losail/Doha
Kallio Mika, Valencia
2006 125 ccm Kallio Mika, Shanghai
Kallio Mika, Assen
Kallio Mika, Motegi
250 ccm Aoyama Hiroshi, Istanbul
Aoyama Hiroshi, Motegi
2007 125 ccm Koyama Tomoyoshi, Catalunya
250 ccm Aoyama Hiroshi, Sachsenring
Kallio Mika, Motegi
Aoyama Hiroshi, Sepang
Kallio, Mika, Valencia
2008 125 ccm kein Sieg
250 ccm Kallio Mika, Jerez
Kallio Mika, Shanghai
Kallio Mika, Donington
2009 125 ccm kein Sieg
2012 Moto3 Cortese Sandro, Estoril
Cortese Sandro, Sachsenring
Cortese Sandro, Misano
Kent Danny, Motegi
Cortese Sandro, Sepang
Cortese Sandro, Phillip Island
Kent Danny, Valencia
2013 Moto3 Salom Luis, Doha
Rins Alex, Austin
Viñales Maverick, Jerez
Viñales Maverick, Le Mans
Salom Luis, Mugello
Salom Luis, Catalunya
Salom Luis, Assen
Rins Alex, Sachsenring
Rins Alex, Indianapolis
Salom Luis, Brünn
Salom Luis, Silverstone
Rins Alex, Misano
Rins Alex, Aragón
Salom Luis, Sepang
Rins Alex, Phillip Island
Márquez Alex, Motegi
Viñales Maverick, Valencia
2014 Moto3 Miller Jack, Doha
Miller Jack, Austin
Fenati Romano, Las Termas
Fenati Romano, Jerez
Miller Jack, Le Mans
Fenati Romano, Mugello
Miller Jack, Sachsenring
Fenati Romano, Aragón
Miller Jack, Phillip Island
Miller Jack, Valencia
2015 Moto3 Fenati Romano, Le Mans
Oliveira Miguel, Mugello
Oliveira Miguel, Assen
Oliveira Miguel, Aragón
Oliveira Miguel, Phillip Island
Oliveira Miguel, Sepang
Oliveira Miguel, Valencia
2016 Moto3 Fenati Romano, Austin
Binder Brad, Jerez
Binder Brad, Le Mans
Binder Brad, Mugello
Mir Joan, Spielberg
Binder Brad, Silverstone
Binder Brad, Misano
Binder Brad, Phillip Island
Binder Brad, Valencia
2017 Moto3 Migno Andrea, Mugello
Moto2 Oliveira Miguel, Phillip Island
Oliveira Miguel, Sepang
Oliveira Miguel, Valencia
2018 Moto3 Bezzecchi Marco, Las Termas
Philipp Öttl, Jerez
Arenas Albert, Le Mans
Bezzecchi Marco, Spielberg
Bezzecchi Marco, Motegi
Arenas Albert, Philipp Island
Öncü Can, Valencia
Moto2 Oliveira Miguel, Mugello
Binder Brad, Sachsenring
Oliveira Miguel, Brünn
Binder Brad, Aragón
Binder Brad, Phillip Island
Oliveira Miguel, Valencia
2019 Moto3 Masia Jaume, Las Termas
Canet Aron, Austin
Canet Aron, Brünn
Canet Aron, Aragón
Arenas Albert, Buriram
Moto2 Binder Brad, Spielberg
Binder Brad, Aragón
Binder Brad, Phillip Island
Binder Brad, Sepang
Binder Brad, Valencia
 2020  Moto3 Arenas Albert, Doha
Arenas Albert, Jerez 1
Arenas Albert, Spielberg 1
Vietti Celestino, Spielberg 2
Binder Darryn, Catalunya
Vietti Celestino, Le Mans
Fernández Raúl, Valencia 1
Ferández Raúl, Portimão
 MotoGP
Binder Brad, Brünn
Oliviera Miguel, Spielberg 2
Oliviera Miguel, Portimão

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