Valentino Rossi übernimmt für 2022 das Avintia-Team
Die Jahre, als sich in der MotoGP-WM nur 17 Stammfahrer versammelten und viele Teams um ihr Überleben bangten, gehören der Vergangenheit an. Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta hat damals mit seinen Beratern zuerst das Feld für 2012 mit den 1000-ccm-Claiming-Rule-Bikes aufgefüllt, das waren Eigenbau-Chassis (von Suter, FTR, PBM und so weiter) mit Superbike-Rennmotoren (von Honda, Kawasaki, BMW). Danach wurden die nicht siegfähigen Werke mit den Open-Class-Vorteilen ausgestattet, und nach den Einheitsreifen kam 2016 auch noch die anfangs umstrittene Einheits-Elektronik von Magneti Marelli.
Inzwischen sind wieder sechs Werke vertreten, und nach dem Rückzug von Marc VDS aus der MotoGP- und der Übernahme des Aspar-Teams durch Petronas-Yamaha traten in den letzten zwei Jahren elf Teams mit 22 Piloten an, daran wird sich auch 2021 nichts ändern. Erst 2022 bekommt Aprilia Racing zwei eigene Plätze, dann sind 24 Bikes vorgesehen – falls Fausto Gresini trotz seiner Krankheit Material, das nötige Budget (ca. 10 Millionen Euro) und Fahrer findet.
Aber die aktuellen Fünf-Jahres-Verträge laufen Ende 2021 aus, die neuen mit den Kundenteams wurden grossteils bereits unterzeichnet, nur bei der Zukunft des Esponsorama Avintia Ducati-Teams besteht für die Zeit nach 2021 noch eine winzige Unklarheit über die Besitzverhältnisse.
Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta, Dorna-Sportdirektor Carlos Ezpeleta, IRTA-CEO Mike Trimby und IRTA-Präsident Hervé Poncharal haben seit fast eineinhalb Jahren über die Einzelheiten der neuen Fünf-Jahres-Verträge für die Satellitenteams verhandelt.
Inzwischen ist es zu einer Einigung gekommen. «Wir haben uns wirklich bemüht, den MotoGP-Kundenteams einen sehr interessanten Vorschlag für die nächsten fünf Jahre anzubieten», zeigt sich Hervé Poncharal zufrieden. Auch die Teamvereinigung IRTA hat den Vertrag mit der Dorna wieder verlängert.
Auch die sechs in der MotoGP-WM beteiligten Werke haben für fünf weitere Jahre von 2022 bis 2026 zugesagt. KTM und Ducati haben die neue Übereinkunft bereits öffentlich gemacht; Yamaha, Honda, Suzuki und Aprilia werden im Februar folgen.
Jetzt müssen vier dieser MotoGP-Rennställe noch klären, mit welchen Fabrikaten sie nach 2021 in die Weltmeisterschaft gehen werden.
SPEDWEEK.com hat sich umgehört und liefert eine aktuelle Bestandsaufnahme. Fakt ist: Wenn es nach den Werken geht, müssen die Privatteams ihre Verträge mit den Motorradherstellern bis zum Saisonstart im März unter Dach und Fach bringen, denn das Material, die Logistik und das Personal für ein Kundenteam muss langfristig aufgebaut werden, wenn bereits im November 2021 erste Tests stattfinden sollen.
Die Dorna hat den Satellitenteams eine Frist bis Juni gesetzt. Dann müssen die neuen Verträge mit den Werken präsentiert werden.
Valentino Rossi hat bis Ende März Zeit, um für die nächsten fünf Jahre die Rechte am Esponsorama-Avintia-Team zu übernehmen und einen entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen. Offenbar sind bereits die meisten Fragen geklärt. Die endgültige Einigung sei nur noch eine Formsache, ist zu hören. Die Wahrscheinlichkeit, dass Rossi MotoGP-Teambesitzer wird, beziffern die Verantwortlichen inzwischen mit 99,99 Prozent.
Rossi würde damit als Teambesitzer in der Königsklasse in die Fußstapfen anderen prominenter Ex-Weltmeister treten wie Agostini, Roberts, Rainey, Pons, Gresini und Martinez.
Hier liefert SPEEDWEEK.com einen Überblick über die Situation bei den sechs Kundenteams. Nur bei LCR-Honda und Tech3-KTM steht der Motorradpartner für 2022 bereits fest.
Petronas Yamaha SRT
Teamprinzipal Razlan Razali hat für 2019 die beiden MotoGP-Plätze von Jorge «Aspar» Martinez übernommen und einen Drei-Jahres-Vertrag mit Yamaha unterzeichnet, bis zum Saisonende 2021. Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis versichert, man werde im Frühjahr 2021 über eine Vertragsverlängerung sprechen. Razali macht aber kein Geheimnis daraus, dass er sich auf dem Markt umhören und auch mit Suzuki sprechen wird.
LCR Honda
Lucio Cecchinello betreibt seinen Honda-MotoGP-Rennstall seit 2006. Seit damals existierten auch andere Honda-Kundenteams wie Gresini, Aspar, AB Motoracing und Marc VDS, LCR ist als einziges übrig geblieben.
Cecchinello mag sich kein anderes Fabrikat mehr vorstellen, denn er arbeitet extrem eng mit HRC zusammen. Beide Fahrer (er fährt 2021 mit Alex Márquez und Takaaki Nakagami) sind bei HRC unter Vertrag und werden von den Japanern bezahlt. «Ich habe vor der Unterzeichnung des jüngsten HRC-Vertrags Anfragen von KTM und Suzuki gehabt. Aber ich habe mich für Honda entschieden und werde bei Honda bleiben, solange ich dort als Partner erwünscht bin», hält LCR-Teambesitzer Lucio Cecchinello regelmäßig fest. Er hat mit Cal Crutchlow erstmals in der MotoGP-WM gewonnen, insgesamt dreimal. Der Italiener hat seinen Honda-Deal bis Ende 2022 verlängert und will auch danach mit den Japanern weitrermachen. Er tritt 2021 mit Alex Márquez und Taka Nakagami an.
Pramac Ducati
Das Team von Paolo Campinoti bestreitet die MotoGP-WM seit 2004 mit Ducati, es hat bisher keinen Sieg gefeiert. Die Zusammenarbeit mit Borgo Panigale wurde in den letzten Jahren immer enger, auch wenn Campinoti immer wieder einmal mit Suzuki liebäugelte. In der vergangenen Saison fuhren erstmals beide Fahrer (Miller, Bagnaia) auf Ducati GP20, bis dahin war immer ein Pramac-Fahrer mit einem Vorjahresmodell unterwegs. Pramac gilt als Ausbildungszentrum für das Werksteam. Iannone, Petrucci, Miller und Bagnaia wurden in den letzten Jahren ins Ducati Team befördert. Aber Campinoti will auch mit Suzuki verhandeln.
Gresini Racing
Der zweifache 125-ccm-Weltmeister Fausto Gresini, seit 30. Dezember durch eine schwere Covid-19-Infektion außer Gefecht, nimmt an der «premier class» als Teamchef seit 1997 teil. Bis Ende 2014 auf Honda, dann sieben Jahre Aprilia Racing, dieser Deal läuft nach der Saison 2021 aus. Dann bekommt Aprilia Racing zwei eigene MotoGP-Plätze. Gresini muss sich nach einem neuen Fabrikat umsehen. Er zählt zu den Favoriten für das Suzuki-Kundenteam, auch Ducati wäre eine Möglichkeit.
Ein Weitermachen mit Aprilia hat Gresini im Dezember ausgeschlossen, weil die Bikes nicht konkurrenzfähig sind und das Geld dort nicht einmal richtig für das Werksteam reicht. Honda will bisher kein zweites Kundenteam, obwohl Gresini in der Moto3 immer noch mit Honda verbündet ist. KTM denkt über ein zweites Kundenteam nach. Aber Gresini hat durch seine Erkankung jetzt mehr als einen Monat verloren, was seine Position bei der Suche nach einem Werk als Partner und Sponsoren nicht einfacher macht. Sein Geschäftsführer Carlo Merlini wartet auf die Genesung des Chefs.
Tech3 KTM
Teambesitzer Hervé Poncharal blickt auf eine gesicherte Zukunft. Er hat einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag mit der Dorna unterschrieben, und KTM-Firmenchef Stefan Pierer hat ihm mündlich einen Vertrag von 2022 bis 2026 angeboten. «So ein Fünf-Jahres-Deal wäre wunderbar für mich! Denn ich will mein Berufsleben mit KTM beenden», versicherte Poncharal im Interview mit SPEEDWEEK.com.
Esponsorama Ducati
Teambesitzer Raúl Romero kämpft seit dem Ausstieg von Avintia als Hauptsponsor ums finanzielle Überleben. Für 2021 kam es deshalb zu einem Joint-Venture mit dem Sky Racing Team VR46. Valentino Rossi transferierte seinen Bruder Luca Marini zu Esponsorama und bepflastert die Ducati GP19 mit seinen Sponsoren aus der Moto2.
Rossi sperrte nach der Saison 2020 sein Moto3-GP-Team zu, deshalb deutet alles darauf hin, dass er nach 2021 beide Plätze von Romero übernehmen wird. «Zu 99,99 Prozent wird das klappen», verraten verlässliche Quellen bei seinen Verhandlungspartnern Dorna und IRTA.
Der Moto3-Rennstall Leopard Racing hatte auch Interesse, galt der Dorna aber nicht als verlässlich genug.
Nach ausführlichen Recherchen von SPEEDWEEK.com bei allen Beteiligten zeichnet sich ab: Die Dorna hat Romero die beiden Plätze kostenlos übergeben, und wenn sie nicht mehr finanzierbar sind, fallen sie an die Dorna zurück. Es ist kein Geheimnis, dass Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta den populären Valentino Rossi nach dessen Rücktritt unbedingt im Paddock und in der MotoGP-WM halten will. Deshalb genießt der neunfache Weltmeister bei seinem Plan die volle Unterstützung des spanischen WM-Promoters.
Raúl Romero soll auf irgendeine Weise entschädigt werden. Er könnte zum Beispiel zwei Moto2-Teamplätze erhalten. Einen zweiten Moto3-Platz hat das Team für 2021 schon bekommen.
Die Frage des Fabrikats im künftigen VR46-MotoGP-Team hingegen ist noch offen: Yamaha, Suzuki oder Ducati kommen in Frage. Bis zum Weggang seines Kumpels Davide Brivio machte sich Rossi Hoffnungen auf Suzuki. Wie die Situation jetzt aussieht, lässt sich nicht abschätzen.
KTM schließt die Belieferung eines zweiten Kundenteams nicht aus, aber am liebsten erst 2023.
Yamaha-Rennchef Lin Jarvis betont gerne, für Yamaha sei vier die ideale Anzahl von MotoGP-Piloten. Ein drittes MotoGP-Team ist deshalb nicht geplant.
Heikel: Es könnte also zu einem Wettstreit von Rossi mit seinem künftigen Arbeitgeber Petronas um einen Vertrag als Yamaha-Kundenteam kommen.
So sehen die MotoGP-Teams 2021 aus
Repsol-Honda
Marc Márquez, Pol Espargaró
Ducati Team
Jack Miller, Pecco Bagnaia
Monster Energy Yamaha
Maverick Viñales, Fabio Quartararo
Suzuki Ecstar
Alex Rins, Joan Mir
Red Bull KTM Factory Racing
Brad Binder, Miguel Oliveira
Aprilia Racing Team Gresini
Aleix Espargaró, Bradley Smith? Lorenzo Savadori?
Pramac Racing
Jorge Martin, Johann Zarco
Esponsorama Avintia Racing
Luca Marini, Enea Bastianini
Petronas Yamaha SRT
Valentino Rossi, Franco Morbidelli
LCR Honda
Alex Márquez, Takaaki Nakagami
KTM Tech3
Danilo Petrucci, Iker Lecuona