Rennfahren ist nur ein Spiel: Morbidelli über Rossi
Valentino Rossi und Franco Morbidelli treffen 2021 als MotoGP-Teamkollegen aufeinander
Franco Morbidelli kennt Valentino Rossi schon sein halbes Leben lang. Mit seinem Mentor verbindet den 26-jährigen Italiener nicht nur die Trainingsgemeinschaft in der VR46 Riders Academy, sondern eine echte Freundschaft. Der neunfache Weltmeister war lange vor den ersten WM-Erfolgen vom Können des gebürtigen Römers überzeugt.
«Wir trainieren alle zusammen und ich glaube, im Training kannst du den Charakter und einige Seiten einer Denkweise oder des Verhaltens des jeweils anderen verstehen. Das meinen wir, wenn wir sagen, wir kennen uns gut – und das gilt nicht nur für Vale, sondern alle Jungs in der Academy. Wir trainieren zusammen, wir verbringen viel Zeit miteinander und wir sehen, wie wir uns in gewissen Situationen verhalten», erklärte Morbidelli. «Ich glaube aber auch, dass Racing mit echten Bikes – MotoGP, Moto2, Moto3 – ein bisschen anders ist. Es ist eine andere Welt, ein bisschen ernster. Jeder oder fast jeder von uns holt das Extra heraus. Manchmal ist es weniger, aber meist ist es im Rennen mehr. Ich glaube, dass Vale eine Vorstellung von mir hatte, weil er mich aus dem Training kannte. Dieses Bild von mir hat er auf die echte Racing-Welt übertragen. Deswegen hat er an mich geglaubt, als 2012 keiner hinter mir war. Deswegen hat er an mich geglaubt, als ich 2018 in der MotoGP Mühe hatte. Das ist der Grund, warum wir alle so übereinander denken.»
Dass ihr Verhältnis als neue Teamkollegen – und Gegner auf der Rennstrecke – leiden könnte, befürchtet «Franky» nicht. Der Italo-Brasilianer hatte dafür natürlich auch eine tiefgründige Erklärung parat: «Ich hoffe, dass ich Vale und grundsätzlich allen meinen Freunden gegenüber fair, gerecht und korrekt bin. Vale ist ein großer Freund von mir, seine Figur ist vielleicht sogar größer als ein Freund. Wie gesagt, ich hoffe, dass ich in jedem Bereich des Lebens fair, gerecht und korrekt bin. Ich muss gegen ihn fahren und ich werde gegen ihn fahren, wie ich es mein ganzes Leben lang gemacht habe. Nichts wird sich daran ändern.»
«Natürlich kämpfen wir um etwas Großes, aber wir dürfen nicht vergessen, dass nichts größer als Freundschaft oder Liebe ist», fuhr der MotoGP-Vizeweltmeister des Vorjahres fort. «Die menschliche Seite ist wichtiger als ein Spiel – und das ist nur ein Spiel, wenn auch ein ziemlich wichtiges. Ein Spiel, das wir spielen, seit wir klein sind. Aber es ist immer noch ein Spiel. Das darf man nicht vergessen, wenn man kämpft – und ich hoffe, dass wir um die vorderen Plätze und wichtige Dinge kämpfen werden.»
Wird Franky in der Petronas-Box den Freund Vale oder seinen ersten Gegner sehen? «Ich werde beide sehen. Das lässt sich nur schwer auseinanderhalten. Unsere Gedanken gehen nie nur in eine Richtung», entgegnete er. «Es ist schwierig, sich auf eines festzulegen. Vielleicht sehe ich ihn in einem Moment als den Kerl, den es zu schlagen gilt, und fünf Minuten später als einen meiner besten Freunde. Wenn ich Rennen fahre und in der Box bin, wird sicherlich dieser sportliche Aspekt überwiegen – also der erste Kerl, den es zu schlagen gilt. Aber es ist schwer, den freundschaftlichen Aspekt davon zu trennen.»
Dieses enge Verhältnis soll auch ein Vorteil sein: «Ich glaube, was mir und ihm helfen wird, ist der Austausch – nicht von rein technischen Informationen, sondern persönliches Feedback im Hinblick auf das Rennen, das Motorrad und generell. Das könnte ein Vorteil sein, wenn man so viel Zeit miteinander verbringt», so Morbidelli.
Als Nummer 1 im Team sieht sich der dreifache Saisonsieger des Vorjahres übrigens nicht: «Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass es in unserem Team keine Hierarchie gibt, wir haben nicht die Nummer 1 und die Nummer 2. Beide Fahrer werden gleich behandelt – und das sehr gut. Es stimmt, dass ich im Vorjahr bessere Ergebnisse eingefahren habe als Vale. Genauso stimmt es aber, dass er in seiner ganzen Karriere viel bessere Ergebnisse eingefahren hat als ich. Unser Team wird sehr gut darin sein, wie schon bei und Fabio mir, damit umzugehen und uns gleich zu behandeln.»