Formel 1: Abschied in der Unterhose

Jorge Martin (Ducati): «Ich trau mir einige Siege zu»

Von Günther Wiesinger
MotoGP-Rookie Jorge Martin (23) machte die Fachwelt am Sonntag in Doha sprachlos. Er widmete das Podium dem toten Fausto Gresini, sprach über Marc Márquez und die neue Rolle von WM-Leader Zarco.

Der erst 23 Jahre alte Jorge Martin bildete von den drei schnellen Rookies bei den beiden Katar-GP am 28. März und 4. April die große Überraschung. Beim ersten WM-Lauf flitze er von Startplatz 14 als Dritter in die erste Kurve. Und beim «Tissot GP of Doha» am vergangenen Wochenende sicherte sich der furchtlose Pramac-Ducati-Pilot mit einer Zeit von 1:53,106 min vor einem Teamkollegen Johann Zarco, den er um 0,157 sec distanzierte, die Bestzeit.

Im Rennen wollte Martin nach eigener Aussage (nach dem Quali) in erster Linie lernen, Erfahrung sammeln und unter die Top-6 fahren. Doch er lag dann bis zur 18. von 22 Runden an der Spitze, ehe ihn Fabio Quartararo auf Platz 2 verdrängte. Am Ende kassierte der tapfere Rookie 16 Punkte für den dritten Platz. Zufrieden war er nach seinem ersten Moto-GP-Podium trotzdem nicht. «Ich war mit dem Ergebnis nicht zu 100 Prozent happy, weil ich den zweiten Platz erst zwei Kurven vor dem Zielstrich verloren habe…»

«Wenn es sich nicht um meinen Teamkollegen Zarco gehandelt hätte, hätte ich in der letzten Kurve noch einen Angriff gestartet», betonte der 23-jährige Spanier. «Aber er hat jetzt eine andere Rolle im Team. Er führt in der Meisterschaft. Er muss jetzt bemühen, den Titel zu gewinnen. Meine Rolle sieht anders aus. Ich muss lernen und mich verbessern.»

Jorge Martin ließ schon in den Klassen Moto3 (er gewann die WM 2018 auf der Gresini-Honda) und Moto2 viel Erfahrung und Rennintelligenz erkennen.

Aber dass er gleich sein zweites MotoGP-Rennen so lange anführen würde, hatte ihm kaum jemand zugetraut.

Wie fühlte sich das an, vor der gesamten MotoGP-Weltklasse um den Losail Circuit zu brausen und dabei so selbstsicher und komfortabel auszuschauen?

Jorge Martin: «Mein Start war gut. Nach zwei oder drei Runden war ich aber überzeugt, dass mich bald jemand überholen würde, denn ich habe die TV-Screens im Auge behalten. Die Verfolger waren dicht hinter Mir. Ich sah Rins, Aleix und Maverick. Ab er keiner überholte mich. Ich habe nicht am Limit gepusht, und als ich meine Pace mit niedrigen 1:55-min-Zeiten gesehen habe, habe ich mir ausgerechnet, dass ich vielleicht um den Sieg fighten kann. Meine Pace hat mich nicht überrascht. Aber ich war überrascht, dass ich damit alle Gegner so lange unter Kontrolle halten konnte.»

Jorge Martin bedauerte sogar, dass er so lange vorn an der Spitze kreiste. «Das ist schade, weil ich dadurch von den Gegnern nicht viel gelernt habe. Ich hätte mir von Johann und Fabio viel abschauen können. Aber wenn man allein vorn ist, ist es schwierig schlauer zu werden. Ich habe aber sicher meine Konzentration verbessert und meinen Fokus. Ich habe jetzt auch mehr Erfahrung mit dem vollen Tank und mit dem Reifen-Management. Das ist genug.»

«Ich musste die Gelegenheit für die Führung ergreifen», gab der zehnfache GP-Sieger zu Protokoll. «Aber ich weiß, dass es nicht so weitergeht. In Portimão wird mein Ziel ein Top-Ten-Ergebnis sein, nicht das Podium.»

Jorge Martin war überzeugt, dass am Renntag in Doha jemand von ganz oben auf ihn aufgepasst habe. «Ich will dieses Podest Fausto Gresini widmen», gedachte er an den Teamchef, mit der er 2018 die WM gewonnen hat. «Ich werde ihm ewig dankbar sein, Denn er hat mich unter Vertrag genommen, als mich kein anderes Team wollte. Ich wusste nicht einmal, ob ich weiter Rennsport betreiben könne. Fausto hat mir ein konkurrenzfähiges Moto3.-Bike hingestellt, Er hat mich sicher beobachtet. Ich vermisse ihn wirklich, denn er war wirklich ein echter Freund. Dieser Podestplatz gehört ihm und seiner Familie.»

Nach dem dritten Platz hörte der Ducati-Werkspilot, der gute Aussichten auf den Rookie-of-the-Year-Award hat, dass seit acht Jahren kein MotoGP-Rookie mehr beim zweiten Rennen auf das Podest gefahren ist. Der letzte war 2013 ein gewisser Marc Márquez, der damals in Katar auf Platz 3 landete und beim zweiten WM.-Lauf in Austin/Texas siegte.

Man darf sicher sein, dass Márquez nach seiner Rückkehr mit dem unerschrockenen Landsmann noch so manches Hühnchen zu rupfen haben wird.

«Marc Márquez ist einer der größten Motorradrennfahrer aller Zeiten», räumt Martin ein. «Aber ich bin großartig in die Saison gestartet. Und ich traue mir einige Siege zu.»

Ergebnisse MotoGP-Rennen Katar, 4. April 2021:

1. Fabio Quartararo, Yamaha, 42:23,997 min
2. Johann Zarco, Ducati, +1,457 sec
3. Jorge Martin, Ducati, +1,500
4. Alex Rins, Suzuki, +2,088
5. Maverick Viñales, Yamaha, +2,110
6. Pecco Bagnaia, Ducati, +2,642
7. Joan Mir, Suzuki, +4,868
8. Brad Binder, KTM, +4,979
9. Jack Miller, Ducati, +5,365
10. Aleix Espargaró, Aprilia, +5,382
11. Enea Bastianini, Ducati, +5,550
12. Franco Morbidelli, Yamaha, +5,787
13. Pol Espargaró, Honda, +6,063
14. Stefan Bradl, Honda, +6,453
15. Miguel Oliveira, KTM, +8,928
16. Valentino Rossi, Yamaha, +14,246
17. Takaaki Nakagami, Honda, +16,241
18. Luca Marini, Ducati, +16,472
19. Danilo Petrucci, KTM, +16,779
20. Lorenzo Savadori, Aprilia, +38,775
– Alex Márquez, Honda, 10 Runden zurück
– Iker Lecuona, KTM, 10 Runden zurück

Stand Fahrer-WM nach 2 von 19 Rennen:

1. Zarco, 40 Punkte. 2. Quartararo 36. 3. Viñales 36. 4. Bagnaia 26. 5. Rins 23. 6. Mir 22. 7. Martin 17. 8. Aleix Espargaró 15. 9. Miller 14. 10. Pol Espargaró 11. 11. Bastianini 11. 12. Binder 10. 13. Bradl 7. 14. Rossi 4. 15. Morbidelli 4. 16. Oliveira 4. 17. Marini 0. 18. Lecuona 0. 19. Nakagami 0. 20. Savadori 0. 21. Petrucci 0.

Stand Marken-WM:

1. Yamaha, 50 Punkte. 2. Ducati 40. 3. Suzuki 26. 4. Aprilia 15. 5. KTM 11. 6. Honda 11.

Stand Team-WM:

1. Monster Energy Yamaha, 72 Punkte. 2. Pramac Ducati 57. 3. Suzuki Ecstar 45. 4. Ducati Lenovo 40. 5. Repsol Honda 18. 6. Aprilia Gresini 15. 7. Red Bull KTM 14. 8. Esponsorama Ducati 11. 9. Petronas Yamaha SRT 8.

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