Razlan Razali: «Es war eine Frage des Überlebens»
Es gab vielfältige Gründe für den Ausstieg des malaysischen Mineralölkonzerns Petronas beim Yamaha-MotoGP-Kundenteam nach drei Jahren. Die Pandemie hat laut Petronas mitgespielt, wohl auch die Ergebnisse von 2021 und die Mühsal beim Auffinden von Topfahrern für 2022, nachdem Rossi aufhört und Morbidelli ins Werksteam transferiert worden ist.
Fahrer wie Toprak Razgatlioglu sagten ab, auch Marco Bezzecchi und Luca Marini, und die Verhandlungen mit Raul Fernandez wurden im August abgebrochen, weil KTM die Option auf den spanischen Überflieger rechtzeitig eingelöst hat.
SPEEDEWEEK.com hat sich mit Petronas-Yamaha-Teamprinziplal Razlan Razali unter vier Augen unterhalten.
Razlan, du hast im Juli gesagt, Fahrer wie Andrea Dovizioso oder Johnny Rea kommen für das Yamaha-SRT-Team nicht in Betracht, weil es eure Aufgabe ist, junge Talente für das Yamaha Factory Team zu finden und aufzubauen. Jetzt ist der 35-jährige «Dovi» trotzdem bei euch gelandet. Er war der Wunschkandidat des neuen Hauptsponsors WITHU. Wer waren deine Wunschfahrer?
Im Juni, Juli und August gingen wir noch von einer gemeinsamen Zukunft mit Petronas aus. Unsere Philosophie war, junge Fahrer zu entwickeln.
Als sich dann Petronas zurückgezogen hat, war es mein Ziel, die zwei kostbaren MotoGP-Plätze bei der Dorna zu retten. Denn wenn du diesen «MotoGP entry» aufgibst, kriegst du ihn nie wieder zurück.
Es wurde eine Frage des Überlebens. Die Frage war: Wie kann es uns gelingen, das MotoGP-Team weiterzuführen?
Um die MotoGP-Pläne zu retten, mussten wir die Teams in der Moto3 und Moto2 streichen. Das MotoE-Team führen wir weiter.
In diesem Sport ist die MotoGP ist ein Business. Ich muss den Wünschen der Geldgeber folgen. Also hat sich unsere Philosophie bei der Fahrerwahl geändert.
Gleichzeitig haben wir ein ausgezeichnetes Verhältnis mit Yamaha. Sie wünschen sich, dass wir junge Talente aufbauen. Die Yamaha-Manager haben aber auch Verständnis für unsere neue Situation mit dem neuen Teamsponsor gehabt.
Wir haben uns also auf einen Kompromiss geeinigt. Wir haben Dovi engagiert, womit wir von meiner ursprünglichen Philosophie abgewichen sind.
Wir haben dazu den Moto3-Fahrer Darryn Binder als Rookie engagiert. Das ist ein großes Risiko.
Yamaha wollte aber auch Raúl Fernández aus dem KTM-Vertrag herauskaufen? Man sprach von 500.000 Pönale und dazu von einer Gage in ca. gleicher Höhe?
Unser Interesse an Raúl war sehr stark. Es ging nicht so sehr darum, was wir oder Yamaha ihm bezahlen wollten.
Wir haben alles probiert, um ihn zu bekommen. Ich weiß, wir sind dabei einigen Leuten auf die Zehen getreten. Aber wir mussten es versuchen.
Und so sehr wie auch hinter ihm her waren, so sehr respektieren wir immer existierende Verträge.
Natürlich besteht in jedem Vertrag eine Ausstiegsklausel oder eine «buy out»-Möglichkeit. Yamaha und wir hatten eine gewisse Summe im Kopf. Aber die verlangte Summe kletterte immer höher.
Irgendwann ist es zu riskant geworden.
Zur gleichen Zeit hat uns Anfang August beim ersten Grand Prix in Österreich das Problem mit dem Rückzug von Petronas getroffen. Dann konnten wir diesen Plan nicht mehr weiter verfolgen.
Wie lange hat es im August gedauert, bis du das Überleben des Teams gesichert hattest? WITHU stand bereits Mitte August als neuer Hauptsponsor bereit, nicht wahr?
Beim ersten Spielberg-GP bekamen wir die schreckliche Nachricht von Petronas. Aber wir haben uns damals noch bemüht, das Problem zu lösen und einen Ausweg zu finden. Aber es ist uns nicht gelungen, die Situation zwischen den beiden Rennen wieder zu kitten.
Wir mussten dann sehr rasch reagieren, das ist eine Grundvoraussetzung in diesem Geschäft.
Ja, wir haben dann sehr rasch mit WITHU verhandelt. Wir wussten, sie wollten Titelsponsor werden.
Danach musste ich die Änderungen bei Yamaha kundtun. Es kam eine Menge Arbeit auf mich zu. Es mussten neue Verträge mit der Dorna und Yamaha verhandelt werden, ich musste eine neue Firma gründen. Inzwischen konnten wir das WITHU Yamaha RNF MotoGP-Team präsentieren.
Was wir von Mitte August bis jetzt alles erledigen mussten, das war verrückt.