Exklusiv: Yamaha und Quartararo sind sich einig
Lin Jarvis weiss, was Fabio Quartararo wert ist
17.30 Uhr, Freitagnachmittag im Jerez-Paddock: Der SPEEDWEEK.com-Berichterstatter hat mit Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, einen exklusiven Interview-Termin vereinbart. Doch das Büro des Engländers ist noch besetzt.
Ich gehe bei einem Cappuccino meine Fragen durch. Nach wenigen Minuten öffnet sich die Tür, Lin Jarvis tritt heraus – in Begleitung von Eric Mahé. Der französische Ex-Rennfahrer ist Manager von Loris Baz – und Fabio Quartararo. Lin Jarvis wirkte alles andere als niedergeschlagen, er wirkte sehr fröhlich und sah nach dem Meeting mit Mahé richtig erleichtert aus, er war regelrecht in aufgekratzter Stimmung. Die beiden Gesprächspartner verabschiedeten sich in freundschaftlichem Ton.
Soeben hatten aktuelle Verhandlungen über die geplante Vertragsverlängerung des MotoGP-Weltmeisters für die Jahre 2023 und 2024 stattgefunden, die für Yamaha sehr zufriedenstellend verlaufen sind. Dann war Lin Jarvis bereit für ein paar Fragen zum Thema Quartararo.
Lin, im März hast du mir gesagt, Yamaha muss Fabio überzeugen, dass in Japan ein schlagkräftiges Paket für die nächsten zwei Jahre entwickelt wird, es herrsche kein Zeitdruck, man habe dem Franzosen keine Frist für die Entscheidung gesetzt. Wie sieht es jetzt aus?
Niemand kann die Resultate des nächsten Jahres garantieren. Niemand weiß, welchen Level wir eventuell erreichen können. Aber ich denke, wir sind in diesem Jahr definitiv hinter den Erwartungen geblieben. Besonders in den Bereichen, in denen am deutlichsten Fortschritte verlangt wurden, also im Top-Speed, bei der Motorleistung und der Beschleunigung.
Wir arbeiten jetzt während der Saison an gewissen Verbesserungen. Wir hatten etwas Neues in Portimão, wir haben weitere Sachen für Jerez, wir haben weitere Neuigkeiten für den Montag-Test. Wir haben einen Plan für dieses Jahr, um unseren Nachteil so gut wie möglich wettzumachen.
Doch Fabio wird bei uns nicht auf der Basis seines diesjährigen Packages unterschreiben. Es wird darum gehen, ob er Vertrauen in unser Package für die Jahre 2023 und 2024 hat.
Wir waren sehr offen und ehrlich zu ihm. Wir haben uns bei ihm für die Schwierigkeiten entschuldigt, die wir ihm für dieses Jahr eingebrockt haben und die immer noch vorhanden sind.
Wir haben erklärt, wie unser Plan für die Zukunft aussieht. Wir haben das auf verschiedenen Management-Ebenen dargelegt. Auf dem Management-Level, auf dem Projektleiter-Level, auf dem General-Manager-Level und mit uns von der Teamführung.
Wir können den Prozess der Entscheidungsfindung nicht beschleunigen. Wir können nicht erwarten, dass wir den Fahrer innerhalb einer Woche überzeugen können. Sie müssen es verstehen, sie müssen es fühlen.
Doch ich spüre: Fabio versteht, dass wir mit dem stärkst möglichen Package zurückkommen werden und mit einem Investment, das nächstes Jahr den Unterschied ausmachen wird.
Das Package wird natürlich auch eine saftige Gagenerhöhung beinhalten. Denn ein Ausnahmekönner wie Fabio Quartararo kommt nur alle zehn Jahre zum Vorschein. Yamaha weiß das, nehme ich an?
Ja, sicher.
Quartararo hat schon 2021 alle anderen Yamaha-Fahrer in den Schatten gestellt. 2022 hat sich daran nichts geändert. Sein Wert an der Fahrerbörse ist gewaltig gestiegen.
Ja, aber wir missbrauchen deshalb auch unsere anderen Werksfahrer nicht. Alle sind wertvoll und strengen sich an.
Doch es gibt keinen Zweifel: Fabio hat dieses besondere Etwas. Er ist fähig, das Maximum aus dem Paket herauszuquetschen.
Und du bezahlst einen Fahrer immer für sein Potenzial. Du bezahlst ihn nicht für vergangene Leistungen.
Du bezahlst ihn für mögliche Resultate in der Zukunft. Und es geht um die Frage: Welchen Anteil kann der Fahrer mit seinem Können zum Technik-Paket hinzufügen?
Unser Vorschlag für das nächste Jahr unterscheidet sich vom augenblicklichen Package. Doch wir verfügen auch jetzt über schlagkräftiges Material, denn Fabio hat 2021 die Weltmeisterschaft gewonnen.
Ich denke, wir werden uns mit Fabio einigen, auch was den finanziellen Aspekt betrifft. Das glaube ich. Da bin ich jetzt zuversichtlich.
Fabio gewinnt wieder Vertrauen in unser Projekt für die Zukunft.
Ich erwarte, dass die Zusammenarbeit mit Fabio Quartararo für die nächsten zwei Jahre weitergeht.
Gleichzeitig möchte ich betonen, dass wir noch nicht unmittelbar vor einer Vertragsunterzeichnung stehen. Es gibt noch einige Einzelheiten zu besprechen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Juni mit erfreulichen Neuigkeiten an die Öffentlichkeit gehen können.