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Hinter den Kulissen: So funktioniert ein MotoGP-Team

Von Manuel Pecino
Die beiden Teams von Repsol Honda und Ducati Corse gehören zu den absoluten Vorreitern in der MotoGP-Klasse. Doch wie sieht es hinter den Kulissen der beiden gigantischen Werke aus? Manuel Pecino schaute genauer hin.
DIE HÖHEPUNKTE:

- Bei jedem GP beschäftigt das Werksteam von Honda eine Crew von 72 Personen aus neun verschiedenen Ländern. Die Verwaltung von Flügen, Mietwagen und Unterkünften für alle ist hoch komplex.

- Hinter den Kulissen der Box «versteckt» Ducati eine Reihe von Computern, vor denen vier Ingenieure sitzen, die Informationen und Daten in Echtzeit analysieren.

- Das ständige Rein und Raus von Material aus den Hauptquartieren der Rennabteilungen macht die Zollverwaltung zu einem Schlüsselproblem für die japanischen Werke; ein Problem, das europäische Hersteller nicht haben.

- Repsol beliefert das Honda-Werksteam pro Rennen mit etwa 700 Litern seines exklusiven GP-Benzins; 20 Rennwochenenden werden in dieser Saison abgehalten.

Auch wenn es anders erscheinen mag, Motorradrennen ist ein Teamsport. Klar, wenn ein Fahrer gewinnt, steht er alleine auf dem Podium. Aber er ist nur dort angekommen, weil er ein Team hinter sich hat, ohne das er nicht einmal auf die Strecke hätte gehen können. Dies gilt für alle Kategorien, vom Hobbyrennen bis hin zur MotoGP.

Dieser Rückhalt wächst mit zunehmender Konkurrenz an Größe und Ressourcen. Die MotoGP ist in dieser Hinsicht Spitzenreiter, wenn es um die Größe geht, aber vor allem in Bezug auf Organisation und Raffinesse. Wir erläutern wie diese Strukturen funktionieren, wie dieser Rückhalt organisiert ist und aus wie vielen Personen diese Mannschaften bestehen.

Willkommen im «Maschinenraum» eines MotoGP-Superteams

Um die Organisation und den Betrieb japanischer und europäischer Fabriken zu vergleichen, haben wir uns mit den Verantwortlichen von Team Repsol Honda und Team Ducati zusammengesetzt. Sie beschreiben die Führungsunterschiede zwischen einem Werksteam, dessen Rennabteilung 11.000 Kilometer entfernt ist, und einem Werksteam, dessen Hauptsitz nur wenige Stunden vom Austragungsort der Hälfte der Rennen entfernt ist.

Die Logistik eines MotoGP-Teams umfasst die Organisation an GP-Wochenenden, den Transfer zu den Rennstrecken, die Heimkehr des Personals, den Auf- und Abbau der Infrastruktur, den Umzug dieser Infrastruktur zum nächsten Rennen, die Kraftstoffversorgung usw. Aufmerksamkeit für Sponsoren und Gäste, Verwaltung der nicht sportlichen Aktivitäten der Fahrer und die Kommunikation ... ziemlich viel, nicht wahr?

Das Tetris-Spiel

Team Repsol bewegt bei jedem GP mehr als 60 Personen, eine Zahl, die davon abhängt, wie viele Ingenieure Honda aus Japan entsendet. Hinzu kommen die zehn Personen, die für die Bewirtung zuständig sind. Aber diese Gruppe ist unabhängig, da sie Teil eines Subunternehmens ist. Bei Ducati sind es 38 Personen und 12 Menschen für die Verpflegung.

Man kann sich leicht vorstellen, dass es wirklich wie Tetris ist, diese Menge von Menschen von ihren Herkunftsorten an die Strecken zu bringen, an denen die Rennen abgehalten werden, und sie nach dem Wochenende wieder nach Hause zu schicken. Vor allem, wenn sie wie im Fall von Honda Menschen aus neun verschiedenen Ländern dabeihaben: Japan, Spanien, Deutschland, Holland, Italien, England, Irland, Australien und Kanada. Und da diese Menschen nicht alle in einer Stadt leben, muss jemand Flüge, Transport und Unterkunft für jedes Rennen koordinieren. Die Ankunftszeiten am Zielflughafen müssen mehr oder weniger übereinstimmen, um die Mietwagen ordentlich zu füllen.

In Le Mans beispielsweise mietete das Team Repsol Honda 14 Autos unterschiedlicher Größe, die bei der Ankunft am GP-Flughafen, am Wochenende und auf dem Heimweg unterschiedlich besetzt waren. Während des GP haben die Mechaniker, Ingenieure und Marketingleute nicht den gleichen Zeitplan, und es gibt diejenigen, die das Flugzeug am Sonntag zurücknehmen können, und diejenigen, die am Montag abreisen.

Es ist klar, dass die Koordinatoren beim Repsol Honda-Team echte Jongleure sein müssen. Die Mannschaft hat drei Personen, die sich um die Organisation und Kontrolle kümmern. Vor jedem GP erhält jedes der mehr als 60 Teammitglieder einen «GP Guide», der auflistet, wer mit wem in den Autos fährt und die Telefonnummern der Teammitglieder. So ist jeder immer lokalisierbar und jeder weiß jederzeit, wie er einen Kollegen erreichen kann. Schließlich schlafen die Mitglieder des Repsol-Teams gemäß den Unternehmensrichtlinien in Einzelzimmern, sodass sie mehr als 60 Zimmer benötigen!

Logischerweise erfordert diese Mega-Bewegung von Menschen eine vorausschauende Planung. Vor dem Aufkommen von COVID wurden Reisen lange im Voraus arrangiert. Aber jetzt, während der europäischen Saison, werden diese erst anderthalb Monate vor dem Datum abgeschlossen. Für Rennen außerhalb Europas werden die Buchungen viel früher getätigt. Honda verlässt sich auf eine der im Fahrerlager tätigen Agenturen, die im Voraus die besten Hotels in den GP-Gebieten blockiert.

Vergleicht man die Vorgehensweise von Honda mit der von Ducati, fällt das Schema der italienischen Marke auf. In ihrem Fall fliegen alle Teammitglieder gemeinsam mit einem Charterflug von Bologna in die entsprechende Stadt, was dadurch möglich wird, dass bis auf zwei Teammitglieder alle Italiener sind. Sie kommen von ihren Wohnorten nach Bologna, um gemeinsam zu reisen. Das vereinfacht die Logistik erheblich.

Im Sinne des Fahrers

Es ist beeindruckend, die Anzahl der Menschen zu zählen, die direkt daran arbeiten, die Leistung eines Fahrers auf der Strecke zu optimieren. Ein Vergleich zwischen Honda und dem Ducati-Werksteam.

Bei Honda haben Marc Márquez und Pol Espargaró in der Boxengasse jeweils die Unterstützung eines Streckeningenieurs, eines Chefmechanikers und vier Mechanikern. Die Fahrer haben beide auch einen Ingenieur für das Management mit dem Kraftstoff, einen für die Datenerfassung und einen Techniker für das Fahrwerk, der von Öhlins gestellt wird. Darüber hinaus verfügt Honda über Ingenieure vor Ort, die auf die Bereiche Chassis, Elektronik und Motoren spezialisiert sind.

Die Struktur bei Ducati ist mehr oder weniger ähnlich. In ihrem Fall befindet sich auf jeder Seite der Box eine Gruppe von sieben Personen, einschließlich des Fahrers. Der Fahrer ist umgeben vom Chefmechaniker, fünf Mechanikern und einem Elektroniker. Hinter den Boxenwänden sitzen vier weitere Ingenieure, die vor einer großen Wand mit Computern in Echtzeit die Daten analysieren, die ständig von den Motorrädern gesammelt werden.

Marketing und Kommunikation

Fahrer und Ingenieure würden diesen Abschnitt als «notwendiges Übel» bezeichnen. Wenn sie könnten, würden Fahrer diesen Teil ihres Berufs absolut meiden, während Ingenieure ihn historisch gesehen als verschwendetes Geld betrachten. Aber die Fahrer ohne Sponsoren wären dann Amateure und keine Profis mehr. Ohne Kommunikation gäbe es kein Sponsoring, und ohne Sponsoring könnten die Renningenieure ihre Fantasien nicht wahr werden lassen. Die Verantwortlichen dieser beiden Bereiche müssen Fahrer und Ingenieure von Zeit zu Zeit daran erinnern.

Im Team von Repsol Honda sind vier Personen für Marketing und Kommunikation zuständig, was die Verwaltung der Agenda des Fahrers umfasst – gemeinsame Interviews, persönliche Interviews, Präsenz bei Events mit Sponsoren, Events mit privaten Sponsoren des Fahrers, interne Videos usw. Bei einem Fahrer wie Marc Márquez wird die Agenda der Einzelinterviews zu Beginn der Saison vorbereitet und fast sofort gefüllt. Bei anderen weniger gefragten Fahrern gibt es mehr Spielraum in der Terminplanung.

Die Agenda eines Fahrers wird normalerweise fünfzehn Tage vor der Veranstaltung geschlossen. Donnerstage vor den GP-Wochenende sind die Tage, die für die Medien reserviert sind. Freitage und Samstag sind frei, mit Ausnahme von Veranstaltungen, bei denen die Fahrer für einige Minuten bei den großen Sponsoren präsent sein müssen. Am Sonntag zählt nur das Rennen.

Logistik

Logistik betrifft die Bewegung von Material von einem Ort zum anderen. Dieser Transport beginnt mit der Demontage direkt nach dem Ende des MotoGP-Rennens. Je nach Dringlichkeit können die Lkw noch in derselben Nacht zur nächsten Rennstrecke aufbrechen. Im Fall von Honda gibt es acht Auflieger – vier davon von der Hospitality– die von professionellen Subunternehmern gefahren werden. Sie legen pro Saison zwischen 20.000 und 30.000 Kilometer zurück. Überraschend wenige, da sie nicht zu ihrem Hauptsitz in Barcelona zurückkehren.

Zur Logistik gehört auch der Grenzübertritt, also der Im- und Export von Rennequipment. Aprilia, Ducati und KTM sind davon nur bei Rennen außerhalb Europas betroffen, aber der ständige Materialtransfer von und nach Japan durch Honda, Suzuki und Yamaha ist viel schwieriger. Offensichtlich kennen die Werke nach so vielen Jahren alle Zollbehörden aber trotzdem ist für das Honda-Werksteam klar: «Es ist das, was uns am meisten Kopfschmerzen bereitet.»

Treibstoff

Kraftstoff ist ein Element, welches aus bekannten Gründen eine spezielle Logistik erfordert.

Bei Honda kommt der von Repsol gelieferte Rennbenzin jeden Mittwochmorgen vor dem GP pünktlich als erstes an der Strecke an. Der Kraftstoff wird über ein spezielles Transportunternehmen transportiert. Bei Rennen außerhalb Europas erfolgt der Versand entsprechend früher.

Um den Kraftstoffbedarf zu verwalten und zu berechnen, teilen sich das Team und die Firma Repsol eine Computerdatei, die den Bestand und die Prognosen für die folgenden Rennen oder Trainingseinheiten enthält. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch pro GP für das Team Repsol Honda liegt bei etwa 700 Litern. Eine Menge, die in dieser Saison mit dem 20-fachen multipliziert werden muss und zu der die Testfahrten der Vorsaison hinzugerechnet werden müssen. Die Gesamtmenge ist beeindruckend: rund 17.000 Liter.

Ducati bewegt sich mehr oder weniger in den gleichen Parametern, obwohl die Mengen in diesem Fall deutlich größer sind, da alle ihre Satellitenteams vertraglich verpflichtet sind, den vom Werk gelieferten Kraftstoff zu verwenden. In Jerez zum Beispiel hatten sie 1.800 Liter Benzin und 20 Liter Öl dabei.

Verantwortung

Angesichts der Größe und Komplexität eines MotoGP-Teams sowie der erheblichen Betriebskosten versteht man die enorme Verantwortung, die auf den Schultern der Fahrer lastet, die am Ende all dieser Anstrengung Wert verleihen müssen. Zusätzlich zu dieser Verantwortung können die Fahrer Respekt und maximale Professionalität gegenüber denen erwarten, die an jedem GP-Wochenende hart arbeiten, um sie auf der Strecke zu unterstützen.

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