Wayne Rainey: «Ich wollte unbedingt zurück aufs Bike»
Wayne Rainey wurde vom großartigen Publikum beim Goodwood Festival of Speed wie ein großer Held empfangen. Doch viel Wichtiger für ihn als die Show für die Fans war es, endlich einmal wieder auf der Marlboro Yamaha YZR500 von 1992 Platz zu nehmen. Auf jenem Bike, mit dem er seinen dritten und letzten WM-Titel feierte.
Der Kalifornier kämpfte um seinen vierten Titel in Folge, als er in Misano 1993 einen folgenschweren Sturz erlitt, der für ihn das Karriereende bedeutete. Durch einen Wirbelbruch sitzt er seitdem im Rollstuhl.
«Ich habe 30 Jahre darauf gewartet», gab der US-Amerikaner zu, nachdem er einen von fünf Runs auf dem englischen Festival absolviert hatte. Die Strecke ist wie eine Piste beim Bergrennen aufgebaut und misst 1,86 Kilometer.
Rainey, der seinen klassischen Marlboro-Lederkombi angezogen hatte, wurde bei jedem Lauf von prominenten Mitstreitern begleitet. Kenny Roberts Senior und die Erzrivalen Mick Doohan und Kevin Schwantz fuhren an der Seite des dreifachen Weltmeisters, das Publikum war kaum zu bremsen. Roberts fuhr mit seiner eigenen Proton KR3 und später auf einer Werks-Yamaha, Doohan und Schwantz mit ihren erfolgreichen Honda NSR und Suzuki RGV.
«Ich bin kein emotionaler Junge, aber das war sehr speziell», betonte Dreifach-Champion Roberts, der Wayne damals aus dem US-Rennsport in die Weltmeisterschaft brachte. Anschließend fügte er hinzu: «Ich denke, ich hätte ihn besiegen können, wenn wir eine weitere Runde gehabt hätten.»
Motorradfahren ist extrem schwierig für einen Querschnittgelähmten. Rainey musste auf das Motorrad gehoben werden, seine Füße wurden mit Fahrradclips an den Fußrasten befestigt, seine Knie am Tank festgebunden. Da er keine Kontrolle über seinen Oberkörper hat, war das Bike mit Klettverschlüssen am Tank ausgestattet, die sein Gewicht tragen konnten, während er den Lenker umfasste. Nach jeder Fahrt musste er zurück in eine aufrechte Position gebracht werden.
«Es ist ein großer Unterschied, jetzt ein Motorrad zu fahren. Das Einzige, was ich fühle, ist der Lenker. Sonst nichts. Ich habe ein kleineres Motorrad getestet, doch du bemerkst alles sehr spät. Denn du siehst erst, dass du einen Fehler gemacht hast, wenn du es wirklich siehst, du fühlst es nicht. Es ist also etwas später, als wenn du es mit deinen Füßen oder deinem Gesäß spürst. Es ist eine ganz andere Erfahrung.»
Das Härteste war es zu starten und anzuhalten. Mit Helfern musste das Motorrad aus dem Stand auf Speed gebracht werden, beim Anhalten wurden Motorrad und Fahrer dann wieder «eingefangen».
Der ehemalige GP-Star erzählte, dass er bereits seit kurz nach seinem schweren Unfall davon träumte, wieder auf die YZR zurückzukehren. «Vielleicht lag es an den Medikamenten, die ich damals nehmen musste, aber ich wollte unbedingt zurück auf die Maschine», berichtete er. «Es hat seine Zeit gedauert, aber endlich ist es geschehen, dank Goodwood und des Herzogs von Richmond.»
Der Herzog hatte Rainey bereits 2020 eingeladen, aber eine zeitliche Kollision und die Corona-Pandemie funkten dazwischen. «Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich ihm und allen anderen bei Yamaha bin. Danke, dass sie es möglich machten.» Das Motorrad war ausgerüstet mit Regenreifen und Stahlbremsen. Die Zündkerzen und die fette Bedüsung sorgten für eine halbwegs gediegene Gasannahme des Zweitakters. Nach den ersten Tests wollte Rainey das Bike etwas schärfer eingestellt haben. Es reichte nun dafür, dass er einige kleine Wheelies auf den Asphalt zauberte.
Ein einmaliges Schaltsystem wurde verbaut. Aber bei einem Bike ohne Elektronik stellte sich das als unberechenbar heraus. Rainey blieb in einem Gang. Immer noch genug, um den Nervenkitzel in Erinnerung zu rufen und den nostalgischen Zuschauern einen willkommenen Zweitakt-Geruch zu liefern.
Es war für ihn nicht das erste Mal auf einem großen Bike. Er fuhr eine speziell modifizierte Yamaha R1 im Jahr 2019: Ein Test auf dem Willow Springs Raceway in den USA. Anschließend wiederholte er dies in Suzuka. Auf einem Straßenbike war es aber nicht besonders aufregend. Der 500-ccm-Zweitakter aus dem GP-Sport war eine deutlich größere Herausforderung.
«Die R1 hat einen E-Starter, mit Benzin-Einspritzung läuft sie wirklich gut im niedrigen Drehzahlbereich. Es ist, als würde man zum örtlichen Supermarkt fahren», so Rainey. «Für die YZR500 gibt es jedoch keinen Vergleich.»