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Jack Miller: «Es ist sinnlos, Bastianini nachzuahmen»

Von Günther Wiesinger
Im April erklärte Jack Miller noch, er könne sich auch eine Zukunft bei Pramac-Ducati vorstellen, wenn ihn Enea Bastianini aus dem Werksteam verdrängt. Er bewundert «La Bestia» – und geht zu Red Bull-KTM.

Jack Miller konnte sich schon im vergangenen Winter ausmalen, dass er seinen Platz beim Ducati-Lenovo-Werksteam für 2023 räumen muss, wenn ihm keine deutliche Steigerung gelingen würde. Denn mit Jorge Martin und Enea Bastianini lauerten zwei junge vielversprechende Kandidaten auf den zweiten Sitzen im Factory Team neben Pecco Bagnaia.

Und als Bastianini drei der ersten sieben Rennen auf der letztjährigen Ducati GP21 des Gresini Racing Team gewann und als WM-Spitzenreiter glänzte, machte Miller kein Geheimnis daraus, dass er gern in der Ducati-Familie bleiben würde und sich auch eine Zukunft bei Pramac-Ducati vorstellen könnte. Ducati hätte dann versucht, Johann Zarco ins Gresini-Team zu transferieren.

Nach der Gala-Vorstellung des 24-jährigen Bastianini im April 2022 in Texas zeigte Miller Verständnis für die Politik von Ducati Corse. Und JackAss grübelte, was Enea Bastianini mit der Ducati besser machte als Martin, Bagnaia, Zarco und er selbst. Denn «La Bestia» hatte ja schon 2021 als Rookie bei den letzten sechs Rennen gegenüber seinen Startplätzen nicht weniger als 49 Positionen wettgemacht!

«Wenn ich wüsste, was Enea besser macht, würde ich ihn nachahmen», hält Jack fest. «Er fährt sehr gut. Wenn er mich überholt, sticht mir sein außergewöhnlicher Fahrstil ins Auge. Er sitzt sehr zentral auf dem Motorrad, sein Kopf ist weit Richtung Kurveninnenseite abgewinkelt. Sein Bike bewegt sich unter ihm, das siehst du, aber es funktioniert für ihn, er bleibt dabei richtig fokussiert und ruhig. Und natürlich ist er ein Mann im Taschenformat, ein ‘pocket man’, ein kleiner Kerl. Deshalb ist er auf den Geraden sehr schnell; das lässt sich nicht bestreiten. Das geringe Gewicht kommt ihm bei den schnellen Richtungswechseln entgegen. Wenn du jedes Mal 10 kg mehr aufrichten und umwerfen musst, ist das körperlich anstrengend.»

Bastianini bestreitet erst seine zweite MotoGP-Saison, aber er hielt sich in den ersten Rennrunden oft geschickt zurück, weil er weiß, dass diese GP-Pisten und das MotoGP-Bike körperlich sehr hohe Ansprüche stellen.

Ist die GP21 aus dem Vorjahr womöglich auch leichter zu handhaben als die neue GP22?

Jack Miller: «Die 2022-Ducati ist vielleicht von der Aerodynamik her besser. Aber dieser Vorteil kommt nur in den schnellen Sektoren zur Geltung.»

Inzwischen besteht kein großer Zweifel mehr, dass der WM-Fünfte Bastianini 2023 und 2024 bei Ducati Lenovo die Position von Miller übernehmen wird, der sich mittelweise für den Wechsel zur Red Bull KTM entschieden hat.

Was konnte Miller in diesem Jahr von Bastianini lernen? «Da er einen komplett anderen Fahrstil hat, außerdem ist er von der Statur her viel kleiner als ich», sagt Jack Miller im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Das hilft ihm sehr. Aber auch die Art und Weise, wie er das Motorrad steuert, ist bemerkenswert. Er benutzt seinen Körper auf sehr seltsame, aber effektive Weise. Er bringt das Bike überhaupt nie zum Sliden. Er steht nie quer, das hilft ihm stark. Aber Enea fährt völlig anders als ich. Es würde nicht funktionieren, wenn ich seine Fahrweise kopieren oder nachahmen würde.»

Trotzdem war es erstaunlich, dass Miller eine Weile lang Verständnis dafür zeigte, dass ihn Bastianini aus dem Werksteam verdrängen würde.

Anderer Fahrer ließen sich so eine Degradierung nicht gefallen. Oliveira entschied sich für das WithU-RNF-Aprilia-Kundenteam, als ihn KTM vom Red Bull-Team zu Tech3 abschieben wollte.

«Ich habe in meiner Laufbahn lange Zeit darauf hingearbeitet, diese Position im Ducati Factory Team zu bekommen», räumt Miller ein. «Es hätte mich nicht gestört, in irgendeiner Form wieder zu Pramac zurückzukehren. Aber dann hat sich die Möglichkeit bei KTM ergeben – und dieser Transfer bringt eine neue Motivation mit sich.»

MotoGP-Ergebnis, Assen (26. Juni):

1. Bagnaia, Ducati, 26 Rdn. in 40:25,205 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 0,444 sec
3. Viñales, Aprilia, + 1,209
4. Aleix Espargaró, Aprilia, + 2,585
5. Brad Binder, KTM, + 2,721
6. Miller, Ducati, + 3,045
7. Martin, Ducati, + 4,340
8. Mir, Suzuki, + 8,185
9. Oliveira, KTM, + 8,325
10. Rins, Suzuki, + 8,596
11. Bastianini, Ducati, + 9,783
12. Nakagami, Honda, + 10,617
13. Zarco, Ducati, + 14,405
14. Di Giannantonio, Ducati, + 17,681
15. Alex Márquez, Honda, + 25,866
16. Dovizioso, Yamaha, + 29,711
17. Marini, Ducati, + 30,296
18. Bradl, Honda, + 32,225
19. Gardner, KTM, + 34,947
20. Savadori, Aprilia, + 35,798
– Fernández, KTM, 8 Runden zurück
– Quartararo, Yamaha, 15 Runden zurück
– Darryn Binder, Yamaha, 18 Runden zurück
– Morbidelli, Yamaha, 18 Runden zurück

MotoGP-Fahrer-WM nach 11 von 20 Grand Prix:

1. Quartararo 172 Punkte. 2. Aleix Espargaró 151. 3. Zarco 114. 4. Bagnaia 106. 5. Bastianini 105. 6. Brad Binder 93. 7. Miller 91. 8. Mir 77. 9. Rins 75. 10. Oliveira 71. 11. Martin 70. 12. Viñales 62. 13. Marc Márquez 60. 14. Bezzecchi 55. 15. Marini 52. 16. Nakagami 42. 17. Pol Espargaró 40. 18. Alex Márquez 27. 19. Morbidelli 25. 20. Di Giannantonio 18. 21. Darryn Binder 10. 22. Dovizioso 10. 23. Gardner 9. 24. Raúl Fernández 5.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 246 Punkte. 2. Yamaha 172. 3. Aprilia 155. 4. KTM 121. 5. Suzuki 101. 6. Honda 85.

Team-WM:

1. Aprilia Racing 213 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 197. 3. Ducati Lenovo Team 197. 4. Prima Pramac Racing 184. 5. Red Bull KTM Factory 164. 6. Suzuki Ecstar 152. 7. Gresini Racing 123. 8. Mooney VR46 Racing 107. 9 Repsol Honda 100. 10. LCR Honda 69. 11. WithU Yamaha RNF 20. 12. Tech3 KTM Factory 14.

 

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