RNF-Hauptsponsor WithU kündigt MotoGP-Ausstieg an
Ein von «L’Arena», der lokalen Tageszeitung von Verona, veröffentlichtes Interview mit WithU-CEO Matteo Ballarin schlägt hohe Wellen in der Motorrad-WM. Denn Ballarin kündigt darin den Rückzug des italienischen Anbieters für Elektrizität, Gas, Mobiltelefonie und Internet aus der MotoGP-WM an.
Dabei wurde WithU erst im Oktober des Vorjahres als neuer Titelsponsor für Razlan Razalis RNF-Team präsentiert – eigentlich für drei Jahre. Damit verliert der Malaysier nach Petronas innerhalb von 13 Monaten zum zweiten Mal den Hauptsponsor.
Als Grund für die Entscheidung verwies Ballarin auf die Energiekrise: «Wir erleben eine doppelte Krise. Europe Energy S.p.a., meine älteste Gesellschaft, hat Antrag auf einen Ausgleich gestellt. WithU ist eine Marke für sich, aber dennoch stark verbunden.»
Tatsächlich bot WithU unter dem Dach des Mutterkonzerns «Europe Energy S.p.a.» vier Produkte in einer App an (Elektrizität, Gas, Mobiltelefonie und Internet). Ballarins Unternehmen hat allerdings nie Strom erzeugt, sondern nur Handel betrieben. «Ich kaufe Energie ein und verkaufe sie weiter», erklärte er das Geschäftsmodell im Interview mit SPEEDWEEK.com.
Eigentlich wollte der italienische Unternehmer die MotoGP als Plattform nutzen, um den Bekanntheitsgrad von WithU zu erhöhen und weiter zu expandieren. Wieviel Geld beim Sponsorship-Deal für 2022 bezahlt wurde, ist nie kommuniziert worden. Ballerin wollte nie eine exakte Summe nennen. Er verriet aber: «Der Betrag liegt unter 5 Millionen Euro.»
Das neue WITHU-Yamaha-RNF-Team plante für 2022 mit einem Jahresbudget von 12 bis 13 Millionen Euro. Die Dorna alimentiert jedes MotoGP-Kundenteam mit 6 bis 7 Millionen Euro. «Der finanzielle Aufwand wurde bei uns gegenüber den drei Petronas-Jahren nicht reduziert», versicherte RNF-Teambesitzer Razali. Dass Yamaha die Fahrergage von Andrea Dovizioso bezahlte, war hilfreich.
Razali: «Da wir gern mit jungen Fahrern antreten, macht das Fahrerbudget üblicherweise keine Riesensumme aus. Bei zwei jungen Fahrern reden wir da von insgesamt weniger als 1 Million Euro.»
«Vielleicht gehen wir an die Börse oder wir finden einen Investor. Denn unser Geschäftsfeld wird immer größer. Die finanzielle Situation ist bei einer starken Expansion nicht einfach. Denn technisch kaufe ich heute die Energie ein, ich stelle sie morgen meinen Kunden zur Verfügung, sie bezahlen aber erst einige Zeit später. Um den Cashflow zu gewährleisten, brauche ich eine Bank für die Zwischenfinanzierung. Unsere wirtschaftlichen Ergebnisse sind gut, aber die italienischen Banken haben strenge Limits. Wenn ich diese Limits überschreiten will, muss ich an die Börse gehen oder einen Teilhaber finden», sagte der 49-jährige WithU-Chef Matteo Ballerin im November 2021 beim Valencia-GP.
Nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs konnte der Energiekonzern den Banken nicht mehr genug Sicherheiten für die Termin-Geschäfte auf der Strombörse geben. Deshalb ist Ballarins Firma Europe Energy im Frühjahr in Schwierigkeiten geraten.
Auch andere Energie-Konzerne in Europa kamen in finanzielle Schieflage. In einigen Ländern wurden deshalb finanzielle Schutzschirme für die Energie-Riesen aufgespannt.
«Ich glaube, dass es wichtig ist, den Leuten in so einem Moment unsere Besonderheiten näherzubringen. Sonst wissen sie gar nicht, dass es uns gibt», betonte Ballarin nun im Interview mit «L’Arena». Deshalb werde WithU auch weiter als Sponsor auftreten. Aber: «Wir haben viele Sponsorings aufgegeben und stellen andere in Frage.»
Das bedeutet konkret: WithU wird sich künftig auf «Verona Volley» konzentrieren, ein Volleyball-Verein in der höchsten italienischen Liga, der Serie A. Das MotoGP-Engagement dagegen wird beendet.
Denn: «Das [MotoGP-Sponsoring] ist intensiv, die Marktsituation gibt uns heute aber keine Sichtbarkeit. Im Volleyball dagegen wollen wir weitermachen, weil wir uns als Hauptdarsteller beteiligt fühlen. Das bedeutet nicht, dass wir das Sponsoring im Volleyball erhöhen werden, aber ja, in der MotoGP hören wir auf», bekräftigte Ballarin.
Das ist ein herber Rückschlag für Razali, der damit vor dem Markenwechsel zu Aprilia ohne Hauptgeldgeber dasteht.
Yamaha war von der Finanzkraft von WithU nicht überzeugt und hatte Razali nur einen Ein-Jahres-Vertrag angeboten. Deshalb war es zu keiner Einigung gekommen.
Razali einigte sich dann für zwei Jahre mit Aprilia und bildet 2023 das erste MotoGP-Kundenteam der Italiener. Die Fahrerverträge mit Miguel Oliveira und Rául Fernández wurden von Aprilia abgeschlossen, das Werk bezahlt auch die Gagen.