Buddh Circuit: Kommt Indien-GP mit viel Verspätung?
Dorna-CEO Carmelo Ezepleta (76) und sein Sohn Carlos, Sportdirektor der Dorna, haben auf dem Weg von Madrid nach Tokio/Japan gestern in New Delhi/Indien Station gemacht, wo sie von ranghohen Regierungsmitgliedern empfanden wurden. Denn erstmals seit rund zehn Jahren sind die Inder wieder an einer Durchführung eines MotoGP-Events auf dem Buddh International Circuit (BIC) interessiert.
Die Rennstrecke Buddh International Circuit liegt in Greater Noida, in der Nähe von Delhi, im Bundesstaat Uttar Pradesh in Indien. Sie wurde von Hermann Tilke geplant und erstreckt sich über eine Länge beträgt 5,125 km. Am 30. Oktober 2011 fand dort erstmals der Formel-1-GP von Indien statt. Sebastian Vettel gewann das Rennen 2011 und auch in den zwei folgenden Jahren im Red Bull-Renault. Nach dem Rennen 2013 bekam die Strecke keinen Platz mehr im F1-Kalender.
Die leicht hügelig in die Landschaft gebaute Strecke wurde damals von einigen Fahrern als «Berg- und Talbahn» bezeichnet. Der Buddh International Circuit war auch für die Austragung von internationalen Motorradrennen designt worden, deshalb verfügen die betonierten Streckenbegrenzungen über ein höheres Profil als bei reinen Rennwagenkursen, was ein für Formel-Autos das Berührungsrisiko erhöht.
Der Kurs wurde im April 2011 von Jaypee Group Circuit in Buddh International Circuit umbenannt. Die Strecke wurde nach Buddha benannt, damit sollte ein Zeichen für Frieden und innere Ruhe gesetzt werden.
Nach 2013 kehrte in Greater Noida tatsächlich Ruhe ein, denn weder der geplante Motorrad-GP noch das Gastspiel der Superbike-WM 2014 wurden jemals in Indien ausgetragen.
Der Grund: Indien kennt keine Carnets an, das erschwert oder verunmöglicht die temporäre Einfuhr von Motorsport-Material wie Rennfahrzeuge, Reifen, Renntreibstoff, Boxendekoration, Werkzeuge, Ersatzmotoren, Hospitality-Zubehör wie Küchen, Tische, Stühle, Öfen, Besteck, Kühlschränke und so weiter, wie sie sonst bei allen Übersee-Rennen gebraucht werden.
Diese mühseligen Zollprobleme könnten auch für den neuerlichen Wunsch der Inder nach einem Motorrad-GP zum Stolperstein werden.
«Die Piste wäre für einen Motorrad-GP in Ordnung, es gibt nur eine Kurve, an der wir mehr Sturzraum schaffen müssten», sagte Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta. «Aber das Problem in der Vergangenheit war immer die ‘custom clearance’, also die Zollabfertigung.»
Bei den Gesprächen mit den Behörden in Indien muss also die Bereitschaft signalisiert werden, das GP-Material ohne die üblichen Hindernisse, also ohne Zollprobleme und ohne Bankgarantien ins Land zu lassen und es auch nach dem Event wieder problemlos zum nächsten Grand Prix verfrachten zu können.
Obwohl Indien mit mehr als 1,38 Milliarden Einwohnern für eine Weltmeisterschaft ein respektabler Schauplatz wäre und für den Motorradmarkt immer mehr an Bedeutung gewinnt, beharrte die Dorna als Inhaber der kommerziellen GP-Rechte immer darauf, ohne Ärger mit dem Zoll in Indien auftreten zu können, wenn dort ein MotoGP-Event erwünscht sein sollte.
Dasselbe galt für die Superbike-WM. Das für 17. November 2014 geplante WM-Finale wurde damals im August kurzfristig abgesagt – ebenfalls wegen der Komplikationen mit den rigorosen Zollbestimmungen.
Offiziell wurden «logistische Probleme» wurden 2014 für die Absage des indischen Superbike-WM-Laufs auf dem Buddh Circuit als Grund angeführt. Zudem war der Zeitpunkt wegen der Ausschreitungen und Massenproteste in Indien gegen Vergewaltigungen von Frauen extrem ungünstig.
Eigentlich sollte die SBK 2014 bereits nach dem Saisonauftakt in Australien (10. März) in Indien aufmarschieren. Doch die indische Motorrad-Föderation FMSCI, der Motorrad-Weltverband FIM sowie Superbike-WM-Vermarkter Dorna konnten die Zollprobleme wie in den Jahren vorher schon SBK-Promoter Flammini nicht lösen. Auch eine erstmalige Austragung 2015 scheiterte, dann wurde es still um die internationalen Rennen auf dem Buddh Circuit.
Die Dorna unternahm keine Anstrengungen mehr in Indien, bis sie jetzt von hochrangigen Politikern und Behördenvertretern kontaktiert wurde.
Eines ist klar: Wenn die Inder dem MotoGP-Tross nicht die üblichen Erleichterungen bei der Zollabfertigung zugestehen, wird nie mehr ein MotoGP-Rennen in Greater Noida ins Programm kommen.
Nur das Problem der «custom clearance» zwischen Dorna und der Regierung auf höchster Ebene gelöst wird, könnte der «Bharat GP» oder GPO von Indien auf dem Buddh Circuit 2023 oder 2024 in den Kalender kommen, falls ein geeigneter Termin gefunden werden kann.
Denn ob der Kasachstan-GP 2023 am 9. Juli stattfinden kann, ist weiter fraglich – auch wegen der geopolitischen Lage.
Die Kasachen müssen sich in den nächsten Tagen entscheiden. Aber wegen des Papstbesuchs vor acht Tagen in der Hauptstadt Nur-Sultan, die bald wieder Astana heissen soll, stand dort das politische Geschehen tagelang völlig still.