Kritik an Bagnaia: Weltmeister bleibt, Worte vergehen
Pecco Bagnaia: Die Nummer 1 der MotoGP-Saison 2022
Francesco «Pecco» Bagnaia vollendete am Sonntag in Valencia die größte Aufholjagd der GP-Geschichte und kürte sich erstmals in seiner Karriere zum MotoGP-Weltmeister. Nur viereinhalb Monate zuvor hätte dies kaum jemand für möglich gehalten, denn der Italiener lag zur Halbzeit der Saison ganze 91 Punkte hinter Fabio Quartararo zurück.
Das lag einerseits an den Anlaufschwierigkeiten auf der neuen GP22, andrerseits an einer Reihe kostspieliger Fehler des Ducati-Hoffnungsträgers – wie die selbstverschuldeten Stürze in den Rennen von Doha, Le Mans und auf dem Sachsenring.
Pecco musste dafür einiges an Kritik einstecken, gerade auf den sozialen Netzwerken und häufig von Seiten seiner Landsleute. «Ich weiß, dass zu Hause auf dem Sofa schon einige bereit sind, um mit ihren negativen Kommentaren zu nerven. Das ist nicht schön», hielt der 25-Jährige etwa nach seinem mageren 15. Platz im Regenrennen von Mandalika fest.
Danach beschloss Bagnaia eigenen Aussagen zufolge, die vielen negativen Kommentare bestmöglich auszublenden. Er tat gut daran, denn selbst als er von Sieg zu Sieg eilte, wurde online geächzt, dass er nur aufgrund der Ducati-Übermacht gewinne.
Als Weltmeister gab er sich auf dieses leidige Thema angesprochen betont gelassen: «Jeder kann seine Sichtweise haben und sagen, was er denkt. Ich habe akzeptiert, dass einige Leute nicht meine Fans sein wollen, weil ihnen ein anderer Fahrer lieber ist. Ich verstehe es auch und kann sagen, dass sie die Wahrheit gesagt haben», blickte Bagnaia besonders auf den Beginn der Saison zurück. «Wenn du mit dem Druck in die Saison gehst zu gewinnen, musst du beweisen, dass du die Möglichkeit hast, Weltmeister zu werden. Ich habe das in vielen Rennen verpasst, weil ich gestürzt bin und Fehler gemacht habe.»
Der Ducati-Star gab aber zu bedenken: «Zu Beginn der Saison hat unser Motorrad nicht so gut funktioniert, es hat viel Zeit in Anspruch genommen, es zu verbessern. Dann habe ich aber schon in Portimão im Q1 einen großen Fehler gemacht, ich hätte mir beinahe das Schlüsselbein gebrochen. Es war ein schwieriges Rennen, in dem ich vom letzten Platz losgefahren bin», begann Pecco seine Aufzählung.
«In Jerez haben wir dann ein großartiges Rennen gemacht. Das war wie der Schlüssel, um wieder konkurrenzfähig zu sein», beschrieb Bagnaia seinen ersten von sieben Saisonsiegen. «In Le Mans bin ich daraufhin aber wieder gestürzt – wie ein Dummkopf. In Barcelona hatten wir Pech, weil mich Taka Nakagami berührt hat. Das kann passieren – im Gegensatz zu dem, was auf dem Sachsenring passiert ist. Denn dort habe ich versucht, Fabio zu folgen. Ich hätte das Rennen aber nicht so angehen müssen, weil ich überzeugt war, dass ich in der zweiten Rennhälfte mit dem harten Reifen konkurrenzfähiger gewesen wäre. Ich habe also eine weitere Chance ausgelassen, um vorne zu sein.»
«Ich glaube, dass es nach diesen Fehlern normal ist, kritisiert zu werden. Ich akzeptiere es. Ich habe es auch akzeptiert, als ich im Sommer auf Ibiza einen Fehler gemacht habe», verwies er auf seinen Autounfall nach einer Party-Nacht. «Es ist Teil meines Jobs, jeder kann seine Sichtweise haben. Ich versuche jedes Mal, mich selbst zu verbessern. Fehler können passieren, leider. Ohne Fehler wirst du aber nichts lernen und dich nicht weiterentwickeln. Das gehört zum Leben dazu und ich akzeptiere es.»
Im Moment des größten Triumphs wurde der neue MotoGP-Champion in Valencia auch gefragt, ob er mit Blick auf seine Kritiker etwas loswerden wolle. Pecco verpackte seine Botschaft galant, aber doch klar: «Ich bin keiner, der Groll hegt, deshalb brennt mir auch nichts auf der Seele, was ich unbedingt loswerden will», winkte er zunächst ab. Dann schob er nach: «Ich glaube, dass Jahr für Jahr viel gesagt und geredet wird, woran sich am Ende keiner mehr erinnert – im Gegensatz zu dem, der Weltmeister wird. Ich glaube, dass der Weltmeister in die Geschichtsbücher eingeht, während viele Worte in Vergessenheit geraten werden.»
MotoGP-Ergebnis, Valencia (6.11.):
1. Rins, Suzuki, 27 Rdn in 41:22,250 min
2. Brad Binder, KTM, + 0,396 sec
3. Martin, Ducati, + 1,059
4. Quartararo, Yamaha, + 1,911
5. Oliveira, KTM, + 7,122
6. Mir, Suzuki, + 7,735
7. Marini, Ducati, + 8,524
8. Bastianini, Ducati, + 12,038
9. Bagnaia, Ducati, + 14,441
10. Morbidelli, Yamaha, + 14,676
11. Bezzecchi, Ducati, + 17,655
12. Raúl Fernández, KTM, + 24,870
13. Gardner, KTM, + 26,546
14. Nakagami, Honda, + 26,610
15. Di Giannantonio, Ducati, + 31,819
16. Crutchlow, Yamaha, + 1:28,870 min
17. Alex Márquez, Honda, + 1 Runde
– Miller, Ducati, + 5 Runden
– Zarco, Ducati, + 12 Runden
– Viñales, Aprilia, + 12 Runden
– Marc Márquez, Honda, + 18 Runden
– Pol Espargaró, Honda, + 23 Runden
– Darryn Binder, Yamaha, + 23 Runden
– Aleix Espargaró, Aprilia, + 24 Runden
MotoGP-WM-Endstand (nach 20 Rennen):
1.Bagnaia 265. 2. Quartararo 248 Punkte. 3. Bastianini 219. 4. Aleix Espargaró 212. 5. Miller 189. 6. Brad Binder 188. 7. Rins 173. 8. Zarco 166. 9. Martin 152. 10. Oliveira 149. 11. Viñales 122. 12. Marini 120. 13. Marc Márquez 113. 14. Bezzecchi 111. 15. Mir 87. 16. Pol Espargaró 56. 17. Alex Márquez 50. 18. Nakagami 48. 19. Morbidelli 42. 20. Di Giannantonio 24. 21. Dovizioso 15. 22. Raúl Fernández 14. 23. Remy Gardner 13. 24. Darryn Binder 12. 25. Crutchlow 10. 26. Bradl 2.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati 448 Punkte. 2. Yamaha 256. 3. Aprilia 248. 4. KTM 240. 5. Suzuki 199. 6. Honda 155.
Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team 454 Punkte. 2. Red Bull KTM Factory 337. 3. Aprilia Racing 334. 4. Prima Pramac Racing 318. 5. Monster Energy Yamaha 290. 6. Suzuki Ecstar 260. 7. Gresini Racing 243. 8. Mooney VR46 Racing 231. 9. Repsol Honda 171. 10. LCR Honda 98. 11. WithU Yamaha RNF 37. 12. Tech3 KTM Factory 27.