Massimo Rivola: Was macht die Formel 1 besser?
Massimo Rivola mit Formel-1-Star Fernando Alonso in der Aprilia-Box
Aprilia feierte mit Aleix Espargaró in diesem Jahr den ersten MotoGP-Sieg und führte kurzzeitig sogar die prestigeträchtige Fahrer-WM an. Espargaró und sein Teamkollege Maverick Viñales sorgten in der Saison 2022 für total neun Podestplätze in der Königsklasse der Motorrad-WM.
Trotz der Erfolge stellte Aprilia Racing-CEO Massimo Rivola im Interview mit SPEEDWEEK.com fest: «Uns fehlt ein großer Sponsor.»
Tatsächlich verfügt das Werk aus Noale im Gegensatz zu den MotoGP-Werksteams der anderen Hersteller (mit Repsol, Red Bull usw.) über keinen Titelsponsor.
Massimo, warum ist es so schwierig, einen Sponsor zu finden?
Nun ja, die Corona-Pandemie war sicherlich keine Hilfe, genauso wenig die Situation mit Russland… Insgesamt ist es so, dass Firmen, die viel Geld in ein Projekt wie das unsrige stecken, heute nicht nur am Sponsoring interessiert sind – besser gesagt: Ein Sponsoring ist heute anders als in der Vergangenheit.
Früher hieß es: «Hier ist der Aufkleber, den machen wir auf das Motorrad und das war’s.» Heute geht es mehr darum, ein Business zu schaffen oder mit der Piaggio Gruppe zu verhandeln, um Business zu betreiben. Bei Castrol zum Beispiel haben wir mit einem Sponsoring begonnen, aber jetzt ist es ein technischer Partner. Wir arbeiten mit ihnen am Treibstoff, wir entwickeln das Produkt. Solche Sponsoren muss man finden.
In der Formel 1 scheinen die Sponsoren nicht zu fehlen.
Die Formel 1 erlebt einen fantastischen Moment, wenn man sich anschaut, wie sie von den Leuten wahrgenommen wird. Ich glaube, dass man die Faszination Formel 1 nicht mit der MotoGP vergleichen kann, es ist etwas viel Größeres. Aber die Show, die wir in der MotoGP bieten, ist viel besser als in der Formel 1.
Wir müssen also einen Weg finden, um insgesamt mehr Sponsoren zu bekommen und generell mehr Leute anzuziehen. Wenn man sich zahlenmäßig anschaut, wie viele Leute die Formel 1 bewegt, dann ist das etwas anderes.
Wir sollten also nicht mit dem Erreichten zufrieden sein, auch wenn der Zuspruch an den Rennstrecken nicht so schlecht ist – abgesehen von Mugello. Ich glaube, dass es einige Umstände gab, die dafür gesorgt haben, dass dieses Rennen mit Blick auf die Zuschauerzahlen nicht wirklich ein Highlight war.
Mitverantwortlich für den F1-Boom dürfte der Erfolg der Netflix-Serie «Drive to Survive» sein. Das MotoGP-Pendant auf Amazon Prime, MotoGP Unlimited, hat nicht funktioniert und wurde nach einer Saison schon wieder auf Eis gelegt.
Netflix hat der Formel 1 einen Schub gegeben, der bei unserer Doku-Serie ausgeblieben ist. Die Wirkung war nicht dieselbe. Also glaube ich, dass man sich auf Seiten der Dorna fragen muss, warum das so war. Ich habe beide Doku-Serien gesehen und mir eine Meinung dazu gebildet, aber… Ich würde nicht sagen, dass es mich nichts angeht, ich bin bereit mit der Dorna zu reden, wenn sie darüber nachdenken.
Ich glaube, dass die Formel-1-Fahrer mehr Glamour zeigen. Die MotoGP-Piloten trainieren immer, sie zeigen Leidenschaft für das, was sie tun. In der Formel 1 sieht man mehr vom Lebensstil und vielleicht hilft das den jungen Leuten dabei, die Formel 1 zu verfolgen.
Ich glaube auch, dass wir neue Ideen finden müssen. Im nächsten Jahr werden wir zum Beispiel 42 Rennen haben. Da wird intensiv, für die ganze Mannschaft, vor allem aber für die Fahrer. Ich bin aber überzeugt, dass das Sprintrennen für mehr Aufmerksamkeit sorgen wird. Ich glaube, dass auch der Freitag interessanter wird – vielleicht nicht so sehr für das normale Publikum, aber für die echten Fans.
In der MotoGP bieten wir 40 explosive und spektakuläre Minuten, aber abgesehen davon gibt es nicht viel. In der Formel 1 sieht man viel mehr Vorbereitung: Die Vorbereitung des Events; das Event an sich, in dem aus der Faktor Strategie zählt. Das gibt es in der MotoGP nicht, es sei denn, wir haben ein Flag-to-Flag-Rennen.
Dazu die Funksprüche, die sehr wichtig sind, um mehr Show zu bieten.
Auch wenn ich nicht überzeugt bin, weil ich glaube, dass es für die Fahrer gefährlich ist, müssen wir einen Weg finden, um das in die MotoGP zu bringen. Es könnte eine Möglichkeit sein, dass nur der Fahrer sprechen kann, damit er nicht gestört wird. Etwas, das der Fahrer sagt, ist vielleicht super wichtig und die Leute würden dem mehr Aufmerksamkeit schenken.
Ich glaube, dass wir das Business und die Show in der MotoGP aus einem anderen Blickwinkel betrachten müssten. Es geht nicht darum, das zu kopieren, was die Formel 1 macht, sondern sich zu fragen, warum sie mehr Erfolg haben als wir.