Jorge Lorenzo: «Sie besiegten mich emotional»
Jorge Lorenzo blickt erleichtert nach vorne
Vergangene Woche wurde bekannt, dass sich Jorge Lorenzo nach einem langwierigen Verfahren gegen die Steuerbehörden in Spanien durchsetzte, die Forderungen in Millionenhöhe gestellt hatten. Nun äußerte sich der fünffache Weltmeister in einem langen Statement dazu.
«Wie ihr alle wisst, entschied ich mich vor vielen Jahren, nach Lugano zu ziehen, einer kleinen, aber modernen Stadt im Schweizer Kanton Tessin, knapp eine Stunde von Mailand entfernt», begann der gebürtige Mallorquiner. «Ich zog wie viele andere Athleten dorthin, weil ich die Ruhe brauchte, die mir der Ort bot, wenn ich gerade nicht um die halbe Welt reiste, und wegen der Möglichkeit, die Anlagen des Yamaha-Teams zum Training zu nutzen (60 km von meinem Haus entfernt). Und natürlich schätzte ich auch das Steuersystem, viel vernünftiger und weniger aggressiv und konfiskatorisch als das anderer Länder», räumte er ein.
Lorenzo weiter: «Im Juni 2017 eröffneten die spanischen Steuerbehörden eine Steuerprüfung, die meinen Status mit Schweizer Steuerwohnsitz in Frage stellte. Die Prüfung erstreckte sich über die Jahre 2013 bis 2016. Obwohl die Schweizer Behörden darauf pochten, dass meine Situation absolut legal war, stellten die Behörden Spaniens immer alles in Frage. Deshalb schickten sie hunderte Anfragen an meine Sponsoren und Teams und versuchten nicht nur Informationen zu erhalten, sondern mich öffentlich in Verruf zu bringen. Sie ließen mich in den Medien als Steuersünder dastehen. Sie gingen sogar so weit, dass sie Beamte ins Fahrerlager schickten, um mich dazu zu bewegen, ein Dokument zu unterzeichnen. Diese Leute blockierten mir den Weg, Minuten bevor ich für ein Rennen auf das Motorrad steigen würde. Ich musste auch das Geld vorstrecken, das sie von mir verlangten, um Embargos und demütigende Situation zu vermeiden (zum Beispiel auf der Liste von Betrügern zu erscheinen). Eine wahre Verhöhnung.»
Zur Erinnerung: Beim Catalunya-GP 2019 klopften die Steuerfahnder tatsächlich sogar an Lorenzos Motorhome.
«Ich habe in diesen fünfeinhalb Jahren sehr gelitten», schilderte der inzwischen 35-Jährige. «Als Profi versuchte ich immer, auf die Rennen konzentriert zu bleiben, indem ich mich vom Lärm dritter Parteien abschottete. Ich muss aber zugeben, dass dieser Druck und Kummer, den diese unfaire Jagd der spanischen Steuerbehörden erzeugte, am Ende auch mein berufliches Leben beeinflusst hat. Sie besiegten mich emotional (was andere Gegner nie taten).»
«Vor eineinhalb Jahren, Ende Juni 2021, als ich bereits vom Rennsport zurückgetreten war, sah ich endlich Licht am Ende des Tunnels. Das Gericht bestätigte die von meinen Anwälten vorgebrachten, stichhaltigen Argumente im Bezug auf die Jahre 2013, 2014 und 2015. Und natürlich sprach es mir das Geld zu, welches ich vorgestreckt hatte. Ich bekam aber nie irgendeine Form von Wiedergutmachung für den Schaden, der mir zugefügt worden war. Keine Entschuldigung, weder privat noch öffentlich, kein Brief und kein Anruf. Nichts», beklagte der 68-fache GP-Sieger und dreifache MotoGP-Weltmeister.
«Im vergangenen Dezember erfolgte eine weitere Urteilsverkündung in Bezug auf das Jahr 2016. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Albtraum nun enden wird», fasste Lorenzo zusammen.
«Steuern sind notwendig. Wenn das Geld gut verwaltet wird, was nicht immer der Fall ist, ist es eine Ehre etwas beizutragen. Dennoch müssen Steuern dort bezahlt werden, wo man lebt und wo sich der Mittelpunkt des Lebensinteresses befindet. Die Steuerbehörden von Spanien starteten eine Hexenjagd und dachten, sie hätten einen Sündenbock gefunden. Sie haben sich geirrt. Aber natürlich wird mir keiner die schlaflosen Nächte oder den Frieden zurückgeben, den ich gebraucht hätte, um mich auf die Arbeit auf der Rennstrecke zu konzentrieren», schloss das Statement des dreifachen MotoGP-Champions.