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Pit Beirer (KTM): «Concessions sorgen für Verwirrung»

Von Günther Wiesinger
«Es kann nicht sein, dass Honda und Yamaha weitreichende Concessions bekommen, Aprilia und KTM aber nicht», wundert sich KTM-Rennchef Pit Beirer.

Seit bald einem halben Jahr wird im Hersteller-Bündnis MSMA über Ideen diskutiert, wie man die japanischen Hersteller Honda und Yamaha wieder näher an die Spitze heranführen könnte. Denn nichts wäre für die Dorna Sports S.L. als Inhaber der kommerziellen GP-Rechte, die anderen Werke, die Veranstalter, Sponsoren und Fans nachträglicher als ein weiterer Rückzug eines japanischen Giganten, nachdem sich Suzuki schon Ende 2022 aus der MotoGP-WM zurückgezogen hat.

Eine Einigkeit ist nicht in Sicht. Deshalb sucht Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta nach einem gangbaren Kompromiss, und irgendwann wird er ein Machtwort sprechen. Auch wenn die Europäer nicht alle restlos begeistert sind, wenn die jahrzehntelang dominierenden Japaner jetzt Geschenke bekommen.

Denn nach den aktuellen gültigen Concessions-Regeln würde nächstes Jahr weder Honda noch Yamaha irgendwelche technischen Privilegien beanspruchen dürfen.

«Jetzt ist es an der Zeit, dass Honda und Yamaha etwas Unterstützung von jenen Firmen bekommen, die in der Vergangenheit Support erhalten haben», erklärte Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, gegenüber SPEEDWEEK.com. «Die Meisterschaft wird davon profitieren.»

«Es geht bei den Concessions immer um die totale Grundsatzdiskussion», sagt Pit Beirer, Motorsport-Direktor der Pierer Mobility AG mit den Marken KTM, GASGAS und Husqvarna. «Wir sind von KTM-Seite her mal strikt gegen Concessions. Wenn man jetzt in diese ‘balance of performance’-Geschichte eingreift und anfängt, irgendwem zu helfen, weil er hinten steht, sagen wir: Es kann nicht sein, dass Yamaha, Honda, Aprilia und KTM eng beieinander sind, aber wir von Aprilia und KTM jetzt trotzdem Concessions für Yamaha und Honda zustimmen sollen, obwohl der Unterschied zu Ducati in der Marken-WM grösser ist als unter uns vieren.»

Der Stand in der Konstrukteurs-WM: 1. Ducati, 626 Punkte. 2. KTM 334. 3. Aprilia 292. 4. Yamaha 176. 5. Honda 169.

Ducati hat also in der Konstrukteurs-WM 291 Punkte Vorsprung auf KTM. Aber KTM und Yamaha sind nur durch 158 Punkte getrennt.

Aber da die Werke bisher keine Einigkeit erzielt haben, wird voraussichtlich die Dorna ein Concessions-Paket für Yamaha und Honda diktieren.

«Ja, das haben wir dann auch zu akzeptieren. Das heisst aber nicht, dass wir unsere Meinung dazu nicht kundtun dürfen», stellte Pit Beirer im Interview mit SPEEDWEEK.com fest.

«Wir sind strikt gegen neue Concessions-Vorschriften, denn es ist ein bestimmtes Reglement dazu in Kraft. Über dieses Reglement sind Aprilia 2015 und KTM 2017 in die Klasse eingestiegen», sagt Beirer. «Ein Neueinsteiger erhält ein paar ordentliche Vorteile, und du musst längere Zeit relativ schlecht sein, dass du wieder rausfällst und neue Concessions kriegst. Aber wenn du ohne Concessions fährst und du ein vollwertiges Mitglied der MotoGP-Gesellschaft bist, musst du dich beinhart der Konkurrenz stellen.»

Beirer bekräftigt noch einmal: «Ja, wir sind gegen Concessions. Punkt! Wenn aber neue Concessions eingeführt werden, kann es nicht sein, dass Aprilia und KTM übrig bleiben und wir Honda und Yamaha helfen. Denn dann muss man sich den Punktestand aller Hersteller in der Marken-WM anschauen, und es muss einen Ausgleich geben, indem man die Abstände prozentual gegenrechnet. Dann wird man merken, dass in der Konstrukteurs-WM der Erste doppelt so viele Punkte hat wie der Zweite. Bevor man jetzt Yamaha hilft, müsste man Ducati einbremsen. Wir wollen aber nicht, dass Ducati eingebremst wird. Wir würden bevorzugen, wenn das Reglement so bleibt, wie es ist. Wir würden uns lieber selbst so anstrengen, dass wir uns Stück für Stück ranarbeiten.»

Doch nach dem bisher gültigen Reglement qualifizieren sich weder Honda (zwei dritte Plätze 2022, ein Sieg und ein 3. Platz 2023) noch Yamaha (3 Siege 2022, vier zweite Plätze 2022, ein dritter Platz 2022, dazu drei dritte Plätze 2023) für Concessions, weil sie in den letzten zwei Jahren zu viele Siege oder Podestplätze erzielt haben.

Pit Beirer: «Massive Vorteile nicht gerechtfertigt»

«Ducati hat in den letzten Jahren einen Superjob gemacht. Deshalb sind wir nicht der Meinung, es soll Concessions geben, nicht für Honda und Yamaha und nicht gegen Ducati», ergänzte Pit Beirer. «Wenn es Concessions für die Japaner geben soll, muss man sich den Punktestand aller Hersteller anschauen.»

«Honda hat 2023 einen Sieg. Bist du dann so schlecht, dass du Concessions verdienst? Fabio Quartararo hat in diesem Jahr drei Podiumsplätze erreicht. Er war auch in Sepang ganz ordentlich dabei; zwei Yamaha sind vor der besten KTM gelandet. Man muss den beiden japanischen Werken also keine so weitreichenden und massiven Vorteile gewähren. Freie Motorenentwicklung das ganze Jahr, zwei Motoren mehr, ein zusätzliches Aero-Update – diese Vorschläge, die da im Raum stehen, sind zu großzügig. Und  – vom Standpunkt von Aprilia und KTM aus betrachtet – sehr einseitig. Denn Aprilia hat 2023 sechs Sonntags-Podien, KTM fünf, Yamaha hat drei.»

«Am liebsten würde ich die Diskussion über die Concessions jetzt stoppen», meint Pit Beirer. «Denn die Diskussion, wem geben wir wie viele Testreifen, wem nehmen wir welche weg, macht die Situation für die ganzen Zuschauer verwirrend, für uns als Werk ebenfalls. Wir halten das bestehende Reglement für sehr gut. Wir sollten deshalb jetzt in den Leistungsstand der Werke nicht eingreifen. Denn es ist unser Kaffee, uns an die Besten heranzurobben. Wenn man das Geld in die Fahrergagen steckt und nicht in die Motorradentwicklung, rächt sich das irgendwann.»

«Ich finde Rennklassen sehr verwirrend, bei denen von aussen in den Leistungsstand des Materials eingegriffen wird», deponierte der KTM-Rennchef. «Das Reglement muss klar verständlich bleiben – für alle Zuschauer und alle Beteiligten im Fahrerlager. Dann hast du coolen Rennsport.»

Nachsatz des 250-ccm-Motocross-Vizeweltmeisters von 1999: «Man sollte lieber mal darüber diskutieren, wie man die überzogene Aero-Entwicklung und die Ride Height Devices wegbekommt und die Reifendruckproblematik löst. Wenn man den Fahrern wieder das Fahrzeug vermehrt in die Hand gibt, kann der Pilot wieder mehr Unterschied machen – und nicht nur das Material.»

Momentan werden Honda und Yamaha für 2024 folgende «concessions» in Aussicht gestellt:

- Motorenentwicklung ab Saisonstart nicht eingefroren;
- Zwei Motoren pro Fahrer mehr als die Europäer, also zehn statt acht;
- Vier statt drei Teststrecken;
- Zwei statt ein Aero-Update pro Fahrer und Saison;
- Beliebige Anzahl an zusätzlichen Testtagen für die Stammfahrer («contracted riders»). Zum Beispiel auch Teilnahme am Drei-Tage Shakedown-Test in Sepang im Februar.

Die geplanten Einschränkungen für Ducati:

- Zwei statt sechs Wildcards pro Jahr (oder gar keine), damit nicht neun Ducati im 23-Fahrer-Feld mitfahren wie in Sepang;
- 140 statt 170 Testreifen pro Saison.

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