MotoGP: Sind böse Streithähne die besseren Helden?
Pecco Bagnaia (li.) und Marc Marquez: 2025 die Traum- oder Albtraum-Paarung im Ducati-Werksteam?
In der aktuellen MotoGP-Ära geht es eng zu und viele Fahrer kämpfen um den Sieg. In den 1950er-Jahren gab es in der Motorrad-Weltmeisterschaft eine gewisse Vielfalt an Motorrädern und Fahrern, jedoch nur wenige unterschiedliche Sieger. Dann tauchten die Japaner auf und in den kleineren Klassen ging es ordentlich zur Sache. In der Königsklasse hatten wir seit 70 Jahren nicht mehr so eine Vielfalt.
Auf der technischen Seite boomt derzeit das Startfeld. Es gibt drei starke Werksteams – Ducati, Aprilia und KTM, die um die vorderen Positionen kämpfen. Die Roten haben derzeit noch die Nase vorn, aber es wird immer enger und der Vorsprung schmilzt nach und nach. Aprilia hat in diesem Jahr bereits drei Sprint-Siege und einen Grand-Prix-Triumph errungen, KTM klopft immer wieder an die Tür.
Dann sind da noch die beiden strauchelnden japanischen Hersteller – Honda und Yamaha. Für beide sieht es momentan düster aus, vor allem für Honda. Aber sie bemühen sich, wieder auf die Beine zu kommen und in Anbetracht ihrer Größe und ihres Budgets muss man davon ausgehen, dass sie Erfolg haben werden. Eines der beiden Werke auf lang- oder mittelfristige Sicht zu unterschätzen, wäre falsch.
Der Technik-Boom hat jedoch nichts mit dem Anstieg an Talenten zu tun. Dieser ist zweifelsohne den Nachwuchsprogrammen, vor allen denen in Spanien, geschuldet, wo man sich in der Vergangenheit noch lediglich auf den Enthusiasmus und das natürliche Talent verlassen hat, um das Feld aufzufüllen.
Jetzt gibt es in der MotoGP eine Klasse von brillanten Fahrern, die von den alten und neuen Genies aus Spanien angeführt werden: Marc Marquez und Pedro Acosta. Man könnte meinen, dass sich Letzterer erst noch beweisen muss, wenn man bedenkt, dass Marquez in seiner Rookie-Saison nicht nur sechs Rennen, sondern auch den Titel gewonnen hat – und das gegen so starke Gegner wie Lorenzo, Pedrosa und Rossi. Acosta hat das nicht ganz erreicht, aber seine Leistungen sind bislang trotzdem beeindruckend. Ihm läuft aber die Zeit davon, um Marc die Krone des «Jüngsten» abzunehmen – um das zu erreichen, muss er auf dem Sachsenring in Deutschland gewinnen. Wie auch immer, sein erster Sieg ist nur noch eine Frage der Zeit.
Die Qualität dazwischen ist alles andere als minderwertig. Einige, wenn auch nicht alle, sehen Bagnaia schon auf einer Stufe mit den Größten aller Zeiten. Für mich ist er einer der Besten aller Zeiten – Ansichtssache. Jorge Martin teilt diesen Status, könnte sich aber noch steigern. Natürlich sind beide brillant. Nicht zu vergessen: Wundertüte Maverick Vinales – in der einen Woche ein Außenseiter, in der nächsten unschlagbar. Oder der Meister des Überholens Brad Binder, auf den die Tatsache, dass das Überholen heutzutage fast unmöglich ist, schlicht nicht zutrifft. Die nächsten auf der Liste sind der immer wieder unterschätzte Enea Bastianini, dessen Tempo in den letzten Rennen oft unschlagbar war, und Fabio Quartararo, der durch die unterlegene Yamaha wie gelähmt ist.
Ganz zu schweigen von Jack Miller, Miguel Oliveira und Marco Bezzecchi, die bisher alle eine schwache Saison hatten. Immerhin haben alle drei schon Rennen gewonnen, ebenso wie Di Giannantonio, Alex Rins und Joan Mir ... Dann die Ex-Moto2-Stars, die nicht miteinander verwandten Raul und Augusto Fernandez.
Nächstes Jahr wird sich das Feld stark verschieben: Vinales und Bastianini zu KTM; Martin und Bezzecchi zu Aprilia. Und die Traum- oder vielleicht Albtraum-Werks-Ducati-Paarung Bagnaia und Marc Marquez. Es ist vieles dabei, das vor einem Jahr noch undenkbar war.
Das Fazit? Dieses Jahr ist bisher ziemlich gut, und es sieht ganz danach aus, dass es noch besser wird. Und das nächste Jahr wird dieses (wahrscheinlich) in den Schatten stellen.
Sie könnten mich als altmodisch bezeichnen, denn ich blicke gerne in die Vergangenheit zurück, die manche als das Goldene Zeitalter bezeichnen – als die verrückten «unfahrbaren» Zweitakter regierten und eine Handvoll «Aliens» die einzigen waren, die in der Lage waren, diese am Limit zu fahren.
Damals wusste man so gut wie sicher, dass einer dieser Fahrer gewinnen würde: Kenny Roberts, Freddie Spencer, Eddie Lawson, Randy Mamola, Wayne Rainey, Wayne Gardner und Kevin Schwantz. Und später nur noch ein einziger – Mick Doohan. Es gab die Elite und die Außenseiter, das hat niemanden gestört.
Was ist also besser? Eine Handvoll Götter oder ein Käfig voller Streithähne? Antworten auf eine Postkarte bitte. Aber machen Sie sich nicht die Mühe, diese abzuschicken – genießen Sie einfach, was Ihnen geboten wird.