Toprak Razgatlioglu und seine verpasste Chance
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Toprak Razgatlioglu
Die MotoGP-Piloten haben in der vergangenen Woche fleißig in Malaysia getestet. Dabei fehlte eine wichtige Person: Toprak Razgatlioglu. Wieder einmal. Der Name des Superbike-Champions wurde in den letzten Jahren mehrmals mit einem Wechsel in die MotoGP in Verbindung gebracht, aber es gab immer den einen oder anderen Stolperstein, weshalb es nicht funktionierte. Nicht zuletzt, weil er und sein Manager Kenan Sofuoglu darauf bestanden, dass er nur in ein reines Werksteam wechseln würde. Ein Schritt zu weit für potenzielle Arbeitgeber, die zu Recht oder zu Unrecht davon ausgingen, dass selbst ein so großes Talent eine gewisse Zeit braucht, um sich einzuarbeiten.
Der andere Stolperstein wird von Jahr zu Jahr größer – es ist der Lauf der Zeit. Toprak ist eindeutig ein Ausnahmetalent. Dank seiner Erfolge in der Superbike-WM kann man ihn ohne Weiteres mit Marquez, Rossi und ihren herausragenden Vorgängern vergleichen. Er hat in jeder Klasse, in der er bisher gefahren ist, brilliert. Aber er ist noch nie gegen Fahrer dieses Kalibers angetreten.
Vielleicht spielt das keine Rolle, aber man findet leicht Argumente, die das Niveau und die Leistungen der Fahrer in der seriennahen Weltmeisterschaft abwerten. Und das, obwohl sich die Technik und die Rundenzeiten von MotoGP und Superbike-WM sowie die Leistungen der Fahrer immer mehr angenähert haben, seit die MotoGP 2002 auf Viertaktmotoren umgestiegen ist.
Der Türke hat bei dieser Annäherung eine führende Rolle gespielt, nachdem er für den ersten seiner zwei Weltmeister-Titel von Kawasaki zu Yamaha gewechselt war; dann wechselte er zu BMW, um 2024 auf Anhieb den Titel zu gewinnen. Er führte die deutsche Marke von unterdurchschnittlichen Leistungen zu einer dominierenden Größe. Er entzauberte Ducati – eine Leistung, die momentan in der MotoGP nahezu unmöglich ist.
Wieder einmal schien es, als wäre es für Toprak an der Zeit, den lang erwarteten Wechsel zu vollziehen. Aber es geschah nicht. Er konnte nirgendwo hingehen, vor allem nicht auf dem Niveau, das er verlangt. Seine ehemaligen Weggefährten von Yamaha, für die er in der Vergangenheit ein MotoGP-Motorrad getestet hat, hätten vielleicht einen Platz als einer Art Werksfahrer zur Verfügung gehabt, wenn man in Betracht zieht, dass ihrem neuen Satelliten-Team Pramac die gleiche Unterstützung und Ausrüstung zugesichert wurde. Aber die Plätze waren bereits vergeben.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er ein interessanter Kandidat gewesen wäre, wenn die richtigen Fäden zur richtigen Zeit gezogen worden wären. Es bleibt zudem eine äußerst reizvolle Möglichkeit, dass Topraks aktueller Arbeitgeber BMW endlich in die Königsklasse einsteigen könnte, wenn die neuen Regeln 2027 in Kraft treten. Vor allem, weil KTM bis dahin verschwunden sein könnte, was den nötigen Platz in der Startaufstellung schaffen würde. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist das Zukunftsmusik.
Selbst wenn es dazu käme, wäre Toprak dann schon 30 Jahre alt. Nicht zu spät für einen talentierten Fahrer, um eine erfolgreiche Karriere fortzusetzen und das zu tun, was er kann – Marc Marquez wird am 17. Februar 32, Maverick Vinales ist 30. Aber es ist nicht die übliche Zeit für einen Neuanfang in einem anderen Fahrerlager, auf anderen Reifen und einem anderen, wesentlich leistungsfähigeren und ausgefeilteren Motorrad. Angesichts der engen Abstände in der MotoGP sind es Nuancen bei Erfahrung und Technik, die den Unterschied ausmachen.
Es spricht nichts dagegen, dass ein Fahrer, der auf einem Superbike gut ist, auch auf einem MotoGP-Motorrad gut ist, wenn der Zeitpunkt stimmt und er jung genug ist. Aber die Präzedenzfälle sind nicht besonders ermutigend. Carl Fogarty hätte sich leicht in Szene setzen können, wenn er früh genug die Gelegenheit dazu gefunden hätte. Sie kam nie. Trotz seiner zahlreichen Erfolge in der Superbike-Szene, sehnte er sich immer nach einem GP-Sitz.
Colin Edwards versuchte es und schlug sich in seiner mehr als zehn Jahre andauernden GP-Karriere wacker. Er gewann zwar keine Rennen, fuhr aber 12 Podestplätze ein, darunter fünf zweite Ränge. Aber der zweifache Superbike-Champion war 29 Jahre alt, als er den Wechsel vollzog. Wäre er früher umgestiegen, hätte er vielleicht weitere Rennsiege und bessere Ergebnisse in der Meisterschaft eingefahren. Das Gleiche könnte man von Scott Russell und dem einzigen GP-Sieger, der aus der Superbike-WM kam, Ben Spies sagen. Es waren respektable Leistungen, mehr aber auch nicht.
Wenn es um ernsthafte Erfolge geht, geht der Strom von Fahrern im Allgemeinen in die andere Richtung. Bautista ist nur der jüngste ehemalige GP-Sieger, der im Superbike-Fahrerlager zu größerem Ruhm gekommen ist. Diese Serie begann mit Raymond Roche im Jahr 1990, es folgten John Kocinski, Carlos Checa und Max Biaggi. Es scheint, dass die Superbikes geringere Anforderungen an die Fahrer stellen, und es einfacher ist, abzusteigen als aufzusteigen.
Tut mir leid, Toprak. Es sieht so aus, als wäre es zu spät. Und das ist wirklich schade – für dich und für die MotoGP.