MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Ducati: Neue GP13 schon in Barcelona oder Assen?

Von Nereo Balanzin
MotoGP-Projektleiter Paolo Ciabatti

MotoGP-Projektleiter Paolo Ciabatti

Paolo Ciabatti, MotoGP-Projektleiter bei Ducati Corse, über die Schwächen der GP13 und die kurzfristigen und langfristigen Ziele.

Paolo Ciabatti agierte in den letzten Jahren für die Flammini Group als Renndirektor der Superbike-WM. Für 2013 ist er zu Ducati zurückgekehrt – als Project Director für die MotoGP-Klasse. «Wir möchten im letzten Teil der Saison 2013 um Podestplätze fighten und 2014 um Siege», lautet die Zielsetzung von Ducati und Ciabatti.   

Paolo Ciabatti stammt aus Turin im Nordwesten Italiens, einer Stadt, die einst die Zentrale des Italienischen Königsreichs war. Das erwähnen wir, weil sich dort seither eine Bourgeoisie breitgemacht hat, ein gehobenes Bürgertum. Signor Ciabatti ist ein typischer Vertreter dieser vornehmen Gesellschaft. Gross, schlank, freundlich – trotzdem ein wenig zurückhaltend.

Er hat Management studiert und war schon als junger Mann mit Rallye-Fahrzeugen konfrontiert. «Ich bin die A112-Meisterschaft gefahren und bin nachher als Beifahrer in einem Renault-Alpine-Gruppe-2 und einem Lancia Stratos angetreten», erzählt er.

Heute steht in seiner Garage neben dem Firmenauto (einem Audi S4 Avant) ein 350 PS starker Ford Focus RS. Ciabatti ist begeisterter Skifahrer, sein Stil ist elegant, aber der körperlichen Fitness sind Grenzen gesetzt. «Ich habe mir beim Offroad-Fahren in jungen Jahren einmal einen Schienbeinbruch zugezogen. Die Ärzte haben den Meniskus komplett entfernt, die Bänder konnten nicht ersetzt werden. Dann haben sie die Wunde mit 100 Stichen zugenäht und gesagt: Vergiss das Skifahren und mache dich darauf gefasst, dass du mit 40 Jahren einen Gehstock brauchst. Jetzt bin ich 55 und brauche noch keinen Stock. Und ich fahre noch immer Ski. Aber nach zwei Abfahrten bin ich so müde, dann kann ich nur noch ein Bein gebrauchen.»

Grosse Hilfe durch Dovizioso
Gemeinsam mit General Manager Bernhard Gobmeier hat Paolo Ciabatti bei Ducati Corse die heikle Aufgabe übernommen, den Ruf der Firma nach zwei jämmerlichen Jahren mit Rossi wiederherzustellen. Er verlässt sich dabei stark auf die Hilfe von Andrea Dovizioso. «Er hat viel Erfahrung mit Motorrädern von Honda und Yamaha. Er weiss, was Stand der Technik ist. Und er kann den Technikern sehr präzise Angaben machen. Nicky fährt seit fünf Jahren mit diesem Motorrad; vielleicht ist er zu stark daran gewöhnt. Iannone ist ein Neuling, bei Spies ist es um die Gesundheit nicht zum besten bestellt. Leider», stellt Ciabatti fest.

Ciabatti bezeichnet den ersten Sepang-Test vom Februar als «Desaster», aber danach wurde ein Projekt mit einem Labor-Motorrad gestartet, das momentan von den Testpiloten Pirro und Battaini entwickelt wird. «Der grösste Unterschied zwischen der heutigen GP13 und der nächsten Version ist das Chassis», erzählt Ciabatti. «Man sieht auf dem ersten Blick andere Dimensionen und andere Schweisspunkte. Dazu wurden Motor und Elektronik weiterentwickelt.» Denn der Motor muss fahrbarer werden, um den Reifenverschleiss zu verringern.

«Unsere Probleme sind überall bekannt», gibt Ciabatti zu. «Die Maschine lässt sich nicht gut einlenken, du musst ein Goliath sein, um sie auf der Ideallinie zu halten, ausserdem verläuft die Kraftentfaltung beim Beschleunigen nicht linear. Du hast entweder die ganze Kraft – oder keine.»

Man braucht nicht zu erwähnen, dass die Fahrer mit so einer Kraftentfaltung keine Freude haben, zumal Dovizioso und Spies in dieser Hinsicht bei Yamaha besonders verwöhnt wurden. Ciabatti: «Zudem haben wir eine Wheelie-Tendenz. Die kannst du mit der Elektronik kontrollieren, aber ab einem gewissen Punkt reicht die Software-Option nicht mehr aus. Dann brauchst du auch ein besseres Chassis. Einige Probleme konnten wir schon beseitigen oder ihnen auf die Schliche kommen. Andere Probleme bestehen weiter. Es ist eine trickreiche Arbeit. Es geht um das Gesamtpaket. Wir wissen, in welche Richtung wir marschieren müssen. In einen Bereichen haben wir schon Fortschritte erzielt. Da können wir uns mit den besten Bikes vergleichen – Power, Beschleunigung, Übersetzung. Da müssen wir uns nicht verstecken. Wir haben so viele PS, dass wir uns fragen, ob sie wirklich unserer Performance dienlich sind. Vielleicht opfern wir ein paar PS zugunsten der Fahrbarkeit. Aber man muss berücksichtigen: Sobald wir am Motor etwas finden, können wir das nicht blitzartig bei den Rennen einsetzen, weil wir nur fünf Motoren pro Saison benützen können; wir müssen zuerst die verplombten Triebwerke verbrauchen, bevor wir etwas Neues probieren können. Kurz gesagt: Wir brauchen viel Zeit. Wir werden frühestens im Juni ein Motorrad einsetzen, das sich von den heutigen unterscheidet, in Barcelona oder Assen.»

Ciabatti fährt fort: «Dovizioso weiss das. Er ist ein Kerl, dem du nicht irgendetwas erzählen kannst, damit er glücklich ist. Du musst ihm die ganze Wahrheit sagen. Mit aller Deutlichkeit. Dovi weiss, was wir machen und wann wir mit ersten Resultaten rechnen. Das nächste Motorrad wird sich deutlich von der jetzigen GP13 unterscheiden. Auch wenn man von aussen keinen Riesenunterschied wahrnehmen wird.»
 
Ciabatti: «Wir brauchen Zeit»
Bei Ducati Corse weht ein frischer Wind. «In der Vergangenheit waren sie immer von der Idee besessen, dass sie sehr nahe vor einem Sieg, vor einem Durchbruch stehen», meint Ciabatti. «Wir haben vernünftigere Ziele. Auch wir streben Siege an, daran hat sich nichts geändert. Aber wir sind uns bewusst, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird.»

Casey Stoner ist bei Ducati vielleicht unterschätzt worden. Und erst seit Rossi bei Ducati war, wird dort stärker auf die Fahrer gehört.

Es war vielleicht doch nicht alles vergeblich.

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