Zwei Tage vor WM-Start: Ducati erhält Open-Vorteile!
Cal Crutchlow (li.) und Andrea Dovizioso
Seit Dienstag letzter Woche stritten die Mitglieder der Grand Prix Commission um eine Lösung für das Ducati-Werksteam, das sich am 28. Februar mit Andrea Dovizioso, Cal Crutchlow und Andrea Iannone für die MotoGP-WM 2014 in der Open Class statt im Factory-Modus angemeldet hat.
Vor dem Wochenende sind die Parteien Dorna, FIM (Weltverband), IRTA (Teamvereinigung) und MSMA (Hersteller) einer Einigung nahe gekommen. Am gestrigen Montag gab es noch kleine Anpassungen, die heute von allen Beteiligten unterzeichnet werden mussten, ehe sie kommuniziert werden konnten.
Der Vorschlag von Dorna und FIM wurde weitgehend angenommen. Das heisst: Die drei Ducati-Asse können alle Vorzüge der Open Class nützen – und sogar ihre eigene Elektronik-Software verwenden. Ducati tritt aber offiziell im Factory-Status an.
Sobald die drei Ducati-Werksfahrer zusammen drei dritte, zwei zweite Plätze oder einen Sieg erringen, wird der Tankinhalt von 24 auf 22 Liter beschränkt. Die nicht eingefrorene Motorenentwicklung bleibt aber aufrecht, auch die in der Open Class gelockerten Testverbote. Und wenn Ducati drei Siege geschafft hat, verliert das Werk das Anrecht auf die weicheren Hinterreifen.
Der von der Dorna ins Spiel gebrachte Begriff «Factory 2» für das Ducati-Paket wird nicht verwendet. Denn drei Kategorien – das würde keiner verstehen.
Natürlich kann man diesen Kompromiss als «Lex Ducati» betrachten.
Aber die GP-Kommission hatte 2010 auch eine «Lex Suzuki» eingeführt. Weil die 800-ccm-GSV-R-Motoren damals nicht standfest genug waren, durfte Suzuki in der Saison 2011 neun statt sechs Motoren verwenden. Offizieller Grund: Suzuki hatte drei Jahre im Trockenen kein Rennen gewonnen.
Jetzt kommt Ducati statt eines japanischen Werks in den Genuss technischer Zugeständnisse. Ducati hat seit Oktober 2010 keinen WM-Lauf mehr gewonnen. Das neue Reglement sieht vor: Wer in der vorherigen Saison keinen WM-Lauf gewonnen, hat kann alle erwähnten Open-Vorzüge nützen. Diese Zugeständnisse bleiben bis zum Start der Saison 2016 aufrecht.
Dazu kommt: Ducati kann 2014 zwölf Motoren verwenden, weil sie im Vorjahr sieglos geblieben sind. Auch ein neuer Hersteller bekommt künftig zwölf Motoren – Good News für Suzuki 2015.
Zur Erinnerung: Die Factory-Teams von Honda und Yamaha (es handelt sich nur noch um acht Fahrer) dürfen pro Fahrer und Saison nur fünf Triebwerke einsetzen.
Honda und Yamaha wetterten gegen diese «Lex Ducati», ehe ein Konsens gefunden wurde. Dorna und FIM garantieren Honda, Yamaha und Suzuki die Beibehaltung ihrer eigenen Elektronik-Software bis inklusive 2016, dafür haben die Japaner für die Ducati-Asse die Nutzung der Open Class-Vorteile abgesegnet.
Und alle Werke sollen in den nächsten zwei Jahren Know-how für die künftige Einheits-ECU beisteuern. Auf einer verschlüsselten «User-Website» konnen alle Teams die Entwicklung der ECU von Magneti Marelli online beobachten.
Honda konnte nicht ewig Widerstand leisten: In der Formel 1 existiert die Einheits-ECU seit Jahren, trotzdem kommt Honda 2015 zurück.
Dieser Deal kennzeichnet eine Systemänderung in der MotoGP-WM. Die Dorna hat erstmals in der Grand Prix Commission technische Änderungen gegen den heftigen Widerstand der Hersteller durchgesetzt. Den Machtverlust in der GP-Kommission haben sich die japanischen Werke selbst zuzuschreiben. Honda war jahrelang uneinsichtig und hat die Kosten für die MotoGP-Kundenteams zwischen 2006 und 2012 verdoppelt, auch im Angesicht der Finanzkrise – Lehman Brothers kollabierte am 15. September 2008.
Wenn sich die «Lex Ducati» in diesem Jahr bewährt, könnten zusätzliche Handicap-Formeln in den nächsten Jahren in der MotoGP-WM Einzug halten. Dann könnten siegreiche Teams mit Zusatzgewichten bestraft werden, mit noch weniger Tankinhalt – oder weniger Motoren.