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Bridgestone: Neue Reifengeneration für Le Mans-GP

Von Günther Wiesinger
Schimpfte an meisten über Bridgestone: Jorge Lorenzo

Schimpfte an meisten über Bridgestone: Jorge Lorenzo

Bridgestone-Koordinator Thomas Scholz über die Kritik an den neuen MotoGP-Reifen, die Vergesslichkeit von Jorge Lorenzo und die Schwierigkeit mancher Pisten.

Rund 20 Millionen Euro lässt sich Bridgestone den Einheitsreifen-Deal in der MotoGP-WM pro Jahr kosten, obwohl die Reifen bei den geringsten Problemen von den Fahrern meist heftig kritisiert werden.

Der zweite Drei-Jahres-Deal läuft Ende 2014 aus, dann wird ein Einjahres-Vertrag mit der Dorna unterschrieben, weil für einen neuen Hersteller für 2015 ohnedies schon die Zeit davonläuft.

Für 2016 sollen auch Dunlop, Pirelli und Michelin neben Bridgestone ihre Bewerbungen einreichen. Nach menschlichem Ermessen wird Michelin als einziger ernstzunehmender Wettbewerber antreten.

Zuletzt gab es lautstarke Kritik an den neuen, hitzebeständigen Reifen, die aus Sicherheitsgründen für 2014 entwickelt wurden, nachdem die letztjährige Konstruktion in Australien maximal zehn Runden gehalten hatte. Doch die widerstandsfähigeren Reifen boten auf den Low-Grip-Pisten in Sepang und Losail nicht genug Haftung. Obwohl die Rundenzeiten eine andere Sprache sprechen.

Marc Márquez verwendete jedenfalls im Rennen den von anderen Piloten viel geschmähten harten Hinterreifen. Er gewann.
15 von 23 MotoGP-Fahrern nahmen den «Medium», sieben aus der  Open-Class fuhren den Soft-Hinterreifen, nur nicht die vier Ducati und die zwei Forward-Yamaha-Fahrer Aleix Espargaró und Colin Edwards.

Auch die Gefahr, dass sich Ducati-Piloten mit dem weichen Hinterreifen in den Rennen zumindest in der Anfangsphase Vorteile verschaffen würden, war bisher unberechtigt. Denn nur sieben Open-Fahrer wagten sich mit der Soft-Mischung hinten ins Rennen, also keine Ducati und keine Yamaha.

«Das macht doch alles soweit Sinn», betont Thomas Scholz, Chief Coordinator von Bridgestone Motorsport. «Denn damit sind die weichen Hinterreifen nicht nur als Qualifyer brauchbar, was wir ja vermeiden wollen.»

Sondern sie dienen den richtigen Open-Fahrern von Avintia-Kawasaki, Aprilia und PBM Aprilia oder teilweise den Honda-Production-Fahrern auch als Rennreifen.

Trotzdem hat Bridgestone auf die Beschwerden der Fahrer reagiert, die bereits im Februar in Sepang begannen. Es wird eine neue Reifengeneration entwickelt.

Thomas, in Le Mans wird es also Mitte Mai eine Neukonstruktion der Bridgestone-Reifen für die MotoGP-Fahrer geben? Warum eigentlich?

Ja, das kann ich erklären. Das eine ist ja, was die Fahrer fühlen und was die Fahrer sehen. Wir müssen aber auch zu dem Punkt kommen, was die Fahrer halt nicht sehen.
Wir haben diese jetzige Konstruktion im Vorjahr bei genau fünf Rennen mit Low-Grip-Belag eingesetzt, also auf Strecken, die besonders schwierig sind für uns. Assen, Mugello, Sachsenring, Indianapolis, Phillip Island.

Warum sind genau das so schwierige Pisten für euch?

Auf dem Sachsenring und auf Phillip Island besteht das Problem, dass es überwiegend Linkskurven gibt. In Assen hast du zum Beispiel durch die überhöhten Kurven eine hohe Last auf den Reifen, in Mugello aus den genau gleichen Gründen. Wir haben bemerkt, dass dort die Reifentemperaturen sehr hoch ansteigen. Dann kommt es im Reifeninnern zu diesen Blasenbildungen, und diese Blasen platzen irgendwann durch, wie es in Australien passiert ist.
Also brauchen wir Reifen, bei denen wir diese Blasenbildung vermeiden.
Was die Fahrer nicht berücksichtigen: Es gibt Rennstrecken, da sind wir im grünen Bereich. Aber es gibt über die fünf erwähnten Pisten auch noch Rennstrecken, wo wir nach der Renndistanz am Limit waren.
Mit den alten Reifen der mittleren Mischung waren wir auch 2013 in Katar am Limit. Deshalb mussten wir aus Sicherheitsgründen für Katar 2014 widerstandsfähigere Reifen liefern. Wir müssen an die Zukunft denken. Die Motorräder werden schneller, das wollen wir ja alle, es gibt seit zwei Jahren 1000 statt 800 ccm, das bedeutet mehr Drehmoment, sie sind auch schwerer geworden, von 145 in Etappen auf 160 kg. Es kommen also mehrere Faktoren zusammen, die wir bei unserer Entwicklung berücksichtigen müssen.
Also haben wir nicht nur für die fünf kritischen Strecken neue Reifen entwickelt, sondern für ein paar mehr. Wenn wir im alten Stil weitergemacht hätten, wären sonst 2014 auf zusätzlichen Pisten Probleme entstanden. Wir mussten also unseren Plan mit dieser speziellen Sicherheitskonstruktion durchziehen.
Die mag jetzt kein Fahrer, gut.
Womit wir definitiv nicht gerechnet haben: Dass sich diese relativ kleine konstruktive Änderung auf den Low-Grip-Pisten so stark auswirkt. Besonders bei Fahrern wie Lorenzo, der halt mit extrem viel Schräglage fährt. Das haben wir unterschätzt.
Wir haben gleich nach dem zweiten Sepang-Test darüber gesprochen und entschieden: Wir müssen diese Konstruktion beibehalten aus Sicherheitsgründen, obwohl es auf einzelnen Strecken noch mit den 2013-Reifen gehen würde.
Aber wenn wir die bisherigen Reifen nur für ein paar einzelne Strecken bauen, wird das logistisch zu kompliziert. Wir müssen unsere Linie durchziehen.
Um die Kritik der Fahrer zu entschärfen, machen wir jetzt für Le Mans folgendes: Diese konstruktive Änderung , die wir bisher nur für die harten Hinterradreifen gemacht haben, die machen wir jetzt auch für die Medium-Mischungen. Wir werden dort auf der Seitenflanke durch eine geänderte Konstruktion und eine geänderte Gummimischung mehr Grip im Edge-Bereich erzeugen.
Wir werden also auf den Pisten mit wenig Grip neue Medium-Mischungen bringen, die mehr Grip haben. Das haben wir dem Herrn Lorenzo beim Australien-Test von 3. bis 5. März sehr deutlich vorgebetet.
Dann kam er nach Katar, es klappte nicht gleich im ersten Training, er war gleich wieder neben der Kappe...

Es heisst dann immer «null Grip». Trotzdem wird genau so schnell gefahren wie im Vorjahr?

Ja, wir werden mit Kritik zugemüllt, besonders in den spanischen Medien. Unsere Reifen seien Mist, das sei alles zu gefährlich. Aber das ist alles nicht objektiv. Man muss auch andere Aspekte mal betrachten.
Was uns enttäuscht: Wir haben Lorenzo in Australien alles im Detail erklärt. Zwei Wochen später hatte er wieder alles vergessen.

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