LCR-Teamchef Lucio Cecchinello: Seine Ziele mit Bradl
Stefan Bradl brauste beim MotoGP-Rennen von Le Mans vor 88.000 Zuschauern vom vierten Startplatz los, dann kämpfte er hinter Andrea Dovizioso auf Rang 2, ehe ihn Rossi auf Platz 3 verdrängte.
Als Pol Espargaró vorrückte, lag Bradl zwei Runden an vierter Stelle, dann war er ab Runde 6 noch einmal vier Runden lang Dritter.
Natürlich wirkte der LCR-Honda-Pilot nach der Zieldurchfahrt auf Platz 7 niedergeschlagen, auch dem Team war die Enttäuschung anzusehen.
Bradl sagte, man habe nach dem Warm-up eine Set-up-Änderung gemacht, die für mehr «edge grip» (Seitenhaftung) sorgen sollte, aber es wurde genau das Gegenteil erreicht.
«Die Gegner sind mit mehr Drive aus den Kurven rausgekommen, dadurch hatten sie mehr Speed, so konnten sie mich in den Bremszonen überholen», schilderte Bradl.
LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello blickte im Gespräch mit SPEEDWEEK.com noch einmal auf dieses ereignisreiche GP-Wochenende zurück.
Lucio, Stefan Bradl hielt sich bis Runde 9 auf Platz 3, dann fiel er zurück. Wie gross ist die Enttäuschung?
Ich habe schon nach dem Qualifying gesehen, dass vom zweiten bis zum zehnten Platz neun Fahrer innerhalb von drei Zehntelsekunden waren.
Hinter Stefan lagen Rossi und Lorenzo mit identischen Zeiten. Auch Pedrosa war fast gleich schnell. Ich habe mir vorgestellt, dass das Rennen sehr hart werden würde.
In Wirklichkeit war das Rennen am Beginn sehr gut, der zweite Teil des Rennen war nicht ganz so gut.
Insgesamt ziehe ich eine positive Bilanz. Denn wir waren im Quali auf Platz 4, wir waren lange im Fight um einen Podestplatz dabei, und als Stefan einen riesigen Vorderradrutscher hatte, verlor er zwei Plätze. Er hat dann gemerkt, dass er den Speed reduzieren muss. Ich akzeptiere dieses Resultat, auch wenn wir nicht ganz komplett glücklich damit sind.
An unserem System wird sich nichts ändern, wir werden arbeiten, arbeiten, arbeiten, wir werden alle Set-up-Details anschauen, um rauszufinden, warum es nicht so gut funktioniert hat.
Wenn wir jammern, bringt uns das nicht weiter.
Als Stefan auf Platz 3 war, hast du mit einem Podestplatz spekuliert?
Natürlich habe ich gehofft... Ich habe aber auch nach hinten geblickt und gesehen, dass die Verfolgergruppe Fehler machte. Da hat sich einiges abgespielt, was nicht normal war.
Natürlich hoffte ich auf einen Podestplatz. Aber ich war mir bewusst, es kann auch ein vierter oder fünfter Platz werden. Einen siebten Platz habe ich nicht erwartet.
Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass Bautista so rasch von hinten vorrücken würde. Gratulation auch an Pol Espargaró. Man wusste, es wird schwierig sein für Stefan, Valentino, Pedrosa und Lorenzo zu besiegen, Márquez sowieso. Aber Platz 5 habe ich für möglich gehalten.
Das Team hat versucht, durch eine Set-up-Änderung im Rennen mehr Seitengrip zu erzeugen. Stefan sagte, der Grip wäre aber weniger gewesen als vorher.
Ich weiss, dass wir ein anderes Federbein getestet haben, das nicht funktioniert hat, wir sind dann wieder auf das Original-Set-up umgestiegen. Wir haben das Set-up vom Samstag verwendet. Es war offenbar nicht ideal, weil die Asphalttemperatur am Sonntag höher war.
Du hast im Winter fünfte Plätze als Ziel ausgegeben. In Le Mans ist Pedrosa vor Lorenzo Fünfter geworden. Die Weltmeisterschaft 2014 ist sehr hart umkämpft.
Ich glaube immer noch, dass wir Fünfter werden können. Wir können auch in der WM auf Platz 5 kommen. Mir ist klar, dass Piloten mit riesiger Erfahrung wie Rossi, Lorenzo und Pedrosa normal vor uns sind, dazu Márquez. Er fährt im Moment auf einem anderen Level.
Aber es ist für uns nicht unmöglich, Dovizioso zu besiegen, Pol Espargaró und Bautista.
Ein positiver Aspekt: Stefan hatte keine Beschwerden im operierten rechten Unterarm.
Ja, die Hand machte kein Problem. Stefan ist drei Tage nicht gestürzt, er hat nie einen Bremspunkt verpasst, er ist das ganze Wochenende sehr konzentriert gefahren. (Er seufzt).
Jeder schaut auf die Performance von Márquez. Aber ein so talentierter Fahrer taucht nur alle 10 oder 20 Jahre auf. Hut ab!
Wir müssen uns anschauen, was wir zur Verfügung haben. Wir haben einen der besten oder den besten nordeuropäischen Fahrer der letzten 30 Jahre. Ich sehe in Deutschland, in England, in den Niederlanden, Schweden oder sonst wo keinen anderen Fahrer, der so komplett, so stark, so intelligent und so seriös ist wie Stefan.
Wir haben im MotoGP-Rennen von Le Mans fünf Spanier unter den ersten sechs gesehen. Unser Projekt zielt darauf ab, einen nordeuropäischen Spitzenfahrer unter die ersten fünf der MotoGP-WM zu bringen. Das halte ich für meine Aufgabe. Daran möchte ich arbeiten, auch in Zukunft.