Carmelo Ezpeleta: Was er zum Jerez-Steuerskandal sagt
Der spanische Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta wird seit Monaten mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe als Teilhaber der Firma «Gestion de Circuito Jerez» im Rahmen der Motorrad-GP in Jerez in den Jahren 2006 bis 2009 Einnahmen in der Höhe bis zu 28,8 Millionen Euro nicht deklariert und nicht versteuert.
In Müllsäcken soll damals das Schwarzgeld von der Rennstrecke abtransportiert worden sein, es wurde in Bankschliessfächern gelagert. Der Vorwurf der Steuerhinterziehung wurde vor einem ehemaligen Mitarbeiter der Rennstrecke von Jerez ins Rollen gebracht und von der Lokalzeitung «Diario de Jerez» an die Öffentlichkeit gebracht.
Der Ex-Mitarbeiter sagte gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft aus, es sei jahrelang eine doppelte Buchhaltung geführt worden. Ursprünglich hatten sich die Anschuldigungen sogar auf den Zeitraum von 1996 bis 2011 erstreckt.
«Diario de Jerez» hat berichtet, dass Polizei und Steuerprüfer den Jerez-GP 2014 überwacht haben. Sie wollten herausfinden, wie viele Besucher wirklich bei einem Jerez-GP anwesend und wie groß die tatsächlichen Kapazitäten sind. Dies sei nötig, um einen Vergleichswert für die offiziellen Zahlen der Veranstalter in den vergangenen Jahren zu erhalten.
Wie stark Carmelo Ezpeleta in die mysteriösen Vorgänge um den Jerez-GP verwickelt war, wie stark er in die angeblichen Machenschaften eingeweiht war und was er alles darüber wusste, muss von den Behörden ermittelt werden.
Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com hat Carmelo Ezpeleta erstmals zu diesem brisanten Thema Stellung genommen. Er hält die Vorwürfe für ungerechtfertigt.
«Vor 18 Jahren hat der damalige Bürgermeister von Jerez entschieden, dass die Stadtregierung die Rennstrecke in Jerez nicht mehr betreiben will», schilderte der MotoGP-Chef. «Also haben wir zugestimmt, eine Firma gegründet und eine gewisse Summe bezahlt. Als CVC 1988 bei der Dorna als Grossaktionär eingestiegen ist, haben sie gesagt, sie wollen nicht als Betreiber einer Rennstrecke auftreten. Also haben wir eine neue Firma ins Leben gerufen, an der die Dorna keine Anteile mehr hatte, an der ich aber persönlich beteiligt war. Wir hatten keine Absicht, mit dieser Firma Gewinne zu erwirtschaften; diese Firma war 18 Jahre lang aktiv. Als die neue Regierung ins Amt kam und sagte, sie wollen das Management über den Circuito de Jerez wieder übernehmen, waren wir glücklich.»
Als die Firma «Gestion de Circuito Jerez» stillgelegt wurde, wurde die in Spanien in solchen Fällen übliche Steuerprüfung vorgenommen.
Geschönte Zahlen gehören zum guten Ton
Wie bei allen Motorrad-GP rund um die Welt seien jahrelang für den Renntag offiziell 100.000 Zuschauer bekanntgegeben worden, sagt Ezpeleta, es seien aber meist nur 58.000 Tickets für den Sonntag verkauft worden.
Diese geschönten Zahlen werden auch von anderen Veranstaltern preisgegeben, weil es wohl bei den Sponsoren, bei den Medien und bei den oftmals beteiligten Politikern besser wirkt, wenn die Zahlen aufgebauscht werden.
Brünn gab zum Beispiel im Vorjahr 222.000 Zuschauer für drei Tage an, es wird kaum die Hälfte gewesen sein. In Argentinien 2014 war auch von 100.000 Zuschauern die Rede, in Wahrheit waren es 52.000.
«Natürlich haben wir die Steuern nur für die tatsächlich verkauften 58.000 Tickets bezahlt», betont Carmelo Ezpeleta.
Da die Tageszeitungen und TV-Sender beim Jerez-GP jahrelang und regelmässig über 100.000 Zuschauer berichteten, sollte die «Gestion de Jerez» jetzt für die vermeintlich nicht deklarierten Einnahmen Steuern nachzahlen.
De Vorwürfe könnten sich bald in Luft auflösen, hoffen die Beschuldigten. Denn 2012 wurde der Grand Prix durch die Stadtregierung von Jerez veranstaltet, die die Rennstrecke jetzt wieder betreibt und sich beim besten Willen keine Tricksereien bei den Einnahmen leisten kann. Auch der neue Promoter 2013 und 2014 hat ähnliche offizielle Ticketverkäufe und Vorverkaufszahlen deklariert wie der Veranstalter 2012 und die «Gestion de Circuito Jerez» in den umstrittenen Jahren.