Jack Miller/MotoGP: «Ich bin ein Clown»
Jack Miller in Sepang
Als Casey Stoner 2012 den sechsten und letzten MotoGP-Sieg hintereinander auf Phillip Island erkämpfte, war sein mutmasslicher Nachfolger noch ein unentdeckt. Jack Miller war ein unbeschriebenes Blatt.
Aber er mischte damals bereits beim Australien-GP mit, er fuhr im armseligen italienischen Caretta-Technology-Team eine nicht konkurrenzfähige Kiste. Der damals 17-Jährige aus Townsville brachte keinen Fuss auf den Boden.
Im Moto3-Rennen auf Phillip Island landete Jack auf Platz 21. Er musste eine Boxendurchfahrtsstrafe ausführen – wegen eines Frühstarts.
Doch 2013 setzte sich Jack Miller im Racing Team Germany durch, er wurde WM-Siebter auf einer FTR-Honda, zeigte viel Kampfgeist – und wurde deshalb von Red Bull KTM engagiert.
Und nach fünf GP-Siegen 2014 und sechs Monate andauernder WM-Führung hat Miller jetzt einen Drei-Jahres-Vertrag bei HRC in der Tasche. Er wird 2015 bei LCR-Honda eine Open-Maschine fahren, das ist fix. 2015 soll er ein Factory-Bike erhalten, wohl auch bei LCR. 2016 soll er im besten Fall Dani Pedrosa bei Repsol-Honda ersetzen, wenn er die Ansprüche von Honda erfüllt.
Übrigens: Auch Casey Stoner hat 2006 seine MotoGP-Karriere bei LCR-Honda begonnen.
Miller hat 2014 den Durchbruch geschafft, doch nach einigen Fehlern (Stürze in Assen, Aragón) entglitt ihm die Führung in der Moto3-WM.
«JackAss» Miller ist eine ganz andere Persönlichkeit als die drei australischen MotoGP-Weltmeister Wayne Gardner, Mick Doohan und Casey Stoner.
Gardner war ein Draufgänger, sehr zugänglich neben der Piste. Doohan war ein grantiger Geselle, er ging keine Kompromisse ein und kümmerte sich nur um seinen Job im Rennsattel. Stoner war neben der Piste möglichst wortkarg, die Fans waren für ihn nebensächlich, er glänzte lieber als Rennfahrer. Die Journalisten betrachtete er als natürliche Feinde.
Miller hingegen stellt sich gerne in der Öffentlichkeit dar, er hat exhibitionistische Züge, er stülpt sein Innerstes nach aussen, er klopft gern Sprüche, er hat immer Zeit für die Fans und die Medien.
Und er sagt gerne, dass er keinen Druck spürt. Alle andern Fahrer jammern darüber. «Viele Leute reden mir ein, ich hätte Druck von da und dort, aber ich betrachte das eher als Bonus», betont Miller. «Zum Beispiel auf Phillip Island. Es war ein Traum, dort vor zwei Wochen als WM-Anwärter hinzukommen und im Mittelpunkt zu stehen. Ich bin ein 'attention-seeker', ich ziehe gern die Aufmerksamkeit auf mich, glaube ich. Aufmerksamkeit ist immer gut. Ich bin ein Clown. Ich bringe die Leute gerne zum Lachen. Ich habe Blödsinn, wenn dabei die TV-Kameras zu mir schwenken, noch besser...»
«Ich bemühe mich, ein bisschen eine Persönlichkeit darzustellen... Ich mag es, wenn die Kamera auf mich gerichtet ist, wenn ich mich wie ein Dummkopf benehme», gibt der Aussie zu.
Und der 25-Punkte-Rückstand, den er vor den letzten drei WM-Rennen hatte, störte ihn natürlich. «Das war zu viel für meinen Geschmack.»
Nach Platz 2 in Sepang liegt er noch elf Punkte hinter Márquez.
Das Rezept für die letzten Rennen ist klar: «Win it or bin it», stellte Jack vor dem Australien-GP fest.» Auf gut Deutsch: «Gewinne oder steck es in die Tonne.» Oder: «Pokal oder Hospital.»
Rivale und WM-Leader Alex Márquez ist ein langjähriger Kampfgefährte von Jack Miller, jetzt trennen sich ihre Wege. Miller steigt mit LCR-Honda in die MotoGP auf, Márquez fährt für zwei Jahre MotoGP bei Marc VDS.
«Jetzt bekommen wir mal zwei Jahre Ruhe und Abstand von einander», ist sich KTM-Star Miller bewusst.