Jack Miller: «Top-Ten in der Gesamtwertung möglich»
Im Vorjahr führte er auf der Red Bull-KTM des Ajo-Teams vom ersten bis zum letzten Rennen in der Moto3-WM, dann verspielte er den Titel mit der 250er-KTM um zwei lausige Punkte gegen Alex Márquez auf der Estrella Galicia 0,0-Honda.
Jetzt beginnt für Jack Miller (19) das MotoGP-Abenteuer, er überspringt die Moto2-WM, in der sich zum Beispiel Marc Márquez zwei Jahre und Pol Espargaró drei Jahre auf die Königsklasse vorbereitet haben, Stefan Bradl steuerte die 600-ccm-Maschine ebenfalls zwei Jahre lang.
Miller schloss das erste grosse Kräftemessen auf der 1000-ccm-Honda in Malaysia an 20. Stelle ab, er verlor 3 Sekunden auf Márquez und 1,6 Sekunden auf den besten Open-Class-Fahrer (Stefan Bradl).
Jack Miller bereut trotz der mühsamen Angewöhnungsphase nicht, die Moto2-Klasse als erster Fahrer übersprungen zu haben. «Nein, mir ist bisher nie in den Sinn gekommen, dass es die falsche Entscheidung sein könnte», versicherte der populäre Australier.
«Aber ich muss meinen Fahrstil 100-prozentig ändern. Besonders mit der Honda, mit der du nicht durch die Kurven rollen kannst, du musst das Bike stoppen und blitzartig abbiegen. Das ist ganz anders als in der Moto3-Klasse, wo der Kurvenspeed wichtig war. Ich lerne Schritt für Schritt... Das späte Bremsen passt zu meinem Fahrstil. Ich muss aber erst rausfinden, wie die breiteren Reifen reagieren, wenn du sie zu stark belastest beim Bremsen. Ich muss das Limit der Reifen erst rausfinden. Ich spule mit jedem Satz momentan extrem lange Distanzen ab, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, wie sich die gebrauchten Reifen dann im Rennen verhalten.»
Miller hat in Sepang bereits im November eine Renndistanz abgespult. Auch diesmal mühte er sich mit einem Long-run ab. «Das ist definitiv körperlich sehr anstrengend mit der MotoGP-Maschine», gibt er zu. «Besonders schlimm war es im November, als ich direkt aus der Moto3-Klasse kann. Und jetzt war ich mehr als zwei Monate nicht auf einer Rennmaschine gesessen. Deshalb hat es meinen Körper wieder arg geschlaucht. Aber von Tag zu Tag gewöhnen sich meine Muskeln mehr an das MotoGP-Fahren. Es werden ganz andere Muskeln beansprucht als im täglichen Leben...»
Der Australier wirkte in Sepang nichts besonders austrainiert. Er geniesst es jetzt offenbar, nicht mehr ständig auf jedes Gramm Körpergewicht achten zu müssen wie in der Moto3. «Ich bin noch 1 bis 2 kg vom meinem idealen Renngewicht entfernt», stellte der MotoGP-Rookie fest. «Das meiste Gewicht habe ich im Schulterbereich zugenommen. Beim ersten Test in Valencia habe ich gesehen, dass ich da Muskelmasse zulegen muss. Ich habe Kraftausdauer trainiert, damit ich in den Rennen beim Bremsen auch am Schluss noch genug Energie habe. Ich bin jetzt kräftiger, ich fühle mich gut. Aber ich kann noch etwas Gewicht verlieren.»
Wie schwierig ist es, sich nach dem grandiosen Jahr 2014 jetzt mit 17. und 20. Rängen abzufinden? Miller: «Ah, ich bin ja nicht blödsinnig... Ich weiss, dass ich nicht in die Top Five preschen kann. Aber wir arbeiten fleissig; vielleicht können wir gegen Saisonende unsere Ziele ein bisschen höher schrauben. Das ist erst unser zweiter Test mit dieser RC213V-RS, in Valencia hatte ich noch ein Vorjahres-Bike. Deshalb können wir recht zufrieden sein.»
«Natürlich schauen wir auf die Rundenzeiten und wollen den Abstand reduzieren», sagt Miller. «Der Abstand zu Márquez lag zwischen 2,5 und 3 Sekunden. Und ich kann meine Zeiten konstant fahren. Ich bin neugierig, wie weit wir uns beim nächsten Sepang-Test steigern können.»
Der sechsfache Moto3-GP-Sieger will in seiner ersten MotoGP-Saison nicht einfach nur mitfahren. «Ich halte den Sieg in der Open-Class für ein vernünftiges Ziel. Aber zuerst müssen wir sehen, wo wir nach den nächsten zwei Tests in Sepang und Doha stehen. Dann können wir über Ziele sprechen. Nicky, Stefan, all diese Jungs fahren in der Open-Class. Das wird ein bisschen schwierig. Aber wir werden unser Bestes geben.»
LCR-Teambesitzer Lucio Cecchinello wünscht sich von Jack Miller einen Top-Ten-Platz in der Jahresgesamtwertung. Eine lösbare Aufgabe? «Ich glaube, das ist eine angemessene Aufgabenstellung», meint Miller. «Wenn wir unaufhörlich weiterarbeiten und vernünftige Fortschritte machen, dann ist das eine Möglichkeit.»