Cal Crutchlow: Er kennt die Ursache seines Formtiefs
Cal Crutchlow steuerte seine Factory-Honda RC213V aus dem CWM-LCR-Team von Lucio Cecchinello in der Gesamtwertung von drei Tagen auf Platz 11, er büsste 1,669 Sekunden auf Marc Márquez ein.
«Wir wollen uns in Ruhe auf den ersten Grand Prix in Katar vorbereiten und nicht gleich beim ersten Test alles zeigen, was wir können», versicherte der 29-jährige Engländer. «Ich habe mich zwar angestrengt, aber ich kann momentan nicht diese starken Rundenzeiten fahren wie die Gegner vor mir. Aber Fakt ist auch, dass mir die Gegner in den ersten Rennrunden nie serienweise um 1,6 Sekunden davonfahren würden. Sie würden nach dem Rennstart viel langsamer fahren. Aber natürlich darf es nicht passieren, dass wir uns als 20. qualifizieren.»
«Wir haben mit gebrauchten Reifen ein paar positive Dinge entdeckt, aber wir müssen uns trotzdem unbedingt steigern», erklärte Crutchlow. «Aber wir haben bei den nächsten zwei Tests in Sepang und Doha noch viel zu erledigen. Ein Problem ist, dass das Hinterrad beim Beschleunigen enorm durchdreht. Aber das ist eine typische Charakteristik dieses Motorrads. Wir müssen dieses Problem irgendwie umfahren und gleichzeitig schauen, wie wir mehr Grip erzeugen können. Anderen Honda-Fahrern gelingt das. Es gibt keinen Grund, warum wir das nicht gelingen sollte. Unsere Arbeit geht in die richtige Richtung, bei der Anpassung meines Fahrstils sind ebenfalls Fortschritte zu sehen. Ich muss aber beim Beschleunigen noch viel sanfter mit dem Gas umgehen, dafür muss ich beim Bremsen und Einlenken deutlich aggressiver werden. Es ist seltsam, wie man mit diesem Motorrad bremsen muss.»
Crutchlow regt sich auch über die Vorteile der Open-Class-Teams auf, von denen neben Forward-Yamaha auch die vier Factory-Ducati von Ducati Corse und Pramac-Ducati profitieren. «Diese Privilegien waren letztes Jahr ein Problem, sie werden auch in dieser Saison ein Problem sein», gab Crutchlow zu bedenken. «Diese weichen Hinterreifen helfen den Open-Kandidaten. Ja, ich hatte diesen weichen Reifen letztes Jahr auch, aber ich habe ihn nur in einem Rennen verwendet – und da bin ich nicht ins Ziel gekommen. Ich war noch nie ein Fan dieses weichen Hinterreifens. Ich verstehe nicht, warum er immer noch verteilt wird. Er war 2012 und 2013 sinnvoll für die Claiming-Rule-Bikes, aber jetzt haben alle Motorräder identische Motorleistungen. Die neue Open-Honda sind auf den Geraden im Grunde genau so schnell wie wir mit den Factory-Honda. Das Forward-Bike ist ein ehemaliges Werksmotorrad von 2013 oder 2014. Ich sehe nicht ein, warum es diese Open-Vorteile immer noch existieren. Es sind drei oder vier Fahrer unter den Top-12, die nicht dort sein sollten, aber sie profitieren vom weichen Hinterreifen. Sie könnten auch mit dem härteren Reifen fahren. Aber so sind die Vorschriften, so wird es 2015 sein. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich im Qualifying zu steigern. Ich muss da wieder so gut werden wie 2013. Aber es wird schwierig werden. Wir werden in diesem Jahr nicht sehr oft die gleiche erste Startreihe sehen. Wir werden Dovizioso viel öfter als bisher in der ersten Reihe erleben, wir werden Iannone häufiger dort sehen, auf gewissen Strecken wird sich Bradl unter den Top-3 qualifizieren. Wir werden sehen, ob sie dann im Rennen zwei Sekunden langsamer fahren als im Qualifying. Im Moment zerbreche ich mir nicht allzu stark den Kopf.»
Warum trumpfte Cal Crutchlow 2013 mit der Tech3-Yamaha in den Qualifyings oft so souverän auf, während der 2014 mit der Ducati keine schnelle einzelne Runde zustande brachte und jetzt wieder mit demselben Problem konfrontiert wird? «Es liegt am hitzebeständigen Bridgestone-Hinterreifen, den wir seit einem Jahr haben. Er passt nicht zu meiner Fahrweise. Auch Lorenzo hatte damit im Vorjahr lange seine Probleme. Man kann damit nicht soviel Kurvenspeed fahren und nicht so lange in Schräglage bleiben, weil es am 'side grip' fehlt. Und ich kann mit diesem härteren das Gas nicht mehr so früh aufdrehen wie 2013. Der Vorteil, den ich damals hatte, hat sich verflüchtigt. Du musst mit diesen hitzebeständigen Hinterreifen anders fahren. Der 'side grip', der mich 2013 so beflügelt hat, weil ich damals extrem hohen 'corner speed' fahren konnte, ist verschwunden, die Honda hat auch weniger 'side grip' als andere Bikes. Darunter leide ich.»
Cal Crutchlow führt eine kleine britische Privatfehde gehen seine Landsleute Bradley Smith («Er ist nicht der nächste Barry Sheene») und Scott Redding, der jetzt bei Marc VDS auch eine Werks-Honda-pilotiert und über Rang 17 nicht hinauskam.
Marc-VDS-Teamprinzipal Michael Bartholemy liess deshalb in Sepang alle Zeitenmonitore aus der Box entfernen und die elektronsichen Fahrhilfebn weitgehend lahmlegen. Redding sollte sich aufs Fahren konzentrieren und nicht dauernd auf die Zeiten der Gegner starren.
Crutchlow: «Soll ich jetzt wie Marc VDS behaupten, ich fahre ohne Elektronik? Verzichten sie auch auf die Startermaschine und schieben die Bikes einfach an? Haben sie das Dashboard abgebaut und den Zeitnahmetransponder? Wahrscheinlich zeigen sie Scott nur ein Boxensignal mit der Aufschrift: 'Keep going'.»
Die 1:58,8-min-Bestzeit von Marc Márquez brachte den WM-Fünften von 2013 (damals mit vier Podestplätzen und mit einer Pole-Position) ins Grübeln. «Grossartig», lachte er ein bisschen irritiert. Dann knurrte er: «1.58,8. Das ist schnell genug.»