Mika Kallio: Großes Interview mit dem KTM-Testfahrer
Mika Kallio ist einer der erfolgreichsten KTM-Fahrer im Grand Prix-Sport. Der 33-Jährige fuhr für die Österreicher zwölf Siege und 32 weitere Podestplätze ein. In fünf Jahren wurde er mit KTM zwei Mal Vizeweltmeister.
Während Pit Beirer und seine Mannschaft in den letzten 18 Monaten die Struktur und das Team für den MotoGP-Einstieg aufbauten, war klar, dass die letzte Zutat für die personelle Erfolgsformel ein Fahrer mit viel Erfahrung und dem notwendigen Speed ist, der dieses Projekt auf der Strecke leiten kann. Nach 14 Jahren in der Weltmeisterschaft hat Kallio einen wertvollen Erfahrungsschatz, zudem gewann er bis 2014 Moto2-Rennen, was seinen Speed zeigt.
Unter exzellenten Bedingungen testeten Mika Kallio und Alex Hofmann die MotoGP-KTM nun auf dem Circuito Ricardo Tormo in Valencia. Hofmann fuhr die KTM am Samstag, bevor am Sonntag Testfahrer Kallio die Arbeit aufnahm. Kallio lobte das KTM-Projekt in den höchsten Tönen.
Mika, wir wissen, dass dich viel mit KTM verbindet, aber wann hast du die Entscheidung getroffen, diese für dich neue Rolle einzunehmen?
Ich denke, die ersten Gespräche fanden vor fast einem Jahr statt, aber es war eine nahezu scherzhafte Art und Weise, wie wir darüber sprachen, dass ich zu KTM zurückkehren könnte, wenn das MotoGP-Projekt richtig beginnt. Wir blieben während der Saison in Kontakt. Im Sommer fragten wir dann, welche Pläne sie für die Testarbeit 2016 haben.
Ich war aus mehreren Gründen interessiert: Zunächst, verbindet mich eine Geschichte mit KTM und ich kenne die Menschen dort seit vielen Jahren. Zudem weiß ich, dass sie es sehr ernst nehmen, wenn sie ein Projekt beginnen. Das war mir sehr wichtig, weil ich mir sicher sein konnte, dass sie hart pushen und versuchen, die Besten zu sein, wenn sie auf die Strecke gehen. Es ist schön, Teil dieses netten Teams zu sein und ich war immer die Art von Fahrer, die gerne Motorräder entwickeln. Mich interessieren die Details. Während eines Rennwochenendes checke ich die Daten immer gerne selbst, denn es ist interessant für mich als Fahrer.
Ich freue mich darauf, das KTM-Projekt von Null zum Bestmöglichen zu bringen. Ein weiterer Grund ist, dass ich viele Jahre lang in der Moto2-Klasse fuhr. In dieser Saison war es sehr schwer für mich, gute Resultate zu erreichen, was das komplette Gegenteil dessen war, was ich im Jahr davor gezeigt hatte. Ich hatte große Probleme mit den Änderungen der Dunlop-Reifen und wusste, dass diese Strategie bei den Reifen auch 2016 fortgesetzt wird. Das war ein weiterer Grund, warum ich mich aus der Moto2-Klasse verabschiedet habe.
Wie wird sich die Rolle als Testfahrer ohne eine Konkurrenzsituation auf deine Karriere auswirken?
Natürlich dachte ich über alle Möglichkeiten nach. Der negative Punkt ist die Tatsache, dass ich das Racing vermissen werde. Als Fahrer will man immer gegen andere antreten. Ich muss damit irgendwie zurechtkommen. Ich hoffe, ich kann 2017 auch die Rennen fahren und KTM zeigen, dass ich schnell genug bin, um das für sie zu tun. Ich denke, meine Karriere ist nicht vorbei, denn nach einem Jahr mit Testfahrten und meiner Hilfe für dieses Projekt hoffe ich, dass ich in den GP-Sport zurückkomme.
Du bist also der Typ Fahrer, der große Zufriedenheit dadurch erlangt, dass er eine Zehntel oder mehr durch die technische Arbeit findet?
Das ist wichtig. Ich denke, dass jeder Fahrer in jedem Team gerne Fortschritte sieht. KTM hat mich ausgesucht, weil sie mir vertrauen, dass ich diesen Job machen kann und ein guter Testfahrer für sie sein werde. Normalerweise ist das eine der Stärken, die ich in ein Team mitbringe: gute Informationen über das Bike liefern und das Wissen über die Details, die verbessert werden müssen.
KTM hat im Offroad-Bereich einen sehr guten Ruf – auch für starke Motoren. Ist es nach einigen Jahren auf einer 600-ccm-Maschine eine willkommene Abwechslung, wieder auf ein sehr kraftvolles Bike zu steigen?
[Lacht] Ich fuhr 2009 und 2010 in der MotoGP-Klasse, daher vermisste ich in der Moto2-Klasse danach die Power. Ich denke nicht, dass der Unterschied ein Problem ist. Ich habe zuvor schon mit einem Superbike trainiert und für Michelin bereits die Reifen auf einem kraftvolleren Bike getestet. Ich weiß, was von KTM zu erwarten ist, denn wir wissen, dass sie schon immer gute Motoren bauten.
Pit Beirer sagte, dass das Team ebenfalls in Österreich stationiert sein wird, aber auch KTM Spanien soll als Standort dienen. Wie sehen deine Pläne aus?
Es ist gut, schon vor der Winterpause ein paar Runden abzuspulen und Teil des Teams zu sein. Alex sagte mir schon zuvor, dass das Bike eine gute Balance hat und keine offensichtlichen Schwachpunkte vorhanden sind. Es ist ein neues Projekt, wobei man normalerweise Fortschritte in allen Bereichen erzielen muss. Es ist derzeit noch schwer zu sagen, ob mehr an der Power, der Elektronik oder dem Chassis gearbeitet werden muss. Nach den Jahren in der Moto2-Klasse muss ich zudem noch meinen Fahrstil anpassen.
Und Moto3? Wirst du dort auch aushelfen?
Wir haben darüber noch nicht gesprochen. Ich denke, wir werden uns auf die MotoGP-Maschine konzentrieren. Es sind zwei komplett unterschiedliche Bikes, daher würde es wohl mehr Verwirrung auslösen als helfen.