MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

USA oder Europa: Wer ist stärker?

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Gautier Paulin in Assen: «Wo sind die Amis?»

Gautier Paulin in Assen: «Wo sind die Amis?»

Die Amerikaner sind mit 22 Siegen das erfolgreichste Team beim Motocross der Nationen, doch in Assen zählten sie nicht zu den Favoriten und erreichten am Ende Platz 6. Haben die Amerikaner ihren Nimbus eingebüßt?

Der besondere Charme des Motocross der Nationen lag stets im Kräftemessen zwischen den Amerikanern und den Europäern. Die USA sind mit 22 Siegen noch immer die erfolgreichste Nation in der Geschichte dieses legendären Rennens. Vor jedem Motocross der Nationen lag stets eine enorme Spannung in der Luft. Epische Duelle wie die zwischen Stefan Everts und James Stewart oder Ken Roczen und Eli Tomac werden in ewiger Erinnerung bleiben.

Dieses Jahr wollte sich dieses Gefühl nicht so recht einstellen. Das hat etwas mit der Ausgangslage zu tun: Mit Sand zusammengeschobene Retortenstrecken kennen die Amerikaner nicht. Sie kennen noch nicht einmal Sandstrecken wie die in Lommel. Die US-Tracks sind weitläufig in Hügellandschaften angelegt. Der Kurs von Millville zählt dort schon zu den Sandstrecken, obwohl dieser noch am ehesten mit den Bodenverhältnissen von Kegums vergleichbar ist.

In dem Moment, als die Anlage des 'TT-Circuit' von Assen den Zuschlag für das MXoN bekam, war bereits absehbar, dass die Amerikaner dieses Jahr keine Siegchance haben werden. Und das ist ein Teil des Problems. Eli Tomac und Adam Cianciarulo sind in den USA gefeierte Stars. Wer Champion werden will und wie Tomac mehrfach Champion geworden ist, muss ein sehr gefestigtes Ego mitbringen, sonst wäre er nicht dorthin gekommen. Dass er keine Ambitionen hatte, sich im Sandkasten von Assen vorführen zu lassen, liegt auf der Hand.

Also musste Teamchef Roger DeCoster Alternativen anbieten. Von einem 'B-Team' war die Rede, als er Jason Anderson, Zach Osborne und Justin Cooper nominierte. Nun kam es aber nach den massiven und anhaltenden Regenfällen noch schlimmer für die US-Boys. Die Rennen wurden zum reinen Überlebenskampf im tiefen und durchweichten Sand.

Das US-Team hat sich dieser Herkulesaufgabe nicht nur gestellt, sondern mit Platz 6 ein respektables Ergebnis abgeliefert. Nach diesem Rennen können die US-Boys erhobenen Hauptes als 'A-Team' in ihre Heimat zurückkehren.

Es wäre reine Spekulation, ob es Tomac und Cianciarulo besser gemacht hätten, aber beide gelten weder als Sand- noch als Schlammspezialisten. Es gibt Fahrer, die solche Extrembedingungen lieben und über sich hinauswachsen, wie Shaun Simpson oder Justin Barcia. Osborne war für das US-Team 2019 vielleicht ohnehin eine bessere Wahl als Tomac, weil er lange genug Teil der WM war und sich deshalb besser auf Sandstrecken auskennt als die meisten US-Fahrer.

Ein Rennen unter den Hardcore-Bedingungen von Assen ist auch ein Lotteriespiel. Dass die Niederländer mit Sandkönig Jeffrey Herlings und dem WM-Dritten Glenn Coldenhoff als Top-Favoriten an den Start gehen, war von Anfang an klar. Aber ihr Sieg war trotzdem keine Spazierfahrt: Herlings ging mehrfach zu Boden und musste sich immer wieder aufrappeln, um nach vorne zu kommen.

Stürze waren in Assen an der Tagesordnung. Dass Cooper aber im ersten Rennen ausgerechnet mit seinem Teamkollegen Anderson kollidierte, war einfach nur Pech. Beide Fahrer verletzten sich an der Hand. Am Anfang sah es gar danach aus, als müsse Cooper das Rennen aufgeben, als er vom Schmerz gebeutelt neben der Strecke stand. Er biss sich durch und rettete mit verbogenem Kupplungs- und Schalthebel Platz 25 ins Ziel. Wozu Cooper aber selbst im Sand fähig ist, zeigte er im Qualifikationsrennen am Samstag, als er vom ungünstigen Gate 31 von ganz außen zu einem unangefochtenen Start-Ziel-Sieg hämmerte.

Das war eine eindrucksvolle Leistung und vielleicht hätten wir mehr davon sehen können, wenn das Wetter am Sonntag mitgespielt hätte. So oder so: Die Amerikaner abzuschreiben, würde ihrer Leistung nicht gerecht werden. Die Qualifikationsrennen am Samstag haben gezeigt, dass sie selbst im Sand noch immer Podiumskandidaten sind.

Nächstes Jahr findet das Motocross der Nationen im französischen Erneé statt, wo das MXoN bereits 2005 und 2015 ausgetragen wurde. 2005 gewannen hier die Amerikaner mit Ricky Carmichael, Kevin Windham und Ivan Tedesco. 2015 siegten die Franzosen vor einer begeisterten heimischen Kulisse mit Gautier Paulin, Marvin Musquin und Romain Febvre. Der Hartbodenkurs liegt sowohl den Amerikanern als auch den Franzosen. Das sind beste Voraussetzungen für eine Revanche. Frankreich und die USA werden sich in Stellung bringen und den Mythos des Motocross der Nationen weiter am Leben erhalten.

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