Bert Poensgen (70) nach Herzinfarkt verstorben
Unfassbar: Bert Poensgen ist tot
Deutschland hat heute einen seiner leidenschaftlichsten und profundesten Motorsport-Enthusiasten verloren: Bert Poensgen, im Hauptberuf bis zu seinem 62. Lebensjahr Vertriebs- und Verkaufsleiter von Suzuki Deutschland, ist im Alter von 70 Jahren einem Herzinfarkt erlegen.
Seit Kindesbeinen an war Bert Poensgen mit dem Motorradsport konfrontiert, denn Papa Robert war als Journalist vor allem im Endurosport eine schreibende Legende, er berichtete von allen großen Gelände-Veranstaltungen in Europa und besonders von der Internationalen Sechstage-Fahrt. Er war begeisterter Gespannfahrer, er galt in der Szene als «Enduro-Papst» und schrieb für viele renommierte Fachmagazine.
Bert Poensgen wuchs in der Großfamilie als ältestes von sieben Kindern auf, er übernahm wegen der häufigen Abwesenheit des Seniors in jungen Jahren teilweise die Vaterrolle für die jüngeren Geschwister, von denen die meisten später beruflich in irgendeiner Form mit dem Motorrad oder Motorradsport zu tun hatten. Auch Hatto Poensgen und dessen Sohn Robert wurden Motorradberichterstatter.
Ursprünglich wollte Bert nach der kaufmännischen Lehre und der Ausbildung zum Kfz-Mechaniker beim BMW-Tuner Alpina den Meister machen und ein Motorrad-Geschäft betreiben. Aber er kollidierte als Motorradfahrer mit einem Autobianchi. «Ich lag fast ein Jahr im Krankenhaus, Knie, Hüfte, Oberschenkel, alles war demoliert. Nach einem Jahr sagten mir die Ärzte, sie müssten mein Bein amputieren», schilderte Bert Poensgen vor Jahren.
Er verlor sonst nie ein Wort über diese Behinderung. Viele Bekannte wussten gar nichts davon, auch wenn er wegen der Prothese immer leicht humpelte.
Bert ließ sich umschulen zum Industriekaufmann, verdiente dann Geld in einer Käsefabrik, er übernahm Gelegenheitsjobs in einem Fahrradladen und brachte anfangs kaum genug Geld für den Unterhalt der Familie auf.
Aber Bert Poensgen war eine Kämpfernatur, er ließ sich nicht unterkriegen – und machte dann bei Suzuki eine beachtliche Karriere.
Berts Tochter Katja machte sich als erfolgreiche Motorradrennfahrerin in allen möglichen Kategorien (sie gewann den ADAC-Junior-Cup gegen alle männlichen Kontrahenten) einen Namen, immer tatkräftig unterstützt vom stolzen Papa, der sich während ihrer GP-Karriere in der 250er-WM (Platz 14 und zwei Punkte in Mugello 2001) nicht zu schade war, das Motorhome für Katja ins 3000 km weit entfernte Estoril in Portugal zu kutschieren. «Katja braucht ja einen Rückzugsort im Fahrerlager», seufzte der aufopfernde Papa damals.
Bert Poensgen erkannte früh die Bedeutung des Motorradsports als Verkaufsvehikel und machte durch sein leidenschaftliches Sport-Engagement die Marke Suzuki zum Marktführer in Deutschland, über Jahre hinweg, das war weltweit eine einzigartige Leistung, denn Honda und Yamaha dominierten normalerweise die Verkaufs-Hitparaden.
Bert Poensgen entdeckte den heutigen Motocross-Superstar Ken Roczen schon als Knirps, mit elf Jahren schickte er ihn auf Kosten von Suzuki bereits zu einer Rennserie nach Florida, er managte den aufstrebenden Cross-Star jahrelang persönlich. Gleichzeitig trat Bert Poensgen bis Ende 2009 als Manager des deutschen Superbike-Helden Max Neukirchner auf. 2007 betrieb er für ihn mit Suzuki und Mario Rubatto ein eigenes WM-Team, dann transferierte er ihn ins renommierte belgische Alstare-Suzuki-SBK-Team von Francis Batta.
Bert Poensgen liess die Marke Suzuki in Deutschland in allen erdenklichen Serien antreten. Und er besorgte Michael Rudroff sogar 1994 eine 500-ccm-Werks-Suzuki, wie sie auch Kevin Schwantz fuhr, für den Nürburgring-GP – mit einer Wildcard. Doch Rudroff winkte am Sonntag in der Aufwärmrunde seinem Fanclub auf der Tribüne zu, machte ein erfrischendes Wheelie und fiel hinterrücks vom Motorrad. Das Rennen war somit gelaufen. «Ich habe Rudroff bei Suzuki in Japan als Riesentalent angepriesen», schilderte Bert damals, leicht belustigt. «Nach diesem Fauxpas durfte ich mich in der Rennabteilung in Hamamatsu nie mehr blicken lassen...»
Bert Poensgen gönnte sich auch nach dem Rückzug bei Suzuki keine Verschnaufpause. Er pachtete für 20 Jahre die Bodenseehütte in Balderschwang im Allgäu und erfüllte sich den Traum vom Gastwirt und betrieb dazu eine Pension mit einigen Gästezimmern – mitten auf der Skipiste.
Bert Poensgen, gebürtig in Düsseldorf und aufgewachsen im bayerischen Landsberg, gab sich mit der Aufgabe als gastfreundlicher Hüttenwirt aber nicht zufrieden. Er übernahm außerdem die Rolle des Geschäftsführers am EuroSpeedway Lausitzring und trat gemeinsam mit Sepp Meier und Sepp Hofmann von alpha Racing vier Jahre lang als Promoter der Internationalen Deutschen Motorrad-Meisterschaft (IDM) auf. Ende 2016 beendete er mit der Firma MotorEvents diese Partnerschaft mit dem DMSB. Er sprach im Zusammenhang mit dem DMSB und ADAC enttäuscht von «mafiösen Strukturen».
Auch der Lausitzring fand unter dem unermüdlichen Poensgen zu neuer Blüte: Red Bull Air Race-WM, Superbike-WM und Motocross-WM – keine attraktive Rennserie war vor ihm sicher, ehe er diese Aufgabe zum Jahreswechsel 2013/2014 aufgab und sich mit der Rolle des Beraters zufriedengab. Denn die ständigen Autofahrten von Balderschwang in die Lausitz waren zermürbend.
Mit 70 Jahren wollte Bert Poensgen endlich etwas kürzer treten, aber heute Mittag, am 27. Mai, erlag der beliebte Tausendsassa einem Herzinfarkt. «Der Familienclan Poensgen ist sehr traurig», schrieb uns Bruder Hatto.
Bert Poensgen hinterlässt seine drei Kinder Katja, Julia und Frank, seine Geschwister und Enkelkinder – und den Rest des Clans.
Der deutsche Motorradsport trauert um einen seiner profundesten Kenner, Manager und um eine allseits respektierte Persönlichkeit.
Unser Mitgefühl und unser Beileid gilt der Familie und den Freunden von Bert Poensgen, einem langjährigen Wegbegleiter und immer liebenswürdigen Freund.