Was Red Bull Honda jetzt von Davide Giugliano hält
Ende Juli durfte sich Davide Giugliano bei Testfahrten auf dem Lausitzring zwei Tage lang auf die Honda einschießen. Nach seinem schweren Sturz im April in Brands Hatch saß er dreieinhalb Monate auf keinem Rennmotorrad, auf die Bestzeit von Weltmeister Jonathan Rea verlor er drei Sekunden.
Bei den Rennen auf dem Lausitzring am vergangenen Wochenende schlug sich Giugliano deutlich besser, der Italiener verpasste aber in beiden Läufen die Punkte. Im ersten Rennen ging der Motor seiner Fireblade kaputt, im zweiten drehte sich der Hinterreifen auf der Felge – er verlor 25 sec auf Bradl und über eine Minute auf Sieger Chaz Davies (Ducati).
Seinen Rückstand auf Teamleader Stefan Bradl konnte der Römer in allen Trainings unter einer Sekunde halte, im dritten freien Training und im Warm-up kam er dem Zahlinger sogar sehr nahe. Wobei sich Bradl im zweiten Training bei einem Sturz starke Prellungen und einen dicken Bluterguss am linken Arm zuzog und auf das erste Rennen sogar verzichten musste. Ab dem dritten Training war 27-Jährige gehandicapt unterwegs – und trotzdem immer schneller als Giugliano.
Die Rückstände von Giugliano zu Bradl auf einen Blick:
1. Training: 0,864 sec.
2. Training: 0,327 sec.
3. Training: 0,190 sec
Superpole 1: 0,725 sec.
Warm-up: 0,138 sec.
Schnellste Runde 2. Lauf: 0,576 sec.
SPEEDWEEK.com setzte sich mit Honda-Manager Marco Chini zusammen, um über die Zukunft Giuglianos im Red Bull-Team zu sprechen.
Marco, der Vertrag mit Davide galt nur für die Rennen auf dem Lausitzring?
Genau, für einen Event.
Wie zufrieden bist du mit ihm?
Es ist nicht so einfach, auf ein neues Motorrad zu steigen. Zudem unterscheidet sich die Honda deutlich von seinem vorherigen Bike. Er hatte mit spezifischen Problemen zu kämpfen, welche wir zu lösen versuchten. Wir wollen ihm helfen. Er braucht gewisse Dinge, die er für seinen Fahrstil braucht.
Kannst du das genauer beschreiben?
Kurvenmitte nimmt er das Motorrad sehr hart ran. Für die Motorbremse hat er nach elektronischen Lösungen verlangt, nach denen bislang niemand gefragt hat. Das alles geht auf seinen Fahrstil zurück.
Für uns ist das alles nicht so einfach zu verstehen. Wenn ein Fahrer hart pusht, ohne dass er mit dem Motorrad eins ist, dann geschehen Fehler. Wir versuchten deshalb Davide so ruhig wie möglich zu halten und analytisch zu arbeiten.
Im Gegensatz zu Bradl beschwert sich Giugliano wenig über die Arbeitsweise der Cosworth-Elektronik, er fährt aber auch deutlich langsamer.
Während des Lausitzring-Tests hatten wir ihn darum gebeten sich an unsere Vorgaben zu halten, da ging es nicht um Performance. Das war während des Rennwochenendes natürlich anders.
Hast du erwartet, dass er auf dem Lausitzring auf dem Level von Bradl fährt? Er war lange verletzt und saß dreieinhalb Monate auf keiner Rennmaschine.
Wir haben auf jeden Fall erwartet, dass Stefan näher an der Spitze dran ist. Er hat zwar einige Sorgen, aber er arbeitet schon lange mit dem Motorrad.
Stefan war in Laguna Seca im Vergleich viel schneller, das ist eine Strecke, die er mag. Von Jake Gagnes Leistung in Laguna waren wir positiv überrascht, was wir von Giugliano erwarten konnten, wussten wir nicht. Er mag den Lausitzring nicht. Stefan war auch lange nicht dort, beiden fehlte es an Erfahrung. Davide hatte den Vorteil, dass er dort testete, aber er kannte das Bike nicht.
Macht es Sinn, dass ihr den zweiten Fahrer neben Bradl für die kommenden Rennen in Portugal erneut tauscht?
Der einzige Grund für einen anderen Fahrer wäre, dass wir unsere Zielsetzung ändern. Die Idee ist, dass wir Davide behalten. Dass wir nur einen Vertrag für einen Event machten hängt auch damit zusammen, dass wir sehen wollten, wie wohl er sich auf dem Bike und im Team fühlt.
Ich habe ihn auf dem Lausitzring gebeten, nicht an die Zukunft zu denken und sich auf die Rennen zu konzentrieren. Jetzt werden wir zusammensitzen und alles besprechen. Ich gehe davon aus, dass er mit uns weitermachen möchte.
Wir müssen das innerhalb Honda Motor Europe und auch mit Honda Japan besprechen. Grundsätzlich macht es keinen Sinn, wenn man jedes Rennen den Fahrer tauscht. Das führt nur zu Komplikationen. Bis sich ein Fahrer mit dem Motorrad angefreundet hat, ist der Event vorbei.
Gab es nie die Idee, dass ihr einen japanischen Honda-Testfahrer auf die Fireblade setzt, um in der Entwicklung schneller voran zu kommen?
Das ist eine Möglichkeit, steht im Moment aber nicht zur Debatte. Die aktuellen Leistungen bringen uns in eine sehr kritische Situation. Wir machen gerade keine Langzeitpläne, sondern überlegen wie wir uns schnellst möglich verbessern. Dafür brauchen wir eine Strategie.
Bis zu den Rennen in Portimao sind es noch gut drei Wochen: Wann werdet ihr bezüglich Giugliano entscheiden?
Die kommenden Tage.