Kyalami wird mir fehlen
Johannesburg ist eine einzige Baustelle
In wenigen Ländern der Welt bringen einem die Menschen so viel Freundlichkeit entgegen, ist die Lebensfreude so greifbar wie in Südafrika.
Umso komischer kommt es einem vor, wenn man von den hohen Mordraten in Johannesburg liest oder sich nur dann sicher fühlen kann, wenn man hinter hohen Mauern eingesperrt und in Stacheldraht eingepackt ist. Aber es wird schon seine Gründe haben, weshalb sich die mit mehr Geld vor denen mit weniger Geld bewachen lassen. Für Europäer ist das befremdlich.
Blicke ich darüber hinweg, ist Südafrika ein wundervolles Land. Ein Land, in dem der Motorsport geliebt wird, die Begeisterung keine Grenzen kennt. Man muss es erlebt haben, wenn Lokalheld Sheridan Morais im Kampf um Platz 15 Noriyuki Haga niederringt und die ganze Tribüne aufsteht und seinem Fahrer ausufernd applaudiert. Oder wenn der kleine Mann nach der Superpole vor die Tribüne tritt, sich artig bedankt und dafür wie ein Rockstar gefeiert wird.
«Die Menschen in Kyalami lieben Motorradrennen, vor allem die Superbikes», verriet mir einer der Offiziellen vor Ort.
Doch leider bleibt diese Liebe in Zukunft unerwidert. Obwohl es einen 5-Jahres-Vertrag zwischen WM-Vermarkter Infront und dem örtlichen Veranstalter gab, werden wir 2011 nicht nach Kyalami zurückkehren. Ausser, es findet sich wider Erwarten ein Investor, der das Loch füllt, welches gestrichene Regierungs-Subventionen hinterlassen.
Wie es heisst, wolle man öffentliche Gelder lieber in Sportarten investieren, die eine breitere Öffentlichkeit ansprechen. Sprich: in Fussball.
Doch nichts ist so schnelllebig wie die Politik. Denkbar, dass sich der Regierungskurs mit neuen alten Leuten an der Macht wieder ändert.
König Fussball regiert bereits drei Wochen vor dem WM-Start Südafrika. Und verwandelt das Land in eine einzige Baustelle. Schwer vorstellbar, dass bis zum 11. Juni alles fertig sein soll. Schwer begreiflich, wie langsam die Leute arbeiten. Politisch korrekt würde ich mich so ausdrücken, dass sie gegenüber dem durchschnittlichen Mitteleuropäer eine andere Arbeitsmentalität an den Tag legen. Andere Länder, andere Arbeitsweise.
Südafrika will mit sportlichen Grossereignissen das Image des Landes aufpolieren. Dank Fussball wird die Welt die Augen zum südlichsten Punkt des Schwarzen Kontinents richten. Um dann im besten Licht zu erscheinen, hat die Regierung eine Gross-Kampagne gegen Kriminalität gestartet. Überall wird den Leuten auf Plakaten erklärt, dass sich Kriminalität nicht lohnt. Doch wird sich davon ein potenziell Krimineller nachhaltig inspirieren lassen? Ich weiss es nicht.
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