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Kawasaki-Werksteam: Was gegen Razgatlioglu spricht

Kolumne von Ivo Schützbach
Von 2015 bis 2018 herrschte im Superbike-WM-Werksteam von Kawasaki mit Jonathan Rea und Tom Sykes maximaler Konkurrenzkampf. Die Serienweltmeister fürchten mit der Verpflichtung von Toprak Razgatlioglu ähnliche Zustände.

Was Toprak Razgatlioglu betrifft, herrscht im SBK-Fahrerlager seltene Einigkeit: Der 22-jährige Türke ist das größte Talent in der seriennahen Motorrad-Weltmeisterschaft, in 49 Rennen brauste er 9 Mal aufs Podium. Obwohl er bei Puccetti Kawasaki das schlechtere Material als Rekordweltmeister Jonathan Rea und Leon Haslam im Werksteam hat, heizt er den beiden Briten regelmäßig ein. Zuletzt wurde er in beiden Hauptrennen in Kalifornien Dritter und platzierte sich jeweils vor Haslam.

Für sehr viele Experten erscheint es logisch, Razgatlioglu für 2020 ins Werksteam zu befördern. Toprak ist gut 13 Jahre jünger als Haslam und liegt zur Sommerpause als Gesamtsechster nur elf Punkte hinter dem Engländer, der Fünfter ist.

In Laguna Seca spottete ein Insider: «Wenn ich einen 22-jährigen Fahrer habe, den ich seit fünf Jahren unterstütze, und der auf dem schlechteren Motorrad mit meinem Weltmeister Jonathan Rea kämpft, dann muss ich mir seine Dienste sichern. Toprak ist das größte Talent seit Jahren und Rea ist jetzt 32 Jahre alt. Kawasaki braucht bis in zwei oder drei Jahren einen Nachfolger für ihn. Wenn sie Toprak jetzt nicht ins Werksteam bringen, dann geht er zu einem anderen Hersteller und wird dort in drei Jahren Weltmeister.»

Razgatlioglus Manager Kenan Sofuoglu unterstreicht dies: «Wir werden uns für das Werksteam von Kawasaki oder Yamaha entscheiden.»

Das herausragende Talent von Toprak sieht jeder im Kawasaki-Werksteam. Und trotzdem gibt es große Zweifel, ob es ideal ist, ihn zu verpflichten.

Von 2015 bis 2018 waren bei Kawasaki Tom Sykes und Jonathan Rea Teamkollegen: Es herrschte erbitterter Konkurrenzkampf und die Fahrer wollten ihre Motorräder in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Auf sportlicher Ebene haben die beiden großen Respekt voreinander, privat kann man das nicht behaupten.

Mit der Verpflichtung von Razgatlioglu werden dieselben Probleme befürchtet. Der 22-Jährige ist extrem ehrgeizig und will die Nummer 1 werden.

Haslam hingegen erledigt brav seinen Job. Er fährt immer wieder mal aufs Podest, kommt mit Rea bestens aus, arbeitet in dieselbe Richtung und hilft Kawasaki dabei, die Konstrukteurs- und Team-WM zu gewinnen. Die Atmosphäre im Team war nie angenehmer.

Das Argument, man brauche in den kommenden Jahren einen Nachfolger für Rea, lässt man nicht gelten. «Wenn wir Toprak in drei Jahren brauchen, können wir ihn in drei Jahren verpflichten», hört man. «Und wie lange würde es dauern, bis sich Toprak und Johnny auf der Strecke in die Quere kommen und es kracht?»

Außerdem macht Kawasaki das Umfeld von Razgatlioglu Kopfzerbrechen. Sein Manager Kenan Sofuoglu ist bestens bekannt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und sitzt für dessen Partei AKP im Parlament. Der japanische Hersteller will unter allen Umständen vermeiden, mit politischen Richtungen in Verbindung gebracht oder dafür instrumentalisiert zu werden.

Ringt sich Kawasaki doch durch, für 2020 Razgatlioglu statt Haslam zu verpflichten, dann wird der Türke zahlreiche Punkte in seinem Vertrag stehen haben, was er sagen, machen und zeigen darf – und was nicht.

Im Kawasaki-Privatteam von Manuel Puccetti ist das kein Problem: Dort tritt die türkische Motorrad-Föderation sogar als Hauptsponsor auf, wirbt mit der türkischen Flagge, lackiert ist die ZX-10RR überwiegend in den türkischen Nationalfarben Rot und Weiß. Offizieller Teamname ist Turkish Puccetti Racing.

Unterschreibt Razgatlioglu bei Yamaha, wird er nächstes Jahr an der Seite von Michael van der Mark fahren.

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