BMW: Wie nötig ist eine verkappte MotoGP-Maschine?
Ducati hat mit der Panigale V4R 2019 eine neue Ära in der Superbike-WM eingeläutet, Honda zieht 2020 mit der ebenfalls mit Winglets bestückten und vielen MotoGP-Genen versehenen CBR1000RR-R nach.
Trotzdem ist BMW-Star Tom Sykes zuversichtlich, dass dem bayerischen Hersteller im zweiten Jahr mit der aktuellen S1000RR ein deutlicher Schritt Richtung Spitze gelingt. Im ersten Jahr sammelte der Engländer immerhin 223 Punkte, brauste viermal aufs Podest und eroberte in Donington Park Startplatz 1.
Auf den ersten Wintertest in Aragon verzichtete BMW, im zweiten in Jerez agierten Sykes und sein neuer Teamkollege Eugene Laverty unauffällig.
«Das war unser erster richtiger Test, da wir unter der Saison diesbezüglich Einschränkungen haben», erklärte Sykes. «Zum ersten Mal konnte ich viele verschiedene Bauteile vergleichen und konzentrierte mich nicht auf die Rundenzeiten. BMW war bei der Lieferung von Teilen letzte Saison eingeschränkt, weil sie auch die Britische Meisterschaft, Road Racing, Endurance, IDM und so weiter beliefern. Den ersten Test in Aragon haben wir verpasst, waren beim zweiten in Jerez dafür aber umso stärker. Dort arbeiteten wir einen sehr präzisen Testplan ab, um die Winterpause so produktiv wie möglich zu gestalten.»
Ende Januar geht es in Jerez und Portimao weiter, bevor das Material zum letzten Vorsaison-Test nach Australien verschickt wird, wo am letzten Februar-Wochenende die Saison 2020 beginnt.
Natürlich fragt sich auch Sykes, ob BMW mittelfristig mit einem traditionellen Superbike bestehen kann, wenn die anderen Hersteller spezielle Homologationsmodelle für die seriennahe Weltmeisterschaft bauen.
Yamaha hat für 2020 zwar ein neues Bike, die R1 ist aber lediglich eine Weiterentwicklung der bisherigen. Kawasaki bringt 2021 eine neue ZX-10R, niemand wäre verwundert, käme nach der RR eine Triple-R wie bei Honda.
«In einigen Bereichen funktioniert die Ducati sehr gut, aber auch sie hat ihre Grenzen», analysierte Sykes. «Es gibt immer ein Limit – weil es eine feine Balance zwischen dem Chassis, Motor, den Federelementen und den Reifen gibt. Schaut man sich diese Kombination an, lässt jede Rennstrecke nur gewisse Dinge zu – man muss Kompromisse eingehen. Über eine Runde liegen alle Motorräder innerhalb weniger Zehntelsekunden, jeder Hersteller hat seine eigene Arbeitsweise.»
Der 34-jährige Engländer betonte im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com: «Das BMW-Projekt ist neu und wir leisten bereits Erstaunliches. Immer, wenn ein Hersteller ein neues Motorrad bringt, wird es mit den Jahren besser. Das wird mit der S1000RR nicht anderes sein. WM-Promoter Dorna hat veranlasst, dass die Motorräder die letzten Jahre immer seriennäher wurden. Dadurch wurde das Bild verzerrt, der Rennsport aber kein Stück günstiger. Jetzt müssen die Werke mehr in ihre Serienmaschinen investieren, was es für die Kunden teurer macht. In der Vergangenheit wurden die Motoren hochgezüchtet, das war günstiger. Ich will mich bei diesem Thema gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Ich kann nur sagen, dass man nur mit den Werkzeugen arbeiten kann, die man in der Kiste hat.»
«Wie stark die S1000RR in Serie ist, sehen wir im Road Racing auf der Insel Man oder in Superstock-Rennen. Die heutigen technischen Regeln gehen auf die schlechte wirtschaftliche Lage zurück. Daher rührt auch die Ein-Motorrad-Regel, welche einen negativen Einfluss auf die Show hat. Ich habe die letzten Jahre vieles nicht verstanden, nach einigen Monaten habe ich aber aufgegeben darüber zu reden, weil ich es eh nicht ändern kann. Ich muss mit dem klarkommen, was uns die Organisatoren vorschreiben.»
2020 sehen wir eine neue Honda und Yamaha, BMW und Ducati haben ein Jahr Entwicklung hinter sich. Wird das die Weltmeisterschaft verändern und die Dominanz von Kawasaki beenden?
«Ich vermute, dass es enger zugehen wird», meinte Sykes. «Die Kawasaki wurde so gut entwickelt, dass sie heute noch der Maßstab ist. Ich weiß genau, auf welchem Level dieses Motorrad ist. Mit der nötigen Zeit werden wir ein Paket schnüren, welches in der Lage ist, um den WM-Titel zu kämpfen.»