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Andere Prioritäten: SBK-WM findet ohne Medien statt

Kolumne von Günther Wiesinger
In Argentinien sind die Medien in einem Zelt untergebracht: Das fällt dieses Jahr wohl weg

In Argentinien sind die Medien in einem Zelt untergebracht: Das fällt dieses Jahr wohl weg

Wenn die Superbike-Saison neu beginnt, werden die Berichterstatter der TV-Sender, Online- und Printmedien sowieso die Mehrzahl der Fotografen ausgeschlossen. Aber das wird in anderen Sportarten ähnlich gehandhabt.

Wenn voraussichtlich am ersten August-Wochenende die Superbike-WM in Jerez weitergeht, dann muss Promoter Dorna die Anzahl der Paddock-Insassen auf zirka 1000 Menschen reduzieren. Deshalb werden die Teamgäste fehlen, die Marketing-Experten und Presseleute der Teams. Auch die Medien bleiben ausgeschlossen, mit Ausnahme der Dorna-Mannschaft für die TV-Produktion, dazu kommen einige wenige Fotografen oder Foto-Agenturen, welche die Dorna, die Teams, manche Verlage und andere Kunden beliefern sollen.

In einigen Ländern werden jetzt Forderungen laut, die Dorna soll eine gewisse Anzahl von schreibenden Journalisten im Paddock zulassen, denn es bestehe eine Informationspflicht, die Dorna dürfe kein Arbeitsverbot verhängen. Etwa alle Journalisten mit einem permanenten Pass. In der Realität gibt es nur fünf oder sechs Reporter, welche die Superbike-WM bei so gut wie allen Rennen und Tests begleiten.

Aber die Dorna ist an die Vorschriften und Verordnungen der Regierungen und Gesundheitsbehörden gebunden. Meiner Meinung nach sollte zuerst einmal – im Interesse des ganzen Sports – der Saisonstart gewährleistet werden, damit nicht die ganze Saison 2020 dem Coronavirus zum Opfer fällt.

Die ganze Welt musste sich in den letzten Wochen an Ausgangsbeschränkungen, Hausarreste, Quarantänebestimmungen, Reiseverbote, Grenzschließungen, Flugverbote, Versammlungsverbote, an Plexiglasscheiben, ans Maskentragen, ans Abstandhalten und an gesperrte Geschäfte, Restaurants und Hotels gewöhnen, dazu an Absagen von Sport- und Kulturveranstaltungen.

Deshalb wird sich das Weltgeschehen weiterdrehen, wenn einzelne SBK-Events vorläufig ohne Berichterstatter vor Ort über die Bühne gehen müssen. Es existieren im Gegensatz zu früher moderne Kommunikationsmittel, die so eine Situation erträglich machen.

Wenn ganze Konzerne vorläufig mit virtuellen Plattformen für Telefonkonferenzen (wie Zoom oder MS Team) geleitet werden können, werden die Teams und Werke auch Möglichkeiten finden, ein paar gehaltvolle Nachrichten in die Welt zu posaunen.

Was die Hygienevorschriften betrifft, so wird man im Paddock der Formel 1, MotoGP-, Superbike- oder Motocross-WM ähnliche Maßnahmen vorfinden, wie sie für die Fußballigen etwa in Italien oder Deutschland vorgesehen sind. Die Abstandswahrung bleibt das oberste Gebot, dazu sollen die Teams wie Großfamilien leben und sich im Idealfall nicht untereinander vermischen, weder bei der Anreise, noch bei der Verpflegung, noch in den Boxen und in den Hotels. Teamfotos, Händeschütteln und Umarmungen sind unerwünscht, häufiges Händewaschen wird empfohlen, im Paddock und an den Boxen sollen die Türen möglichst geöffnet bleiben.

Die Dorna arbeitet jetzt fieberhaft an einem «closed door protocol». Es sieht auch vor, dass mehr Supersport-Teams als üblich im Paddock in Zelten ihr Quartier aufschlagen; sie werden nicht mehr teilweise zu dritt in eine Box gequetscht. «Social distancing» heißt die Devise. Auch das Aufstellen der großen Hospitalitys wird untersagt, die Teams werden sich mit kleinen Catering-Services begnügen – wie bei den Übersee-Rennen.

Häufig berührte Flächen wie Tische und Türklinken und Treppengeländer im Paddock müssen mindestens einmal täglich gereinigt und desinfiziert werden. Kontakt zu potenziell kontaminierten Gegenständen wie z.B. Pfefferstreuer, Salzstreuer, Trinkgläser, Zigaretten, Handtücher usw. soll tunlichst vermieden werden.

Jede positiv getestete Person wird sofort isoliert. Alle Kontaktpersonen werden sofort noch einmal einem Schnelltest unterzogen.

In der SBK-WM werden die Teams vor der Abreise einen Covid-19-Test absolvieren müssen und erneut bei der Ankunft im Paddock. Und an jedem Morgen wird am Eingang zum Paddock mit Hilfe von «Bodyscreening» die Körpertemperatur gemessen.

Selbst wenn die Dorna eine geringe Anzahl von Berichterstattern zulassen würde, wäre mit Erschwernissen zu rechnen. Jeder Reporter müsste vor der Abreise einen Virustest machen, bei der Ankunft wieder, die Tests kosten in Deutschland oder Österreich knapp 200 Euro. Diese Kosten müssten selber getragen werden, außerdem sind Tests bei Einzelpersonen ohne Symptome nicht überall erhältlich.

Dazu dürften die Testergebnisse bei der Einreise ins jeweilige Land nicht älter als vier Tage sein. Das könnte bei Berichterstattern aus Japan oder Amerika oder sonstwo zu Komplikationen führen.

In knapp zwei Monaten kann die Verbreitung des Virus’ auch in den bisher stark betroffenen Ländern weiter eingedämmt werden. Es kann auch aber zu einer zweiten Infektionswelle kommen. Das zeigte sich in Singapur und Südkorea. Sogar in Deutschland sind jetzt neue Cluster entstanden.

Deshalb weiß niemand, ob bis Ende Juli alle Reisewarnungen in Europa aufgehoben sind und alle Linienflüge fliegen werden. 2500 km von Mitteleuropa nach Jerez – diese Strecke will niemand mit dem Auto zurücklegen.

Die Dorna muss zwei Weltmeisterschaften (MotoGP und SBK) mit viel Fingerspitzengefühl, betriebswirtschaftlichem Instinkt und Management-Power am Leben erhalten. Allein die GP-Teams erhalten in normalen Jahren ca. 70 Millionen Euro pro Saison. Und die Dorna hat den Teams fast 20 Millionen bis zum Jahresende zugesichert, auch für den Fall, dass kein einiger Grand Prix stattfindet.

Bisher weiß niemand, ob die Behörden für die beiden Grands Prix und den SBK-Event in Jerez grünes Licht geben. Deshalb sollten wir der Dorna vorläufig Zeit geben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, also auf den Neustart der Saison. Dann kann sie die ungewöhnliche Saison vielleicht zumindest ohne riesige Verluste abschließen.

Kalender Superbike-WM 2020, Stand 11. Mai:

28.02.–01.03. Phillip Island/Australien
03.07.–05.07. Donington Park/Großbritannien
31.07.–02.08. Jerez/Spanien
21.08.–23.08. Assen/Niederlande
28.08.–30.08. Aragon/Spanien
04.09.–06.09. Portimão/Portugal
18.09.–20.09. Barcelona/Spanien
02.10.–04.10. Magny-Cours/Frankreich
09.10.–11.10. San Juan/Argentinien
06.11.–08.11. Misano/Italien

Abgesagt: Imola/Italien, Oschersleben/Deutschland

Ohne Termin: Losail/Katar

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