MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Scott Redding so ängstlich wie nie: «Warum in Most?»

Von Ivo Schützbach
Halten Most für viel zu gefährlich: Rabat, Redding, Davies und Rea (v.l.)

Halten Most für viel zu gefährlich: Rabat, Redding, Davies und Rea (v.l.)

Ducati-Werksfahrer Scott Redding hat schon im Vorfeld der Superbike-WM-Premiere in Most heftige Kritik an der Sicherheit des Autodroms geübt. Nach dem Trainings-Freitag sprach der Engländer noch einmal Klartext.

Scott Redding ist eine ehrliche Haut, er sagt unverblümt, wie er zu den Dingen steht – politische Korrektheit ist ihm zuwider. Nachdem er sich bei einem Track-Day im Juli mit dem Autodrom in Most vertraut gemacht hat, stand für den Vizeweltmeister fest: Auf diese Rennstrecke gehört kein WM-Lauf, sie ist viel zu gefährlich.

Diese Ansicht vertreten sehr viele Fahrer, gleich neun Superbike-Piloten verzichteten auf das nasse FP2 am Freitagnachmittag. Als die Youngster des Yamaha-R3-Cups auf nasser Strecke ihr Qualifying hätten fahren sollen, beurteilte die Rennleitung die Verhältnisse selbst für die kleinen 42-PS-Maschinen als zu gefährlich und sagte die Session ab.

«Mit dem, was ich in Assen gesagt habe, war ich nicht weit weg», meinte Redding am Freitagabend, nachdem er den Tag als Drittschnellster hinter Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) und Alex Lowes (Kawasaki) beendet hatte. «Taten sagen mehr als Worte. Wenn wir Toprak außen vor lassen, dann sind die Topfahrer der Werksteams im nassen FP2 nicht gefahren, das hat einen Grund. Der Grund ist: Es ist nicht sicher. Es ist nicht mal im Trockenen sicher. Ich fürchte mich, in einigen Kurven bekomme ich Gänsehaut. Ich denke mir, dass ein Sturz an dieser Stelle das Ende meiner Karriere bedeuten kann. So etwas sollte man auf einer WM-Strecke nicht denken. Es fühlte sich schon mit dem Straßenmotorrad unsicher an, an einigen der gefährlichsten Stellen stehen nicht einmal Airfences. Ich verstehe nicht, weshalb das so ist. Wenn du mit 100 km/h vor oder nach deinem Motorrad in eine Mauer krachst, dann kannst du nichts machen. So sollte es nicht sein.»

«Wenn nichts passiert, ist die Strecke großartig», unterstrich der Engländer beim Treffen im kleinen Journalistenkreis. «Sie macht Spaß, ich genieße das Fahren hier. Das Risiko, welches die Strecke mit sich bringt, genieße ich hingegen nicht. Als der Regen kam, war ich gegen das Fahren. Der Asphalt bietet recht viel Grip, das bedeutet viel Kurvenspeed. Wenn du dann aber stürzt, hast du weniger Reibung und schlidderst leichter und schneller in die Begrenzungsmauer. Meine Frage lautet: Warum sind wir hier? Ich riskiere mein Leben, viele andere tun es nicht. Wenn mir einer erzählt, dass ich fahren soll, dann soll er meinen Helm aufsetzen und selbst fahren. Ich bin glücklich damit, ich bin dann auf der sicheren Seite. Ich gehe immer ein Risiko ein, wenn ich auf die Strecke gehe, das weiß ich. Dieses Risiko muss aber nicht gesteigert werden, wenn das nicht notwendig ist. Deshalb haben vor allen die älteren Fahrer auf das FP2 verzichtet. Okay, Haslam fuhr, aber er würde auch fahren, wenn es schneit. Das Problem ist, dass es solche Entscheidungen schwieriger machen, unsere Position zu vertreten. 13 Piloten fuhren und alles ging gut, damit habe ich kein Problem. Aber wie schlimm ist der Schaden, wenn es nicht gut läuft? Ich drücke die Daumen, dass wir ein Wochenende haben, an dem nichts passiert und alle gesund nach Hause gehen. Aber es könnte auch einen Vorfall geben, der das ganze Fahrerlager aufweckt und sich alle fragen, was zur Hölle wir hier tun. In diese Situation müssen wir nicht kommen, jeder weiß, dass die Strecke nicht sicher ist. Und trotzdem werden wir dazu gedrängt, hier zu fahren.»

Redding weiter: «Ich respektiere zu 100 Prozent was die Dorna alles unternimmt, um einen Kalender auf die Beine zu stellen. Aber das muss im Rahmen eines gewissen Niveaus geschehen. Jeder sieht die Kurven, die nicht sicher sind. Stell dir vor, was uns durch den Kopf geht, wenn wir durch so eine Kurve im fünften Gang und mit 220 km/h fahren. Ich schaue auf die Mauer und hoffe, dass mein Tag noch nicht gekommen ist. Aber weil andere Leute entschieden haben, dass wir hier fahren, müssen wir fahren. Sicher, es kann immer etwas passieren. Dafür gibt es gewisse Sicherheitsstandards, um das Risiko zu minimieren. Hier gibt es keine Vorsorge. Selbst wenn wir Airfences um die ganze Strecke hätten, würden sie in gewissen Situationen nichts verhindern. Wenn der Vorfall von Gerloff und Toprak in Assen hier in Kurve 12 passiert, und womöglich ein Dritter nicht ausweichen kann, dann gibt es keine Chance, irgendwohin zu fahren. Man kann sich hier beinahe nirgends einen Fehler erlauben.»

Ergebnis Superbike-WM, Most, Freitag
Pos Fahrer Motorrad Zeit Diff
1. Toprak Razgatlioglu Yamaha 1:33,022 min
2. Alex Lowes Kawasaki 1:33,622 + 0,600 sec
3. Scott Redding Ducati 1:33,663 + 0,641
4. Marvin Fritz Yamaha 1:33,809 + 0,787
5. Andrea Locatelli Yamaha 1:33,861 + 0,839
6. Jonathan Rea Kawasaki 1:33,862 + 0,840
7. Tom Sykes BMW 1:34,006 + 0,984
8. Alvaro Bautista Honda 1:34,085 + 1,063
9. Karel Hanika Yamaha 1:34,142 + 1,120
10. Garrett Gerloff Yamaha 1:34,155 + 1,133
11. Michael vd Mark BMW 1:34,267 + 1,245
12. Axel Bassani Ducati 1:34,278 + 1,256
13. Michael Rinaldi Ducati 1:34,528 + 1,506
14. Leon Haslam Honda 1:34,548 + 1,526
15. Jonas Folger BMW 1:34,615 + 1,593
16. Tito Rabat Ducati 1:35,267 + 2,245
17. Chaz Davies Ducati 1:35,385 + 2,363
18. Kohta Nozane Yamaha 1:35,408 + 2,386
19. Isaac Vinales Kawasaki 1:35,853 + 2,831
20. Christophe Ponsson Yamaha 1:36,068 + 3,046
21. Alessandro Delbianco Honda 1:36,077 + 3,055
22. Loris Cresson Kawasaki 1:37,193 + 4,171
23. Jayson Uribe Kawasaki 1:39,148 + 6,126

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