Warum es in der SBK-WM keine V4-Honda mehr geben wird
Die RC45 mit John Kocinski
Seit James Toseland 2007 wartet Honda auf den nächsten Titelgewinn in der Superbike-WM. Der Triumph des Engländers war der einzige von Honda mit der Fireblade, die bis heute mit einem Vierzylinder-Reihenmotor ausgestattet ist.
Erfolgreicher war Honda mit dem V-Konzept. 1988 und 1989 gewann Fred Merkel mit der legendären VFR750 RC30, 1997 sorgte John Kocinski mit der RVF750 RC45 für den dritten Titel mit einem V4-Motor. Colin Edwards fügte 2000 und 2002 zwei Weltmeisterschaften mit der VTR1000 SP hinzu, bei der ein V2 für Vortrieb sorgte.
Viele Honda-Fans hatten auf einen würdigen Nachfolger der legendären V-Motorräder gehofft, doch die 2020 eingeführte CBR1000RR-R ist weiterhin mit einem Reihenvierzylinder-Motor ausgestattet.
SPEEDWEEK.com sprach mit Yuzuru Ishikawa von Honda über die Beweggründe, auf den V4 zu verzichten. Der Japaner ist «Large Project Leader» sowohl für die käufliche Straßenversion der Fireblade als auch für das Superbike-Projekt.
Ishikawa-San, wenn ihr unter Berücksichtigung der reglementarischen finanziellen Obergrenze von 40.000 Euro eine moderne Version der RC30/RC45 gebaut hättet, wären nicht sofort alle 500 Stück verkauft gewesen?
Das Image von Honda spielte dabei eine Rolle: Wir beherrschen beide Bauformen. Wenn nur Rennresultate zählen wie in der MotoGP-WM, setzen wir einen Prototyp mit V4 ein. Es geht nur um Power, Speed und Performance, weitere Anforderungen gibt es nicht. Die Fireblade ist ein Serienmotorrad, bei dem wir sowohl die Anforderungen des Rennsports als auch des Alltagseinsatzes berücksichtigt haben.
Aber alle Experten sagen, ein V4 sei der ideale Motor für den Rennsport. Hat sich Honda aus Marketinggründen oder aufgrund technischer Überlegungen für den Reihenmotor entschieden?
Wir haben den Reihenmotor ausschließlich aufgrund technischer Gründe gewählt. Der Reihenmotor hat wie der V4 Vor- und Nachteile. Beim Reihenmotor bleibt mehr Platz für Nebenaggregate. Ebenso ist die Balance des Motorrads besser als bei einem V4. Wenn man jedoch die höchste Motorleistung und das letzte Quäntchen Speed anstrebt, ist der V4 besser.
Weil das Superbike-Werksmotorrad auf einem Serienmotorrad basieren muss, mussten wir auch die Anforderungen an dieses Serienmotorrad berücksichtigen. Und davon gibt es eine Vielzahl, vor allem Lärm- und Abgasnormen. Deshalb brauchen wir im Serienmotorrad Platz für technische Einrichtungen, welche die Einhaltung dieser Normen ermöglichen. Im Rennmotorrad wird dieser Bauraum nicht benötigt, und wir können andere Bauteile so platzieren, dass wir eine perfekte Balance und eine hohe Rennstreckenperformance erreichen. Bei einem V4 wären wir zu Kompromissen gezwungen, zum Beispiel bei der Gewichtsverteilung. Diese Kompromisse müsste man dann entweder im Serienmotorrad oder im Rennmotorrad hinnehmen. Deshalb haben wir uns für den Reihenmotor entschieden.