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Remy Gardner: «Leider hat sich Racing so entwickelt»

Von Manuel Pecino
Remy Gardner in Australien

Remy Gardner in Australien

Heute gefeierter Held, morgen abserviert: Remy Gardner als Moto2-Weltmeister von 2021 kann ein Lied davon singen. «Du musst deinen Weg finden und die Realität akzeptieren», sagt der Superbike-Rookie.

Die ersten beiden Veranstaltungen der Superbike-WM 2023 hat Remy Gardner aus dem Giansanti Racing Team mit seiner Yamaha R1 hinter sich. In Australien stürzte er im Superpole-Race und räumte dabei seinen Teamkollege Domi Aegerter ab. Auf das erste Hauptrennen in Indonesien musste er wegen einer schlimmen Magen-Darm-Infektion verzichten. Mit 19 Punkten liegt der 25-Jährige vor dem Europa-Auftakt in Assen (21.–23. April) auf dem 13. Gesamtrang, Platz 7 im zweiten Hauptrennen auf Lombok ist sein bislang bestes Ergebnis.

SPEEDWEEK.com warf zusammen mit Remy Gardner einen Blick in die Vergangenheit und wie sich der Rennsport entwickelt hat.

Remy, beim Durchstöbern alter Fotos aus deiner Karriere sind wir über eines gestolpert, das dich als Kind auf einer Team-Monlau-Honda zeigt. Seither ist viel Wasser unter der Brücke durchgeflossen.

Ja, es ist viel Zeit vergangen, vieles ist passiert, und es gab Momente, in denen ich mir sagte: Dieser Sport ist nicht das Richtige für mich. Ja, es ist sehr schwierig, sehr hart, doch wenn du eine Kämpfernatur bist, wirst du dein Ziel erreichen.

Erfolge sind kurzlebig, und du kannst ein Lied davon singen: Moto2-Weltmeister 2021, eine frustrierende Saison 2022 als MotoGP-Rookie, jetzt Rookie in der Superbike-WM.

Leider hat sich der Rennsport in dieser Weise entwickelt. Heute gewinnst du, und wenn du morgen nicht gewinnst, wirst du vor die Tür gesetzt. Das ist alles andere als ideal, doch okay, du musst deinen Weg trotzdem finden und die Realität von heute akzeptieren, wie sie ist.

Es ist deine Realität, wegen des Berufs, den du gewählt hast.

Ja. Ich denke, früher war es nicht so, doch leider hat sich unser Sport in den letzten fünf Jahren sehr geändert. Doch wie ich gesagt habe, du musst deinen Weg finden und dein Bestes geben.

Gab es letztes Jahr einen Punkt, an dem du gedacht hast: Ich werfe alles hin und gehe nach Hause?

Ich war oft an diesem Punkt, fast jeden Tag. Wenn es nicht gut läuft, ist es schwierig, den Willen zum Weitermachen aufzubringen. Nichtsdestotrotz habe ich bis zum Ende immer mein Bestes gegeben. Wenn ich aufs Motorrad steige, versuche ich immer, mein Bestes zu geben, für mich und für die Leute, die ich mag und wertschätze. Es ist auch nicht so, dass ich langsam gewesen wäre.

Das habe ich auch nicht gesagt. Es waren die Umstände.

Ja. Wir haben alle unter der Situation gelitten. Wir sind alle nur Menschen, und von solchen Situationen werden wir mental beeinträchtigt. Doch wie ich gesagt habe, bin ich auch in schweren Zeiten aufs Motorrad gestiegen und schnell gefahren.

Du hast bestimmt auch Selbstzweifel durchgemacht. Hast dich gefragt, was passiert, bin ich noch der derjenige, der die WM gewonnen hat oder bin ich ein anderer?

Das ist mir schon zuvor einmal passiert. Als ich angefangen habe, war ich voller Glück, weil ich in Spanien ankam und sofort Siege und Podestplätze errang. Doch als ich in die Moto2-Klasse wechselte, mit Tech3, da ist genau das passiert, was du gerade gesagt hast. Da waren diese Momente von «vielleicht ist das nichts für mich» oder «vielleicht bin ich nicht in der Lage, das zu tun». Doch dann passiert das Unerwartete, ein kleiner Durchbruch, und du tankst Selbstvertrauen und beginnst an deiner Aufgabe zu wachsen. Ich bin durch Phasen des Selbstzweifels gegangen und habe sie überstanden.

Wie groß ist der Unterschied zwischen einem Superbike und einer MotoGP-Maschine?

Sie sind grundverschieden. Für mich bietet ein Superbike viel mehr Fahrspaß, 25 Mal so viel! Es ist zum aktiven Fahren da. Ich sprach mit Alvaro Bautista und er hat gesagt, dass du ein paar Zehntelsekunden finden kannst, wenn du hier und dort noch stärker Druck machst. Mit einer MotoGP-Maschine erreichst du das Limit der Elektronik, und dann ist es, als ob du gegen eine Mauer läufst, das Bike gibt dir einfach nicht mehr. In der MotoGP-Klasse ist es so gut wie unmöglich, das Motorrad übers Limit zu pushen. Das Essenzielle bei den Superbikes ist, dass ein Fahrer immer noch etwas beitragen kann, dass er den Unterschied macht.

Hast du die Freude, die im letzten Jahr verloren ging, schon wiedergefunden?

Es war schwer, doch was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Was immer letztes Jahr passiert ist: Jetzt kann ich es nicht erwarten, auf mein Bike zu steigen.

Kannst du dir den Adrenalinschub ausmalen, den ein Podestplatz bei den Superbikes in dir auslösen wird?

Ja, klar! Allein die Option auf einen Podestplatz zu haben, wie auf Phillip Island, war schon gewaltig. Es ist schlecht ausgegangen, doch zumindest habe ich dafür kämpfen können. Ich kämpfte für etwas, was einen Wert hatte.

Superbike-WM 2023: Stand nach 6 von 36 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Alvaro Bautista (E) Ducati 112
2. Toprak Razgatlioglu (TR) Yamaha 75
3. Andrea Locatelli (I) Yamaha 70
4. Axel Bassani (I) Ducati 51
5. Michael Rinaldi (I) Ducati 47
6. Jonathan Rea (GB) Kawasaki 44
7. Xavier Vierge (E) Honda 43
8. Danilo Petrucci (I) Ducati 36
9. Iker Lecuona (E) Honda 33
10. Dominique Aegerter (CH) Yamaha 24
11. Philipp Öttl (D) Ducati 23
12. Alex Lowes (GB) Kawasaki 22
13. Remy Gardner (AUS) Yamaha 19
14. Scott Redding (GB) BMW 17
15. Michael vd Mark (NL) BMW 16
16. Garrett Gerloff (USA) BMW 15
17. Loris Baz (F) BMW 6
18. Lorenzo Baldassarri (I) Yamaha 3
19. Hafizh Syahrin (MAL) Honda 2

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