Yamaha sicher: Bald platzt bei Johnny Rea der Knoten
Paul Denning und Jonathan Rea (v.l.)
Der Team- und Markenwechsel hat sich für Jonathan Rea bisher nicht ausbezahlt. Während sein früherer Kawasaki-Teamkollege Alex Lowes mit der ZX-10RR auf Phillip Island zwei Siege feierte und nach Barcelona WM-Dritter ist (punktgleich mit Alvaro Bautista/Ducati auf Platz 2) und sein Vorgänger bei Yamaha, Toprak Razgatlioglu, als WM-Vierter in Barcelona ebenfalls zwei Rennen gewann, rangiert der Nordire mit nur acht Punkte auf Rang 17 der Gesamtwertung.
Nie zuvor war der 37-Jährige so schlecht in eine neue Superbike-Saison gestartet! An der Yamaha R1 liegt es nicht: Razgatlioglu wurde noch 2023 Vizeweltmeister und Andrea Locatelli brauste in diesem Jahr bereits zweimal auf das Podest.
«Wenn man Herausforderungen hat, wie wir sie mit Jonathan bei den ersten Meetings hatten, besteht die Gefahr, dass man überreagiert und die falschen Dinge tut», weiß Yamaha-Teamchef Paul Denning. «Der Trick besteht darin, nicht mit Schuldzuweisungen zu beginnen, sondern die Schwierigkeiten rational zu bewerten und sich an einen Prozess zu halten. Man muss sicherstellen, dass man die richtigen Dinge tut, um die Performance zu verbessern. Auch das ist eine Herausforderung, denn wenn es nicht in die richtige Richtung läuft, schießt man mitunter über das Ziel hinaus und schafft mehr Probleme, als man löst.»
Zwangsläufig gerät bei der Ursachenforschung auch das direkte Umfeld des sechsfachen Weltmeisters ins Visier. Während Razgatlioglu seinen langjährigen Crew-Chief Phil Marron mit zu ROKiT BMW nahm, brachte Rea keine Schlüsselpersonen mit zu Yamaha und bekam Andrew Pitt als Cheftechniker zugewiesen. Der Australier betreute zuvor Andrea Locatelli. Rea und Pitt kennen sich seit vielen Jahren; in der Supersport-WM 2008 waren sie bei Ten Kate Honda Teamkollegen.
In dieser Personalie sieht Denning aber kein Problem. «Ich würde sagen, dass es trotz der Ergebnisse ausgezeichnet läuft. Offensichtlich hatten alle einen sehr schwierigen Test und ein sehr schwieriges Rennen in Australien. Wenn ein Fahrer einen schweren Sturz hat und dann noch einen in der gleichen Kurve und die Dinge nicht laufen, dann sind die Spannungen zu spüren», verriet Denning. «Andrew Pitt hat jedoch sehr gut darauf reagiert und während des Tests und des Rennens einen wirklich soliden Job gemacht. Die Probleme, die wir in Rennen 1 und in der Superpole hatten, hätte Andrew nicht verhindern oder verbessern können. Er tut sein Bestes, um alles positiv und ruhig zu halten.»
Der Engländer weiter: «Jonathan hat großes Vertrauen in Andrew und seine Arbeitsweise. Ich denke, weil sie sich schon so lange und persönlich kennen, gab Jonathan ein Maß an Vertrauen und Sicherheit, das er sonst vielleicht nicht gehabt hätte. Wir hatten vielleicht keinen positiven Start in die Geschichte, aber wenn wir weiter positiv arbeiten, dann können wir einen guten Mittelteil und ein gutes Ende haben.»
Rea avancierte zuvor in neun Jahren mit Kawasaki zum erfolgreichsten Superbike-Piloten. Team und Motorrad wurden dem Nordiren auf den Leib geschneidert. Es ist klar, dass er eine solche Situation bei Pata Prometeon Yamaha nicht vorfinden konnte. «Natürlich muss er sich an die neue Situation gewöhnen, zumal er – und das ist eher ungewöhnlich bei einem Rennfahrer – so lange auf demselben Motorrad und im selben Team gefahren war», ist sich der Teamchef bewusst. «Die Anpassung ist vielleicht ein wenig schwieriger, als es hätte sein können. Ich glaube aber nicht, dass es noch viel mehr braucht, um das letzte Quäntchen Selbstvertrauen zu gewinnen und sich zu trauen, über sich hinauszuwachsen, dem Motorrad zu vertrauen und um das Podium zu kämpfen.»