Laguna Seca: Fehlende Helden, Erdbeben, Nationalgarde
Der Miller Motorsports Park in der Mondlandschaft Utahs ist Geschichte, das idyllisch in die kalifornischen Berge eingebettete Laguna Seca die neue Heimat der Superbike-WM in den USA. MotoGP im langweiligen Indianapolis und im von Cowboys regierten Texas, Superbike in Laguna – das lobe ich mir! Hoffentlich sieht das auch WM-Vermarkter Dorna so und verlängert den Ein-Jahres-Vertrag um viele Sonnenumläufe.
Die Strecke gehört nicht nur fahrerisch zu den anspruchsvollsten der Welt, sie hat auch Drumherum einiges zu bieten.
Nehmen wir das Media Center. Während in Silverstone der sinnlose Prachtbau «Wing» in Beton gegossen wurde, tut es in Kalifornien auch ein Zelt. Ein recht großes, wohlgemerkt. Mit immerhin drei Fernsehern. Wer weiter hinten als in der dritten Reihe sitzt, braucht ein Fernglas. Aber so ist das Leben: Wer zuletzt kommt wird bestraft.
«Früher ging es hier noch viel wilder zu», erinnerte sich SPEEDWEEK-Mitarbeiter Gordon Ricthie. «Das Medien-Zelt stand oben auf dem Berg. Wir haben uns die Rennen live angesehen, nicht auf Monitoren. Dazu haben wir Tische aufeinander gestellt, um besser zu sehen. Wer mit seinem Stuhl zu weit nach hinten rutschte, stürzte ab!»
Vor dem Zelt arbeiten wäre auch dieses Jahr gescheiter gewesen, da hätte es wenigstens keine Minus-Temperaturen gehabt.
Zumindest Internet-technisch sind die Amis im 21. Jahrhundert angekommen. Noch vor wenigen Jahren hätte man nicht meinen können, dass Laguna nur knapp 200 Kilometer vom Silicon Valley entfernt liegt, wo einige der klügsten Köpfe dieses Erdenrunds arbeiten. Nur regnen sollte es nicht, dann ersaufen wir in dem Zelt.
Angst vor Flächenbränden und Erdbeben
An Errungenschaften fehlt es dem Nordamerikaner nicht. So gibt es auf der Rennstrecke speziell ausgewiesene Raucherbereiche mit speziellen Hartplastik-Kübeln für die Kippen. Wir wollen ja nicht, dass sich der Asphalt des Fahrerlagers oder die zahlreichen Stahlcontainer an einer Zigarette entzünden und in ein Flammenmeer verwandeln. Oder, dass durch das Wegwerfen einer Kippe ein Erdbeben ausgelöst wird. Safety first. Nicht rauchen ist ohnehin gesünder.
Laguna hat etwas von Camping. Nicht nur wegen der riesigen Wohnmobile, die um die ganze Strecke herum parkiert sind. Auch die Teams hausen und essen unter Zelten. Okay, nur die WM-Teams. Die US-Teams haben natürlich ihre riesigen Trucks mit überdimensionalen Zelten dabei. Das macht schon was her. Wenn dann ein Team auch noch von der Nationalgarde gesponsert wird und eine 13-Jährige die Nationalhymne trällert, dann lacht das rot-weiß-gestreifte Herz.
Sprit saufen wäre billiger
Inzwischen verstehe ich auch, weshalb der amerikanische Fan (ebenso wie der deutsche) lieber zum Bier als zum Wasser greift. Drei Wasserflaschen, zusammen immerhin ein Liter, kosten läppische neun Dollar, gute sieben Euro. Eine Gallone Benzin, das sind 3,78 Liter, bekommt man für zirka 3,50 Dollar. Sprit saufen wäre billiger als Wasser – und Bier.
Apropos Fans. Waren es nicht schon mal mehr bei US-Rennen? «Wir brauchen einen Helden, derzeit gibt es keinen», wusste der Moderator eines Radiosenders. «Als Ben Spies Weltmeister wurde, war es viel besser. Oder als Nicky Hayden die WM gewann, da herrschte richtig Interesse.»
Da wundert es nicht, dass die amerikanischen Fahrer kaum etwas über die WM wissen. Superbike-Meister Josh Herrin fragte mich, wie bekannt Stefan Bradl in Deutschland wäre, ob er auf der Straße erkannt wird. Leider musste ich das verneinen. Der Traum vom Superstar in Europa ist für den Jungen aus Georgia wie eine Seifenblase zerplatz.