Jürgen Röder: «Man muss jetzt einen Neuanfang wagen»
In der Sidecar-WM müssen die nationalen Top-Gespanne mitfahren
Am ersten Oktober-Wochenende steht in Oschersleben der vorletzte Durchgang zur diesjährigen Seitenwagen-Weltmeisterschaft auf dem Plan. Das Finale folgt am 29. und 30. Oktober in Estoril (Portugal). «Es kann nicht angehen, dass man in einer WM die Teams zum Pannoniaring, nach Rijeka oder nach Portugal runterjagt, das macht alles keinen Sinn», sagt Jürgen Röder, Teamchef von Bonovo Action, zum Terminplan der WM.
Und selbst Roger Body vom Promoter Santander Salt sagte schon im vergangenen Jahr zu SPEEDWEEK.com: «Pannonia ist Clubrace, da sind keine Zuschauer, so geht es nicht vorwärts mit den Sidecars und in Portugal sind die Sidecars eher unbekannt. Rijeka ist dagegen eine gute Strecke mit vielen interessierten Zuschauern, aber das ist auch keine Plattform für uns, letztlich nicht geeignet, weil zu wenig Öffentlichkeit, sprich kein Fernsehen da ist. Der Sport wird so sterben.»
In dieser Saison waren wieder keine Livebilder von der Sidecar-WM zu sehen, weder im TV noch im Internet. «Da lob ich mir die IDM mit ihrem Livestream, aber von der WM gibt es nichts», findet auch Jürgen Röder. Und weiter: «In der Seitenwagen-WM sind strukturelle Probleme vorhanden. Wir müssen es wieder schaffen, in den Fokus der Medien zurück zu kommen. Wir müssen es schaffen, wieder bewegte Bilder von den Rennen zu haben, möglichst live und nicht erst zwei Wochen später. Und dann müssen wir es schaffen, Sponsoren zu finden, die da in irgendeiner Form mit einsteigen. Es ist aber nicht getan mit 50.000 Euro, man braucht da wesentlich mehr.»
Jürgen Röder ist Visionär, er möchte die Sidecars wieder mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Für den Unternehmer aus Hessen sind die nationalen Ligen die Fundamente, aus denen heraus die Teams für die Weltmeisterschaft entstehen. Röder: «Die stärksten Teams der einzelnen Nationen sollten dann in die WM gehen, aber die Seitenwagen-WM, wie sie sich momentan darstellt, ist keine wirkliche Weltmeisterschaft, denn da fehlen außer Europa ja die anderen Kontinente.»
Röder schwebt eine Art Europacup mit den Top-Sidecarteams aus den nationalen Formaten wie der IDM und der BSB oder der französischen Meisterschaft vor, mit deutschen, britischen, niederländischen, französischen und belgischen Duos. «Vielleicht zwei Wochenenden mit vier Rennen, mit den je besten fünf Teams aus den verschiedenen Verbänden, 15 bis 20 Fahrer, da müssen wir zusammenarbeiten», so Röder. Und: «Wenn die nationalen Strukturen weiter verbessert werden, gibt es in ein paar Jahren vielleicht eine wirkliche Weltmeisterschaft.»
Wie es zukünftig mit der Sidecar-WM weitergeht ist noch nicht entschieden. Fest steht, dass der bisherige Promoter Santander Salt mit Roger Body an der Spitze, der auch die momentanen WM-Leader Todd Ellis/ Emmanuelle Clement (GB/F) betreut, zum Saisonende aufhört. Es gibt in der FIM Gespräche, wo man über neue Wege nachdenkt.
Röder und andere haben verschiedene Modelle auf dem Zettel, wo die dringend benötigten Sponsoren mit einsteigen könnten. «Wir wollen alles daran setzen, dass der Gespannsport weiter bestehen bleibt», sagt Jürgen Röder, «aber es muss jetzt etwas in diese Richtung getan werden und nicht erst im Dezember, denn jetzt werden die Weichen für die kommende Saison gestellt.»
Röder schwebt vor, sich mit der FIM und der Dorna zusammenzusetzen und zu fragen, welche Möglichkeiten es geben könnte, bei mehr als zwei Rennen bei der Superbike-WM mitzufahren. Röder: «Wichtig wäre für uns, auch den TV-Slot mitzubenutzen und zu bezahlen. Man könnte zum Beispiel auch, bevor die mit den Superbike-Übertragungen beginnen, mal in einem dreiminütigen Spot die Gespanne im Rennen zu zeigen. Einfach mal, damit die Leute es sehen. Servus TV hat in der WSBK Minimum 350.000 Zuschauer am Wochenende, das würde so viel für die Sidecars bringen.»
Alles hängt irgendwie am Geld, das ist klar. Auch die Reisekosten spielen hier eine Rolle, wie Röder weiß: «Der Verband müsste Rennen, die weiter weg sind, unterstützen, zum Beispiel beim Transport in andere Länder mit einer freien Passage. Im Autosport gibt es so etwas. Die Sponsoren sagen aber ganz klar, wenn wir nirgends auftauchen, dann geben wir auch nichts dafür. Das würde es für mich auch ungleich schwieriger machen, denn dann ist es nur das reine Privatgeld von mir. Und das ist ganz schnell sechsstellig. Aber es gibt von offizieller Seite auch Meinungen mit weiter so. Doch das hilft definitiv niemandem. Man muss jetzt einen Neuanfang wagen.»