Der schönste Tag im Leben des Christian Parzer
Klaffenböck/Parzer: Nicht nur durch ihre Erfolge, auch durch ihren Hauptsponsor erregten die Österreicher Aufsehen
Seit dem Jahr 1988 bildeten Klaus Klaffenböck und Christian Parzer ein Seitenwagen-Paar. Über die Europameisterschaft führte ihr Weg 1990 in die Weltmeisterschaft, wo sie in ihrer erst dritten Saison bereits an der Weltspitze mitmischten. Nach fünf Podiumsplatzierungen – zwei zweite und drei dritte Plätze – beendeten die beiden Oberösterreicher hinter den Dreiradgrößen Rolf Biland/Kurt Waltisperg und Steve Webster/Gavin Simmons 1992 die Serie an der dritten Stelle.
Nach ihrem ersten Sieg in einem Weltmeisterschaftslauf in Most 1997 und einem weiteren dritten Endrang schlug man 1998 gezwungenermaßen getrennte Wege ein, weil sich die finanzielle Lage als prekär darstellte. Während Klaffenböck den Schweizer Adolf Hänni an Bord nahm, verdingte sich Parzer bei den Deutschen Markus Neumann und Jörg Steinhausen, mit dem er ebenso erfolgreich unterwegs war wie mit seinem Landsmann.
Im Jahr 2001 kam es zur Reunion und die Zusammenarbeit im Gespann klappte auf Anhieb wieder perfekt. Gleich der Saisonauftakt in Valencia wurde eine Beute der Österreicher. Und in dieser Tonart sollte es weitergehen. Nach weiteren Siegen in Monza, Donington und Oschersleben sowie einem zweiten Rang in Misano war der Vorsprung vor den zwei verbleibenden Läufen in Assen und Imola so groß, dass man nicht mehr unbedingt gewinnen musste.
Doch ausgerechnet in den Niederlanden wurde das Team von technischen Problemen heimgesucht. «Wir mussten unmittelbar vor dem Rennen den Motor tauschen und konnten erst in letzter Minute unseren Platz in der Startaufstellung einnehmen», erinnert sich der auf der Isle of Man lebende Klaffenböck im Gespräch mit SPEEDWEEK.com an die bangen Momente, die die Mannschaft vor dem entscheidenden Rennen in der «Cathedral of Speed» durchleben musste.
«Wir haben gewusst, dass wir nur hinter Webster/Woodhead ins Ziel kommen müssen, um uns den Weltmeisterschaftstitel zu sichern, dementsprechend verhalten sind wir gefahren. Wir sind jedem Zweikampf aus dem Weg gegangen, weil wir keinen durch eine Kollision verursachten Ausfall riskieren wollten.» Als dann Webster aufgeben musste, weil sich sein Beifahrer durch eine Unachtsamkeit den Daumen gebrochen hatte, standen die Österreicher als Champions fest.
Nach dem Gewinn des Weltmeistertitels wurde das Fahrerlager in Assen kurzerhand in eine Partyzone verwandelt. «Christian konnte auch neben der Rennstrecke richtig Gas geben. Nach unzähligen Anläufen hatten wir endlich unseren Traum verwirklicht, dementsprechend ausgelassen haben wir gefeiert. Die große Feier gab es dann aber erst beim letzten Rennen in Imola. Es gibt einige im Team, die sich nicht mehr daran erinnern können oder wollen», grinst Klaffi.
Auch nach diesem für den österreichischen Motorsport epochalem Ereignis – nach Rupert Hollaus, der 1954 die Achtelliter-Weltmeisterschaft gewonnen hatte, waren sie die bis dahin einzigen österreichischen Motorrad-Straßenweltmeister – blieben Klaffenböck und Parzer, die längst gute Freunde geworden waren, eine erfolgreiche Paarung. 2002 wurden sie WM-Dritte und 2003 beendeten sie die WM als Vize-Weltmeister.
Nach seiner aktiven Karriere, die durch ein Suchtmittelvergehen mit anschließender Haft jäh gestoppt wurde, hatte der aus der Messe- und Industriestadt Wels stammende Parzer einige Rückschläge zu verkraften. Wie durch ein Wunder überlebte er einen schweren Verkehrsunfall mit seinem Motorrad und einen massiven Schlaganfall. Jedes Mal erwies er sich als zäher Kämpfer, aber die körperlichen Einschränkungen waren ihm danach deutlich anzumerken.
Umso schöner war es für den vom Schicksal Gebeutelten, als er im vergangenen September mit Klaffenböck beim Oldtimer-Grand-Prix in Schwanenstadt unter dem Applaus von tauschenden Motorsportfans im Seitenwagen nochmals eine Ehrenrunde drehen konnte. Niemand wusste damals, dass Parzer nur noch wenige Monat Lebenszeit beschieden waren. «Christian war ein harter Hund, wie man bei uns sagt, aber da habe ich ihn zum ersten Mal vor Glück weinen gesehen.»
Parzer, der am 8. Juli nur wenige Wochen vor seinem 62. Geburtstag starb, hinterlässt seine Schwester Petra, der unser ganzes Mitgefühl gilt.
Erfolge
10 Grand-Prix-Siege
40 weitere Top-3-Plätze
2001 Seitenwagen-Weltmeister mit Klaus Klaffenböck
2003 Vize-Weltmeister mit Klaus Klaffenböck
1992 WM-Dritter mit Klaus Klaffenböck
1993 WM-Dritter mit Klaus Klaffenböck
1997 WM-Dritter mit Klaus Klaffenböck
2000 WM-Dritter mit Jörg Steinhausen
2002 WM-Dritter mit Klaus Klaffenböck