Martin Smolinskis Ideen: Vorreiter war Simon Wigg
Zum ersten Speedway-Grand-Prix in Neuseeland war Martin Smolinski mit einer digitalen Zündung aufgekreuzt, deren Zündkurve sich mittels eines Schalters am Lenker verstellen ließ. Was auf der Langbahn seit zehn Jahren zum Alltag gehört, scheuchte die Speedway-Asse wie erschreckte Hühner auf. Alle drohten, dass sie gegen den schnellen Deutschen Protest einlegen würden, wenn er mit diesem Schalter fährt. Smolinski grinste, montierte ihn ab – und gewann den Grand Prix.
Der Motorrad-Weltverband FIM entwarf in den Wochen nach Auckland ein neues Reglement bezüglich Elektronik, welches aber ebenso wässrig formuliert ist wie sein Vorgänger. In Paragraph 25.05 steht nun neben dem bisherigen Verbot von Telemetrie (Datenübertragung zwischen Bike und Box) der Zusatz, dass manuelle Eingriffe während eines Rennlaufs verboten sind.
Smolinski baute den Schalter unter die Sitzbank, während eines Rennlaufes kann er unmöglich die Verkleidung abmontieren, mit der linken Hand unter den Sitz fassen und den Schalter umlegen. Dem Wortlaut des Gesetzes ist damit Genüge getan – sollte man meinen.
Iversen durfte, Smolinski nicht
Bei der Maschinenabnahme des Speedway-GP in Tampere am vergangenen Samstag wurde Smolinski erzählt, er müsse den Schalter abmontieren. Da dieser für den Bayer vor allem im Training wichtig ist, um schnell verschiedene Zündkurven probieren zu können, kam er der Aufforderung nach und seine Bikes wurden abgenommen. Nach dem Rennen musste der WM-Fünfte feststellen, dass Niels-Kristian Iversen mit einem Schalter an der Zündbox gefahren war, seine Bikes wurden ebenfalls regulär abgenommen.
Smolinski stellte daraufhin die Offiziellen der FIM zur Rede und bat um Klärung. «Es muss endlich schwarz auf weiß und unmissverständlich geschrieben werden, was erlaubt ist und was nicht», forderte der Olchinger. Er stellte die Frage wie es sein kann, dass er seinen Schalter abmontieren musste und Iversen nicht.
Der finnische Abnahmekommissar behauptete dann in Anwesenheit von SPEEDWEEK.com, dass er die Abmontage von Smolinski nie verlangt habe, obwohl mehrere Zeugen dabei waren. Und obwohl die Bikes von Deutschlands Nummer 1 erst abgenommen wurden, als der Schalter entfernt war.
Die Argumentation des Abnahmekommissars hatte einen simplen Hintergrund: Wenn er Smolinski nicht zur Abmontage aufgefordert hatte, fehlte diesem jegliche Grundlage für einen Protest gegen Iversen.
Smolinski fordert ein eindeutiges Reglement
Letztlich hatte «Magic Martin» ohnehin nicht vor zu protestieren, er will nur klare Verhältnisse schaffen. «Es gibt sehr viele Leute, die gegen mich arbeiten», bemerkte der 29-Jährige. «Speziell von der FIM, weil sie mit mir nicht klarkommen, weil ich Tacheles rede. Mit einigen arbeite ich sehr gut zusammen, andere versuchen mir ans Bein zu pinkeln. Der Abnahmekommissar versuchte sich herauszureden, wie du selbst miterlebt hast. Es wird viel geredet, aber es gibt nichts Schriftliches.»
Während Smolinski eine digitale Zündung mit verschiedenen Zündkurven verwendet, benützt Iversen eine Zündbox , diese funktioniert wie eine Batterie. Da das Reglement «manuelle Eingriffe während eines Rennlaufs» verbietet, ist der Schalter an der Zündbox ebenso zu werten wie der an Smolinskis Zündung. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei Iversens Schalter lediglich um An/Aus der Zündbox handelt, das Reglement macht bezüglich Schaltern aber keinen Unterschied.
Vor 20 Jahren verfasste der fünffache Langbahn-Weltmeister Simon Wigg ein Manifest, in dem er der FIM darlegte, wie er sich die Zukunft des Bahnsports vorstellt. Viele Ideen von Martin Smolinski hatte der visionäre Engländer schon damals, dazu gehören auch technische Entwicklungen an den Motorrädern sowie die Vermarktung und Präsentation des Fahrers und Sports. Wiggy forderte von der FIM klare Richtlinien – man sollte nicht alles heute dem deutschen GP-Rookie anlasten.