Bert Poensgen über Ken Roczens Wechselpläne
Ken Roczens Vertrag mit KTM läuft Ende dieses Jahr aus. Für 2015 und darüber hinaus buhlen alle Hersteller in der US-Szene um die Dienste des 19-jährigen Thüringers, dem wahrscheinlich größten Talent im internationalen Motocross-Zirkus. «Wir reden von einem siebenstelligen Betrag», sagt KTM-Motorsportchef Pit Beirer über den Marktwert von Roczen. «Wenn du Villopoto schlagen willst, musst du fast schon auf Roczen setzen, das macht ihn so begehrt. Fairerweise muss man dazusagen, dass in den USA die Boni extrem hoch sind. Die Basisgehälter sind eigentlich im Rahmen, aber bei einem Fahrer wie Ken musst du dir das genau überlegen, denn du wirst mit ihm Rennen und wahrscheinlich auch Titel gewinnen. Also musst du das auch einkalkulieren, das ist dann schon schmerzhaft. Da geht es dann um richtig viel Geld. Wir befinden uns da auf sehr hohem Niveau. Da würde sich mancher Road-Racer die Finger danach lecken.»
Bert Poensgen hat das Talent von Roczen schon früh erkannt und ihn bereits zu Kindertagen bei Suzuki Europa unter Vertrag genommen. Er war auch lange sein persönlicher Manager. Auch heute noch verfolgt Poensgen die Karriere des ehemaligen MX2-Weltmeisters genau.
Bert, überrascht es dich, dass Ken inzwischen einen Marktwert von über einer Million Euro hat?
Nein, das überrascht mich nicht. Darauf haben wir über zehn Jahre hingearbeitet und es war schon sehr früh zu sehen, dass er einmal einer der Besten wird. Das ist er jetzt.
Suzuki umwirbt ihn heftig. Warum hat ihn Suzuki Ende 2010 zu KTM gehen lassen?
Suzuki hat damals die beste Chance gehabt Ken zu behalten, aber sie haben es einfach nicht geschafft ein gutes und konkretes Angebot vorzulegen. Frage mich bitte nicht warum, ich habe es nie verstanden. Heute müssen sie viel mehr tun, wenn sie Ken zurück haben wollen. Bei KTM war das völlig anders. Innerhalb weniger Tage hat KTM das wirklich beste schriftliche Angebot auf dem Tisch gehabt. Pit Beirer hat die Chance zusammen mit seinem Boss richtig eingeschätzt und so Ken zu KTM geholt. Wenn man zurückschaut, war das eine perfekte Entscheidung.
Würdest du einen Markenwechsel begrüßen oder ihm zum Verbleib bei KTM raten?
Eine schwere Frage. Ken ist im Moment bei wahrscheinlich dem besten Team und bei der einzigen Marke, die Motocross wirklich lebt. Was kann es Besseres geben? Es ist für mich auch die einzige Marke, mit der man langfristig zuverlässig rechnen kann und die Marke, mit der man auch über seine aktive Zeit hinaus alt werden kann. Wie immer im Leben gibt es aber auch hier noch einige Mütter, die sehr hübsche Töchter haben. Ken ist erst 19 Jahre und schaut sich natürlich auch nach diesen neuen Möglichkeiten um. Hierbei ist das Suzuki-Angebot sicherlich ein sehr verlockendes. Er kennt Ricky aus seinen Suzuki-Zeiten und kann bei der Konstellation seinen langjährigen Super-Partner Red Bull behalten. Das zusammen mit einem top-finanziellen Angebot lockt schon. Aber noch ist glaube ich nichts entschieden und KTM ist immer für eine Überraschung gut.
Wie sehr bist du noch bei Roczen involviert?
Mit ihm habe ich eine einvernehmliche Auflösung unseres Vertrags zum Ende 2013 getroffen, damit kann er sich einem neuen Management in den USA zuwenden.
Hat dich Ken vor seinem Umzug nach Florida kontaktiert?
Ich habe das natürlich zur Kenntnis genommen, obwohl ich diese Entscheidung schon nicht mehr beeinflussen konnte. Aber ich finde sie ausgezeichnet.
Traust du Roczen den Supercross-Titel schon dieses Jahr zu?
Na klar traue ich den Titel Ken grundsätzlich zu. Ich durfte Ken zehn Jahre maßgeblich begleiten und für mich ist es nichts Neues, dass er der beste Motocross-Fahrer werden kann. Und er ist nicht mehr weit davon entfernt. Trotzdem ist klar, dass der Weg zum Titel schon noch ein Stücken weg ist und es verdammt schwer werden wird.
Ist der Outdoor-Titel bei den 450ern auf Anhieb möglich?
Bei Ken ist nichts unmöglich. Er fühlt sich wohl auf dem starken Motorrad und dann kann er die Welt bewegen.
Wird Roczen dieses Jahr außer beim Nations in Europa fahren?
Darauf habe ich keinen Einfluss mehr, aber das Riesenprogramm in der großen Klasse in den USA spricht eindeutig dagegen.