50 Jahre Renault R5 Cup: Geliefert wie gewünscht
So ganz geheuer war den Teilnehmern des zweiten R5 Cup-Jahrgangs 1975 die Anwesenheit von gleich drei Motorsport-Journalisten im Starterfeld von Anfang an nicht. So starteten Karl Mauer (auto motor und sport) und Jürgen Reinke (Auto Zeitung) im Feld der Nationalen Lizenzfahrer und der Autor dieser Geschichte selbst bei den Internationalen Lizenzfahrern.
Mit großer Freude nahm Renaults rühriger Presse- und PR-Direktor Georg Heinz Hommen diese Tatsachen zur Kenntnis. Und äußerte seinem Sportchef Rolf Schmidt gegenüber einen Herzenswunsch: «Es wäre schön, wenn mal alle drei Journalisten gemeinsam auf dem Podium stünden.» Schmidt nahm den Wunsch seines Chefs und Verwalters des üppigen Sport-Etats zur Kenntnis.
Frühe Erfolge und Siege der genannten Kollegen schon bei den ersten Rennen der 75er-Saison waren dann auch gleich Wasser auf die Mühlen der misstrauischen R5-Buben.
Schnell machte unter vorgehaltener Hand das böse Gerücht die Runde, die Motoren der Journalisten-Fünfer könnten möglicherweise ein paar PS mehr als erlaubt haben.
Solch üble Vermutungen verwies Cup-Chef und Renault-Sportleiter Schmidt noch bei der Fahrerbesprechung des Eifelrennens am Ring ins Reich der Fabel. «Es gibt keinerlei Bevorzugung für die Journalisten oder deren Autos», sprach Schmidt mit fester Stimme, «hier werden alle gleich behandelt.»
Während grüppchenweise noch eifrig über das Thema diskutiert wurde, erschien Direktor Hommen höchst persönlich in der Versammlung. Zumindest für die vorderen Reihen deutlich hörbar fragte der Überraschungsgast, eingehüllt in den Qualm seiner Zigarre, bei Schmidt nach, «ob denn die Journalisten hier auch ordentliches Material haben».
Also doch, mag sich da so mancher gedacht haben.
Es kam an diesem Eifel-Wochenende Ende April 1975 aber noch schlimmer für die Stimmungslage im Cup.
Im Rennen der Nationalen Lizenzfahrer über vier Runden Nordschleife siegten mit Jürgen Reinke und Karl Mauer gleich beide Sport-Redakteure und bei den Internationalen ging der Sieg an den hier schreibenden Autor.
Während es im R5-Volk ob dieses erneut höchst verdächtigen Resultats schwer brodelte, stand Hommen mit verklärtem Gesicht mit auf dem Siegerpodium und genoss in vollen Zügen sein Wunsch-Szenario mit den drei Journalisten auf dem Treppchen. Das Bild hat er sich übrigens vergrößern und einrahmen lassen – es bekam einen Ehrenplatz seinem Büro in Brühl.
Um Ruhe in den Laden zu bringen, ließ Schmidt vor den Augen der verunsicherten R5-Gesellschaft die Motoren aller drei erfolgreichen Journalisten-Fünfer durch seine ohnehin kontrollwütigen Techniker Wolfgang Weishaupt und Gerd Gentsch öffnen und zerlegen.
Resultat der peinlich genauen Nachkontrolle: Alles in Ordnung, keinerlei Verstöße.
Auch bei den folgenden Rennen wurden grundsätzlich mal zuerst die Journalisten-Fünfer «aufgemacht». Denn die Zweifel des einen oder anderen Mitbewerbers konnte man durchaus verstehen, wenn man wusste, wo die drei verdächtigen Autos gewartet wurden – bei Bomann & Lübbering in Essen. Eine Adresse, die in Renault-Tuner-Kreisen als besonders pfiffig hinsichtlich der Auslotung und Interpretation der vom Reglement gesteckten Grenzen galt.
Auch Harald Grohs war dort Kunde, sein Fünfer wurde schon 1974 hier vorbereitet – und gleich beim Vortraining in Hockenheim wegen einer nicht ganz regelkonformen Zündspule disqualifiziert. Weil es bei der ersten Ausfahrt nur um die Vergabe der Startnummern ging, musste Grohs deshalb statt mit der mühsam erkämpften 1 das ganze Jahr 1974 mit der «Höchststrafe» 44 starten.
Schlusswort des Autors zum Thema: Weder die Kollegen Mauer und Reinke noch ich selbst hatten jemals das Gefühl, mehr Power als unsere Konkurrenten zu haben. Aber unsere Autos gingen schon verdammt gut …