Christian Danner und ein kurioser Streit um eine Hose
Die schnellen Herren von BMW 1987 (von links): Pirro, Ravaglia, Ratzenberger, Capelli, Oestreich, Heger, Danner, Quester, Voigt
Als der Wagen-Tross der ersten und einzigen Tourenwagen-Weltmeisterschaft zum Training am 17. April 1987 im Fahrerlager des Circuito del Jarama anrückte, waren alle von den schon hohen Außentemperaturen überrascht: Dort, vor den Toren der spanischen Hauptstadt Madrid, brannte die Sonne bereits unbarmherzig auf Menschen und Material, hatte fast 30 Grad erreicht.
Dazuhin strahlte der steinige, nur teilweise asphaltierte Boden die Hitze zurück, Schatten gab’s kaum. Außerdem präsentierte sich der einstige Formel-1-Vorzeigekurs der iberischen Halbinsel in einem mittlerweile erbarmungswürdigen Zustand, längst war der Glanz jener Tage verblichen, als die weltbesten Piloten auf den 3,3 Kilometern mit ihren 13 Kurven gegeneinander kämpften.
Nur gelegentlich wurden hier noch lokale Motorradrennen gefahren, der letzte Formel-1-Lauf lag schon sechs Jahre zurück – damals gewann der legendäre Ferrari-Fahrer Gilles Villeneuve.
BMW war also mit seinen Werksteams angerückt, zum ersten WM-Lauf nach der Disqualifikation von Monza, als die nagelneuen M3 wegen angeblich zu dünner Dächer aus der Wertung genommen wurden.
Alles war sehr gespannt, wie es diesmal ausgehen würde. Zudem hatte Motorsportchef Wolfgang-Peter Flohr die Devise ausgegeben, besonders professionell aufzutreten, als seriöse Renn-Mannschaft. Dazu sollte auch der optisch einwandfreie Auftritt zählen, immerhin hatte BMW zu Saisonbeginn eine komplett neue Team-Kleidung angeschafft, entworfen und zusammen gestellt vom damaligen Münchner Star-Modedesigner Willy Bogner.
Und so bekamen alle Fahrer und Teammitglieder ein feines Kleidungs-Angebot gestellt, das neben den bekannten und bei Fans sehr begehrten weißen Daunen-Anoraks verschiedene Hemden, T-Shirts, leichte Jacken, Gürtel, Socken und natürlich Hosen umfasste.
Bei den Beinkleidern aber gab es Unterschiede: Während an der Strecke praktische Jeans getragen werden durften, gehörte zum Sortiment der so genannten «Ausgehbekleidung» eine Hose aus dickem grauen Breit-Cord. Diese sollte, so besagte die schriftlich verteilte Kleiderordnung, abseits der Piste getragen werden.
Als sich nun, nach dem Zeittraining, die Rennfahrer ins Hotel nach Madrid und ins anschließende Nachtleben begeben wollten, kam es zum Eklat mitten im Fahrerlager.
Denn Chef Flohr konnte bei Werksfahrer Christian Danner die besagte Cord-Hose nicht ausmachen: Der Münchner, gerade 29 geworden, trug weiterhin Jeans. Der Motorsportchef stellte Danner also zur Rede, weshalb er sich nicht an die Kleiderordnung halte, so könne er schließlich nicht BMW repräsentieren.
Doch Danner focht das nicht an, er weigerte sich, das vorgeschriebene Kleidungsstück zu tragen. «Es ist heute viel zu warm für eine Cord-Hose, und zudem ist sie unmöglich geschnitten, ein solches Teil ziehe ich nicht an.»
Mittlerweile hatte sich eine kleine Menschen-Traube um die beiden Streithähne gebildet, darunter auch Journalisten, die sich über das Wortgefecht trefflich amüsierten.
Also bat ich Herrn Flohr, diese leidige Diskussion doch hier erst einmal zu beenden, ein solcher Streit könne schließlich dem BMW-Image auch nicht dienlich sein. Mit immer noch hochrotem Kopf, aber doch einsichtig, gab Flohr schließlich nach, alle gingen wieder friedlich ihrer Wege.
Dafür konnte sich der Herr über die weißblaue Renn-Truppe am nächsten Tag umso mehr freuen: In sengender Sonne hatte das Italo-Duo Roberto Ravaglia/Emanuele Pirro souverän gewonnen.
Unter den weiteren erfolgreichen BMW M3-Fahrern waren auch Wilfried Vogt und Christian Danner, die ihr Auto auf Platz 6 ins Ziel gebracht hatten – immerhin lagen unter den ersten zehn Autos sieben BMW.
So war dieser Ausflug für die bayerische Marke zumindest im Ergebnis nicht in die besagte Hose gegangen.