Der Politik ist der Ring egal
Erlebnis-Park oder teures Erlebnis-Grab? Der neue Nürburgring
Politik und Sport sollte man trennen. Das ist der richtige Weg, wenn es denn immer so einfach wäre, wie es sich anhört. Am Nürburgring ist der Fall leider nicht so einfach, denn die einstige Sportstätte und heute Sportstätte mit unnötigem, überdimensioniertem und vor allem verlustbringendem Brimborium gehört dem Land und ist mittlerweile insolvent; und das Schicksal des Nürburgrings liegt mehr denn je in den Händen der Politiker.
Am 1. August 2012, übrigens auf den Tag genau 36 Jahre nach Niki Laudas schwerem Unfall am Nürburgring, tagte der Landtag des Landes Rheinland-Pfalz in einer Sondersitzung. Dafür mussten die Abgeordneten aus ihrem Urlaubsort antanzen.
Der Ministerpräsident des Landes berichtete, wie es zu dem Ring-Desaster kommen konnte. Zumindest probierte er es. Er bat die Region und die Mitarbeiter der verschiedenen Nürburgring-Gesellschaften um Entschuldigung. Doch wirklich glaubwürdig wirkte das in meinen Augen nicht. Warum? Der Ministerpräsident hätte diese Rede genauso auch zur Elbphilharmonie oder zum Flughafen Brandenburg oder sonstigen, zumindest kritisch zu betrachtenden Projekten halten können, ein Bezug zur Region oder gar eine Emotion war nicht erkennbar.
Dafür erzählte er, dass «Rock am Ring» 2013 gesichert sei und gleichzeitig zur Sitzung Landtages der ADAC über den «Truck Grand Prix» und die 24 Stunden verhandele. Auf Nachfrage beim ADAC hiess es dazu: «Aktuell gibt es keine Vertragsverhandlungen für 2013 zwischen dem ADAC und dem Nürburgring, da uns bislang kein Ansprechpartner genannt wurde. Gleichwohl ist der ADAC weiterhin gesprächsbereit. Allerdings müssten die Gespräche zügig aufgenommen werden, da alle Seiten Planungssicherheit benötigen!»
Die Oppositionsführerin begann ihre Rede besser, sie sprach vom Mythos Nürburgring, forderte Konzentration auf die Kernkompetenz Motorsport und sprach sich für die Notwendigkeit der Erhaltung der Nordschleife aus. Dummerweise waren dies maximal 5% der Rede, danach verfiel sie in ellenlange politische Beschimpfungen und forderte den Ministerpräsident zum Rücktritt auf. Leider blieb dann am Ende auch nur der Eindruck, das der Nürburgring Mittel zum Zweck und für die Ziele der Opposition austauschbar ist.
Der Fraktionsvorsitzende von «Bündnis 90/Die Grünen» erklärte später den Unterschied von vor der Wahl zur Mitarbeit in der Regierung. Die Ehrlichkeit war prima, nur stelle ich mir dann die Frage, warum ich eine Partei noch wählen soll, wenn sie sowieso nichts ändern kann, wenn sie mal Regierungsverantwortung hat. Immerhin forderte er ebenfalls die Konzentration auf die Kernkompetenz Motorsport, während der Infrastrukturminister einen Brief an die EU zitierte, in dem er vom Ziel der Privatisierung des Nürburgrings sprach, der Ministerpräsident sprach in einem Nebensatz auch vom Verkauf. Erschreckend: Es wurde seitens der Regierung immer nur davon gesprochen, das Projekt auf einen erfolgreichen Weg zu bringen. Niemand sprach davon, dass das Projekt ein Irrtum ist und man zurückrudern muss.
Wie wichtig für die Parteien der Nürburgring wirklich ist, zeigte auch die Wirtschaftsministerin, die zu Beginn ihrer Rede mindestens drei Minuten politische Floskeln sprach, bevor sie überhaupt das Wort «Nürburgring» einmal aussprach.
Nach der Sondersitzung im Mainzer Landtag wird mir um die Zukunft des Rings Angst und Bange, weit mehr als eh schon in den letzten Wochen. Der Politik ist der Nürburgring egal. Der Regierung geht es ausschliesslich darum, den finanziellen Schaden zu begrenzen, koste es was es wolle. Denn die Regierung weiss, dass sich insgesamt in Rheinland-Pfalz mehr Wahlberechtigte für die verlorenen Steuergelder als die Zukunft des Rings interessieren. Die Opposition hofft, die Gelegenheit nutzen zu können und den Ministerpräsident zu stürzen. Was für den Nürburgring und die Region das Beste wäre, interessiert in Mainz kaum wen.
Nur in einem Satz fand ich mich bei der Landtagssitzung wieder. Ich weiss leider nicht mehr von wem, weil ab und an konnte man einfach nicht mehr zuhören. Doch eine Rednerin oder Redner sagte in Bezug auf die Zeit vor dem Neubau: «Wir wären heute froh, wenn wir das noch hätten!» Dem stimmen wohl alle zu, vielleicht mit Ausnahme der Geschäftsführer der NAG.