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Ring frei zur nächsten Runde

Kolumne von Guido Quirmbach
Am Nürburgring herrscht derzeit ein rauer Wind

Am Nürburgring herrscht derzeit ein rauer Wind

Am Nürburgring droht der Streit zwischen ADAC und den gekündigten, aber noch verweilenden Betreibern zu eskalieren.

Die Posse am Nürburgring, wenn sie nicht so traurig wäre, könnte man fast darüber lachen, geht wenige Tage vor dem vom ADAC Mittelrhein veranstalteten Truck-Grand-Prix in eine neue Runde. Nach dem offenen Brief von ADAC-Präsident Peter Meyer an den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck hat nun die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) zum Gegenschlag ausgeholt und in einer Pressemitteilung Auszüge aus einem Brief der NAG an den ADAC-Präsidenten veröffentlicht, in der der ADAC scharf angegriffen wird. Darin wird darauf hingewiesen, dass nach Ansicht der NAG die Verträge fürs nächste Jahr bereits unterschrieben sein könnten.

(Zitat aus der Pressemitteilung): «Die Verträge für das 24-Stunden-Rennen 2013 und weitere Veranstaltungen könnten längst unterschrieben sein», heißt es in ihrem Brief an den ADAC-Präsidenten. «Das von Ihnen gewählte Vorgehen gefährdet die Zukunft des Motorsports am Nürburgring.» Die Nürburgring Automotive GmbH werde für die in Frage kommenden Termine von ADAC-Motorsportveranstaltungen im Jahr 2013 «nach alternativen Nutzungskonzepten» suchen. Dazu sei die NAG «im Sinne der Zukunftssicherung der ihr anvertrauten Anlagen verpflichtet», schreiben Jörg Lindner und Kai Richter. (Zitat Ende)

Zudem erklärt die NAG den ADAC für mitverantwortlich am Bau der überdimensionierten Anlagen. (Zitat) In ihrem Schreiben an Peter Meyer machen Jörg Lindner und Kai Richter den ADAC als Veranstalter für die «übergroße Dimensionierung» beim Bau der Anlagen durch das Land Rheinland-Pfalz durch die «falsche und weit überhöhte Angabe von Besucherzahlen» mitverantwortlich. «So hat der ADAC Nordrhein in diesem Jahr 235.000 Besucher beim 24-Stunden-Rennen vermeldet, obwohl nur 49.048 Eintrittskarten und 16.418 Karten für das Camping an der Rennstrecke verkauft wurden», schreiben die NAG-Gesellschafter. (Zitat Ende)

Die Antwort des ADAC kam prompt. Der Automobilclub erklärte (Zitat): Mit großer Verwunderung nimmt der ADAC zur Kenntnis, dass sich die Pächterin des Nürburgrings, die Nürburgring Automotive GmbH (NAG), noch für die «ihr anvertrauten Anlagen» auch in 2013 verantwortlich fühlt. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hatte den Pachtvertrag mit der NAG zum 7. Februar 2012 gekündigt. Verpächter und Pächterin hatten zudem gemeinsam angekündigt, den Pachtgegenstand Ende Oktober 2012 herausgeben zu wollen.

Die Aussage der NAG-Gesellschafter, dass man durch die gemeinsame Erarbeitung eines Vertrages die angemahnte Planungssicherheit schnell und pragmatisch hätte schaffen können und die Verträge längst unterschrieben sein könnten, ist im höchsten Maße unseriös und irreführend. Nach wie vor besteht die vom ADAC bemängelte erhebliche Rechtsunsicherheit, da die Nürburgring GmbH (NG) den zwischen einem Veranstalter und der NAG ausgehandelten Verträgen eben nicht ihre Zustimmung erteilt. Dies hat die NG im Einvernehmen mit der Landesregierung dem ADAC im Mai 2012 klar und eindeutig in schriftlicher Form zum Ausdruck gebracht. Dabei wurde eine Erfüllungsübernahmeerklärung für von der NAG ausgehandelte Verträge zurückgewiesen. Eine anderslautende Erklärung der Landesregierung liegt dem ADAC nicht vor. (Zitat Ende)

Auch zum Thema der überhöht dargestellten Zuschauerzahlen äussert sich der ADAC: Zitat: «Den ADAC mitverantwortlich für den Bau überdimensionierter Gebäudeanlagen am Ring zu machen, ist eine neue Variante der Legendenbildung durch die NAG-Gesellschafter», sagt Peter Meyer, Präsident des ADAC. Diese hatten die vom ADAC Nordrhein gemeldeten Besucherzahlen des ADAC Zurich 24h-Rennens dafür angeführt.

Die Anzahl der verkauften Tickets (Tages- oder 3-Tages-Ticket) bzw. Campingkarten an der Rennstrecke ist nur eine Basiszahl für die Berechnung der tatsächlichen Besucherzahlen einer mehrtägigen Motorsportveranstaltung. Die vom ADAC veröffentlichten Besucherzahlen sind eine Addition der Besuche an allen Veranstaltungstagen auf der gesamten Rennstrecke inklusive der Nordschleife. Dies wurde nie anders kommuniziert. (Zitat Ende).

Der von Vorwurf der NAG, der ADAC gefährde mit seiner Vorgehensweise die Zukunft des Motorsports am Nürburgring, klingt nach hartem Geschütz, ist aber eigentlich mehr ein Rohrkrepierer. Denn der ADAC hat Motorsport in seiner Satzung fest verankert, und die meisten Veranstalter von Motorsportveranstaltungen, nicht nur am Nürburgring, sind der ADAC direkt, dessen Gaue oder im ADAC organisierte Motorsportclubs. Und dass der ADAC, trotz seiner Grösse immer noch ein Verein, bei der Planung absolute Rechtssicherheit braucht, ist nur verständlich, und das kann auch jedes ADAC-Mitglied von seinem Vereinsvorsitz verlangen. Die Kunden, sei es Veranstalter oder Besucher, zu erziehen, hat noch in den seltensten Fällen funktioniert.

Wenn die NAG sich an den in Frage kommenden Terminen für die ADAC-Grossveranstaltungen 2013 nach alternativen Nutzungskonzepten umschaut, unterstreicht dies allerdings, dass die NAG nicht wirklich am Motorsport und der Region interessiert ist, sondern den Nürburgring emotionslos ausschliesslich als einzelnes Wirtschaftsunternehmen betrachtet. Für einen Unternehmer möglicherweise die richtige Einstellung, damit ist allerdings die historische Aufgabenstellung des Nürburgrings verfälscht.

Die Darstellung der Zuschauerzahlen ist ein schönes Thema. Diese seit Jahren von den verschiedenen Veranstaltern gegebene Vorlage musste irgendwann einmal jemand aufgreifen. Die Kommunikation von Wochenendzahlen als Ist-Zahl hat bestenfalls einen zweifelhaften Werbewert. Natürlich klingen 235.000 spektakulärer als 49.000. Von wirtschaftlichem Nutzen sind die Zahlen allerdings nicht, denn nur die 49.000 können Geld ausgeben, da der Rest körperlich nicht vorhanden ist. Allerdings arbeitet auch die NAG gerne mit solchen Zahlen. Wenn sie behauptet, dass am Wochenende des 24-Stunden-Rennens 100.000 Menschen im Ring-Boulevard waren, obwohl laut deren Aussage nur 49.000 vor Ort waren, dann würde es all die Probleme nicht geben und die Ring-Bauwerke wären florierende Geschäftsfelder. Denn dann wären rund 50.000 Menschen ohne Ticket zum Ring gereist, nur um sich dort etwas umzuschauen.

Die ganzen Zahlenspiele sind Blödsinn, eigentlich kann nur eine einzige Zahl als echter Wert gelten, das ist die Zuschauerzahl zum Start des Hauptrennens. Alles andere sind verfälschte Werte und werden langfristig Investoren oder Sponsoren höchstens verprellen als anlocken.

Diese Zahlenspiele allerdings als mitverantwortlich für den Bau der überdimensionierten Gebäude am Ring zu machen, ist weniger ein Vorwurf an den ADAC, sondern einer an die Bauherren und alle daran Beteiligten. Wer ein Geschäft eröffnen oder betreiben will, sollte sich selbst und unabhängig von dem Kundenpotential überzeugen bzw. überzeugen lassen und sich nicht auf Pressemeldungen verlassen.

Auf den ersten Blick könnte man den Streit zwischen ADAC und NAG als eine Schlammschlacht bezeichnen, die nicht in die Öffentlichkeit gehört. Doch es ist gut, dass sie in der Öffentlichkeit geführt wird. Denn desto mehr Aufmerksamkeit das Thema in der Öffentlichkeit bringt, desto besser sind die Chancen, dass in Mainz endlich einmal konsequent gehandelt wird.

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