Nicht unerwartet, aber dennoch unfassbar!
Erlebnis-Park oder teures Erlebnis-Grab? Der neue Nürburgring
Einheimische hatten für die Prognosen der Besucherzahlen am Erlebnispark Nürburgring schon immer nur ein müdes Lächeln übrig. Mehr als 400.000 Menschen sollten ab diesem Jahr die rund 300 Millionen Euros teuren Attraktionen am Rand der deutschen Traditionsrennstrecke besuchen.
Gestern nun gab es eine «leichte» Korrektur nach unten: Laut dem Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz Hendrik Hering gehe man aufgrund einer neuen Studie nun von rund 170.000 Besucher pro Jahr aus. Also gerade noch 42,5% des ursprünglichen Wertes. Oder anders: Man erwartet nur noch 42,5% jener Einnahmen, auf deren Basis die Wirtschaftlichkeit der Anlage einst kalkuliert wurde. «Es hat ja keinen Sinn, dass wir an Zahlen festhalten, die nicht einhaltbar sind» wird Hering vom SWR zitiert.
Nun liegen Prognosen oder Kalkulationen nicht selten daneben, aber bei einer solchen Abweichung gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Die Eine ist, dass diejenigen, die diese Studie einst erstellt haben, genauso dilettantisch sind wie die, die die daran glaubten und für positiv beschieden. Oder es ist Vorsatz im Spiel. Ein rennfahrender Beinahe-Anwohner sagte mir die Tage: «Ein KFZ-Gutachter, der einen Gebrauchtwagen bewusst höher bewertet, als es seinem tatsächlichen Wert entspricht, wandert in den Knast!» Nur kostet ein Auto selten 300 Mio. Euro!
Eines ist aber nun auch dem letzten positiv denkenden Eifelander klar, die neue private Betreiber-Gesellschaft des Nürburgrings muss angesichts der finanziellen Last des Ringwerks und der nach unten korrigierten Erwartung um jeden Euro eines jeden Kunden kämpfen. Und damit gegen die einheimischen Gastronomen rund um den Ring. Was im Widerspruch zu dem steht, weshalb vor 85 Jahren der Ring einst gebaut wurde. Der alte Spruch «Konkurrenz belebt das Geschäft» hat in diesem Fall keine Gültigkeit. Denn das trifft nur zu, wenn alle Wettbewerber die gleichen Voraussetzungen haben. Ein Pensionsbetreiber: «Wenn jemand ein neues Hotel hier baut, dann ist das so, dagegen können wir nichts tun. Aber wenn die Rennstrecke ihre Mieter in das neue Hotel oder die neuen Restaurants drängt, ist der Wettbewerb nicht mehr fair!»
Da das «ring°werk» nun mal existiert und die neue, private Gesellschaft am Ruder ist, muss man nach vorne sehen und alle Beteiligten das Beste draus machen. Doch das Land Rheinland Pfalz und der Landkreis Ahrweiler sind als alleinige Gesellschafter des Nürburgrings gefordert, zukünftig immer noch genau hinzusehen, was dort oben passiert. Und die Gesellschafter sollten dabei nicht nur die Zahlen beobachten, sondern auch den politischen Weitblick bewahren. Immerhin: Der neue Geschäftsführer der Nürburgring GmbH Hans Joachim Koch kündigte kürzlich in einer Presseerklärung die Erweiterung der Zusammenarbeit mit regionalen Wirtschaftsbetrieben an. «Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber der Region sehr ernst» Es ist zu hoffen, dass Koch diesen Worten Taten folgen lässt.