Ogier: «Mein Gefühl für Korsika ist sehr gut»
Nach zwei Siegen bei den ersten drei Läufen zur diesjährigen Rallye-Weltmeisterschaft blickt M-Sport Ford mit Spannung der Korsika-Rallye Frankreich entgegen, der ersten reinen Asphaltveranstaltung des Jahres. Neben den Titelverteidigern Sébastien Ogier/Julien Ingrassia teilen sich Elfyn Evans und Ersatzbeifahrer Phil Mills sowie Bryan Bouffier/Xavier Panseri die beiden anderen, von einem gut 380 PS starken Turbobenziner angetriebenen Fiesta WRC.
Während die zur Vorbereitung für fünf Tage angesetzten Testfahrten auf Korsika durch winterliche Wetterbedingungen, die das Team am englischen Flughafen Heathrow für eine Nacht festsetzten, auf vier verkürzt wurden, konnte M-Sport Ford einen anderen Joker ausspielen: Auf der Rückreise von der gewonnenen Rallye Mexiko machte der Fiesta WRC einen Abstecher in den Windshear-Windkanal nahe Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina, wo Ford Performance sein NASCAR-und GT-Programm entwickelt. Die dort gewonnenen Erkenntnisse dienen in erster Linie dazu, die CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) von M-Sport zu validieren. Andere Daten kommen mittelfristig der Entwicklung des aerodynamisch ausgefeilten Turbo-Allradlers zugute, der auf dem in Köln-Niehl produzierten Kleinwagen von Ford basiert.
Beifahrer gefordert
Warum der französische WM-Lauf auch «Rallye der 10.000 Kurven» genannt wird, liegt bei näherer Betrachtung auf der Hand: Die Wertungsprüfungen (WP) auf der Mittelmeerinsel führen nur selten geradeaus und stellen speziell für die Copiloten, die ihren Fahrern aus dem auch «Gebetbuch» genannten Aufschrieb die weitere Streckenführung ansagen, eine echte Herausforderung dar, zumal die einzelnen WP auch noch überdurchschnittlich lang sind. Insgesamt umfassen sie eine Distanz von 333,48 Kilometer, die sich auf nur zwölf Prüfungen aufteilen. Den Höhepunkt markiert dabei sicherlich der 55,17-Kilometer-Marathon am Sonntagmorgen, der angesichts des rauen Asphalts der korsischen Bergsträßchen auch für die Rennreifen von Michelin zur echten Nagelprobe wird.
«Mit zwei Siegen bei drei WM-Läufen sind wir phantastisch in die neue Saison gestartet», erläutert M-Sport-Teamchef Malcolm Wilson. «Auf dieser Welle wollen wir bei der ,Tour de Corse' weitersurfen. Alle drei Fahrer freuen sich auf die Asphaltveranstaltung, alle drei haben auf Korsika schon tolle Erfolge errungen. Dies sollte für uns ein gutes Zeichen sein. Als Tabellenführer muss Sébastien Ogier am Freitag als erster auf die Strecke, das ist gut. Elfyn Evans und Bryan Bouffier könnten durch ihre Startposition etwas benachteiligt sein, aber sie sind extrem hungrig auf ein Topresultat. Der Wettbewerb ist hart und wir alle wissen, wie herausfordernd die Rallye Korsika sein kann, aber wir fühlen uns bestens vorbereitet und peilen einmal mehr ein hervorragendes Ergebnis an.»
Startposition diesmal ein Vorteil
Als die Nummer 1 in der laufenden Fahrer- und Beifahrer-WM-Tabelle nehmen Sébastien Ogier und Julien Ingrassia die Rallye Korsika mit großen Erwartungen in Angriff: Sie dürfen am ersten Tag als Erste auf die Strecken gehen und werden dadurch die noch sauberste Ideallinie vorfinden, in Schweden hatte sich diese Startposition als immenser Nachteil erwiesen. Erste Rallye-Erfahrung hat das Duo bereits 2007 auf der Mittelmeerinsel gesammelt, als Ogier und Ingrassia das Vorausfahrzeug pilotierten. 2008 folgte dann auch die Teilnahme im echten Wettbewerb und führte zu Platz zwei in der Junior-WM-Wertung. Da die Rallye Frankreich von 2009 bis 2014 im Elsaß stattfand, kehrten die World Rally Cars erst 2015 nach Korsika zurück. Ein Jahr später trugen sich die beiden Franzosen erstmals in die Siegerliste ein.
«Die Saison ging für uns mit zwei WM-Laufsiegen sehr positiv los», analysiert Ogier. «Wir haben große Fortschritte gemacht und wollen diesen Trend bei der ersten reinen Asphalt-Rallye des Jahres fortsetzen, bei der ,Monte' waren die Bedingungen noch sehr gemischt. Ich weiß, dass die Konkurrenz sehr stark sein wird, aber wir hatten in der vergangenen Woche einen gelungenen Test und konnten optimale Abstimmungen herausarbeiten, das Gefühl ist sehr gut. Als Franzose reise ich natürlich immer besonders motiviert zur ,Tour de Corse'. Ihr Spitzname ‚Rallye der 10.000 Kurven' sagt eigentlich schon alles. Viele Regionen der Insel sind für das Rallye-Fahren wie geschaffen. Gegenüber dem Vorjahr ist ein großer Teil der Wertungsprüfungen neu und technisch ebenfalls sehr anspruchsvoll. Sie verlangen von Kurve zu Kurve absolute Konzentration und Präzision.»
Elfyn Evans tritt auf Korsika mit einem Ersatzbeifahrer an: Der routinierte Phil Mills, Weltmeister von 2003, sitzt an der Seite des Walisers, dessen Stamm-Copilot Daniel Barritt nach dem heftigen Abflug in Mexiko noch nicht wieder einsatzbereit ist. Mills ist für das Team ein guter Bekannter: Der Brite gehört seit fünf Jahren zur «Schotter-Crew» seines Landsmanns und kennt sich daher auch mit dessen Aufschrieb bestens aus. Für den französischen Asphalt-Lauf hat sich das Duo hohe Ziele gesetzt. Bereits 2015 eroberte Evans in der Heimat von Napoleon den zweiten Rang, ein Jahr später gewann er die hart umkämpfte WRC2-Wertung.
«Die Rallye Korsika ist eine Veranstaltung, die ich wirklich genieße, darauf will ich am kommenden Wochenende aufbauen», bestätigt der 28-Jährige. «Auch wenn mein Start in die neue Saison keinesfalls optimal verlaufen ist: Die Performance passt eigentlich, das will ich jetzt auch in zählbare Ergebnisse ummünzen. Ohne Daniel wird es nicht leicht, aber seine Gesundheit steht natürlich an erster Stelle. Er muss sich gründlich erholen, um für den Rest des Jahres fit zu sein. Für ihn springt Phil Mills ein, der natürlich auch weiß, wie es geht. Abgesehen von Dan kennt niemand meinen Aufschrieb besser als er. Viele Prüfungen der diesjährigen Rallye Frankreich sind neu und zum Teil sehr unterschiedlich, technisch aber herausfordernd. Mir gefällt das. Einige Strecken sind überraschend sanft zu den Reifen, auf anderen stellt der harte korsische Asphalt die Pneus auf eine harte Probe. Darauf müssen wir uns jeweils schnell anpassen. Unsere vergleichsweise späte Startposition macht es uns am Freitag nicht leichter, aber wir geben alles. Ich konnte schon in der Vergangenheit einige gute Resultate auf Korsika erzielen, daran will ich anknüpfen.»
Nach dem Start bei der Rallye Monte Carlo kehren die Asphalt-Spezialisten Bryan Bouffier und Xavier Panseri auf Korsika ins Cockpit des Ford Fiesta WRC zurück. Den französischen WM-Klassiker haben die beiden bereits sieben Mal in Angriff genommen und 2013 auch gewonnen, damals zählte die "Tour de Corse" allerdings zur Rallye-Europameisterschaft.
«Seit langem gehört die Rallye Korsika zu meinen absoluten Lieblingsveranstaltungen» betont Bouffier. «Die Strecken sind so fantastisch wie die ganze Insel und ihre Bewohner. Unsere Testfahrten in der vergangenen Woche liefen optimal, wir haben eine ausgewogene Balance und gute Abstimmungen gefunden, ich fühle mich im Auto wohl.»